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Ein seltenes Handwerk: der Bogenbau

3. April 2010

Bogenbau für Streichinstrumente ist ein von Männern dominiertes Handwerk, das in Deutschland selten geworden ist. Eine junge Frau hat sich mitten in der Wirtschaftskrise als Bogenbauerin selbstständig gemacht.

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Schild Bogenbau Irina Feichtl (Foto: DW/ Ana Radic)
Bogenbauwerkstatt Irina FeichtlBild: DW/Ana Radic

"Die Geige, das ist der Bogen" - so sagte es zumindest der berühmte Violinist Giovanni Battista Viotti, einer der Väter der modernen Violintechnik. Der Bogen ist also mehr als nur der Stecken zum eigentlichen Instrument. Er sorgt für den richtigen Klang und ist Musikern bis zu 30 000 Euro wert.

Er muss machen, was ich will

Franz Scheuerer ist Violinist beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und sagt über seinen Bogen: "Er muss einen guten Klang haben, und er muss machen, was ich will. Ich habe diesen Bogen in die Finger gekriegt und es war Liebe auf den ersten Ton und auf den ersten Blick".

Faszination Bogenbau

Bogenbauerin Irina Feichtl (Foto: DW/ Ana Radic)
Bogenbauerin Irina FeichtlBild: DW/Ana Radic

Die Liebe zu den Bögen treibt auch Irina Feichtl an. Die 31-jährige Geigenbauerin hat sich vor zwei Jahren selbstständig gemacht. Zwischen Elfenbeinresten und losen Saiten hantiert sie in ihrem hellen Münchner Atelier mit Pferdehaaren. Die junge Frau mit den farbenfrohen Kleidern hat sich auf den Bogenbau spezialisiert. Fasziniert hat sie vor allem, dass bei dem Bau des Bogens ebenso viel passiert wie auf der Geige. "Die ganzen Bewegungen spielen sich auf einem wesentlich kleinerem Raum ab", fasst Feichtl den Unterschied zusammen.

Bogenbau als College-Studium

Bogenbau Irina Feichtl (Foto: DW/ Ana Radic)
In der BogenbauwerkstattBild: DW/Ana Radic

Die Arbeit mit dem Holz hat sie auf einem britischen College gelernt. Dort kann man Geigen- und Bogenbau studieren. In Deutschland ist es ein Handwerksberuf - in dem allerdings nur noch selten ausgebildet wird. Mit ruhigen Händen bespannt Feichtl einen der Bögen mit Rosshaar. 170 Schimmelhaare müssen es sein. Doch nur die Haare aus kalten Klimazonen haben auch die nötige Festigkeit für einen Bogen. Das Holz hingegen kommt aus Brasilien. Irina Feichtl betont, dass nur das Pernambukholz für die Bögen in Frage kommt.

Von Feichtl-Bögen überzeug

Bogenbau Irina Feichtl (Foto: DW/ Ana Radic)
Für die Arbeit braucht Irina Feichtl eine ruhige HandBild: DW/Ana Radic

Trotz der Wirtschaftskrise hat die 31-Jährige den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Der Cellist Franz Lichtenstern hat sich bereits von den Feichtl-Bögen überzeugen lassen. Einen guten Bogen erkenne man daran, dass man ihn gar nicht merkt: "Man weiß nach einer Minute, ob das der Bogen ist oder nicht. Eigentlich weiß man es nach fünf Tönen. Es ist wie eine Verlängerung des Arms."

Deswegen ist er dem Symphoniker einiges wert. Ungefähr ein Drittel vom Instrument investieren die meisten Musiker in ihren Bogen. Natürlich gibt es auch sehr viel günstigere Bögen. Die kommen allerdings aus der Fabrik. Die Industrieware eignet sich jedoch nur für Anfänger. Lichtenstern betont, dass selbst der Laie den Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Bogen hört: "Das sind wirklich Welten", sagt der Musiker, der heute nur zur Reparatur in Feichtls Atelier gekommen ist. Da er seinen Bogen oft spielt, muss er ihn ab und zu neu behaaren lassen. Auf diese Weise kann ein guter Bogen über hundert Jahre halten.

Neben den Profis ziehen auch die meisten Laien das Handwerk vor. Deshalb sind die industriell gefertigten Bögen für Feichtl keine ernst zu nehmende Konkurrenz. Denn so lange es gute Streicher und Orchester gibt, werden auch die Bogenbauer gebraucht.

Autorin: Ana Radic

Redaktion: Gudrun Stegen