Zweimal Remis am ersten WM-Tag
11. Juni 2010Schon die erste Halbzeit war arm an Höhepunkten. Die Franzosen wirkten ängstlich, verunsichert, so wie sie sich auch in den Vorbereitungsspielen der vergangenen Monate präsentiert hatten. Der umstrittene Nationaltrainer Raymond Domenech hatte Florent Malouda vom englischen Doublegewinner FC Chelsea ebenso auf der Bank gelassen wie Stürmerstar Thierry Henry. Einzig Franck Ribéry sorgte auf der linken Seite für Gefahr, doch im Sturmzentrum fehlten dem Spieler des deutschen Meisters Bayern München die Anspielpartner. Die Mannschaft Uruguays konzentrierte sich vor allem darauf, Tore zu verhindern.
Auch in der zweiten Halbzeit änderte sich daran kaum etwas. Gegen Ende der Partie erhöhte Frankreich den Druck. Trainer Domenech brachte Malouda und Henry. Doch klare Torchancen blieben weiterhin aus. In der 81. Minute verlor die Mannschaft Uruguays Nicolas Lodeira, der wegen wiederholten Foulspiels die gelb-rote Karte sah und damit vom Platz gestellt wurde. Doch auch mit zehn Mann retteten die Südamerikaner das Remis über die Zeit. Und so stand es nach 90 enttäuschenden Minuten wie beim Anpfiff: 0:0.
Pfostenschuss in der Schlussminute
Auch das Auftaktspiel der WM zwischen Südafrika und Mexiko, die erste Partie der Gruppe A, war zuvor ohne Sieger geblieben. Rafael Marquez vermasselte dem WM-Gastgeber den Traumstart in die erste Fußball-Weltmeisterschaft auf afrikanischem Boden. Der Abwehrspieler erzielte in der 79. Minute den Ausgleich zum alles in allem verdienten 1:1 (0:0)-Endstand. Vor knapp 85.000 Zuschauern im ausverkauften Soccer-City-Stadion in Johannesburg war Siphiwe Tshabalala in der 55. Minute mit einem Traumtor in den Winkel des mexikanischen Tors die umjubelte Führung für die Südafrikaner gelungen.
Das Stadion verwandelte sich in ein Tollhaus. Der Lärm der Vuvuzelas, der südafrikanischen Tröten, war ohrenbetäubend - und wäre sicher unerträglich geworden, hätte Katlepo Mphela in der 90. Minute doch noch den Siegtreffer erzielt. Sein Schuss landete jedoch am Pfosten. Die WM-Euphorie der Südafrikaner erhielt durch den verpassten Sieg einen kleinen Dämpfer. Immerhin aber hatte eine Serie Bestand: Noch nie verlor ein WM-Ausrichter sein erstes Turnierspiel.
Riesiger Kochtopf
Vor dem Anpfiff war die WM mit einer stimmungsvollen Feier eröffnet worden. Sie stand unter dem Motto "Welcome the world home". Erinnert wurde an die Wiege der Menschheit in Afrika. Künstler des gesamten Kontinents von Algerien bis Südafrika traten auf: Tänzer in bunten Kostümen, Sänger und Trommler. Ein großer Käfer rollte einen überdimensionalen WM-Ball über das Feld. Über 1500 Darsteller formierten die Konturen Afrikas. Tanzend umkreisten sie einen riesigen Kochtopf – Symbol des heimischen Herds und auch architektonisches Vorbild für das Stadion, in dem die Eröffnungsfeier stattfand. Auf der Ehrentribüne tanzte der Friedensnobelpreisträger, Erzbischof Demond Tutu, ausgelassen.
Mandela trauert
Eigentlich wollte auch der südafrikanische Volksheld Nelson Mandela im Stadion sein. Doch der 91 Jahre alte Friedensnobelpreisträger und frühere Präsident sagte seine Teilnahme kurzfristig ab. Seine 13 Jahre alte Ur-Enkelin war in der Nacht zuvor bei einem Autounfall ums Leben gekommen. "Die gesamte Fußball-Familie trauert mit Ihnen und Ihrer Familie. Heute sind wir alle an Ihrer Seite", schrieb Joseph Blatter, der Präsident des Weltfußballverbands FIFA in einem Brief an Mandela. Wegen dessen angegriffenen Gesundheitszustands war allerdings auch schon zuvor darüber spekuliert worden, ob und wie lange der Ex-Präsident im Stadion auftauchen würde.
"Afrikas Zeit ist gekommen"
Wenige Minuten vor der Auftaktpartie zwischen Südafrika und Mexiko gab Staatspräsident Jacob Zuma den Startschuss zur Weltmeisterschaft. "Wir fühlen uns geehrt, eines der größten Turniere der Welt veranstalten zu dürfen", sagte Zuma unter dem Jubel der Zuschauer. "Dies ist eine afrikanische WM, Afrikas Zeit ist gekommen." In den nächsten vier Wochen blickt die Fußball-Welt nach Südafrika. Denn dort rollt der Ball.
An diesem Samstag stehen sich in der Gruppe B Südkorea und Griechenland sowie Argentinien und Nigeria gegenüber. In der Gruppe C trifft England auf die USA.
Autor: Stefan Nestler
Redaktion: Olivia Fritz