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Dubai Filmfestival

21. Dezember 2009

Einblicke in die arabische Welt auf Zelluloid - das sechste Dubai Filmfestival präsentierte sechzig Filme aus dem Nahen Osten. Auch Hollywood und Bollywood waren präsent und sorgten für einen Zusammenprall der Kulturen.

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Mandy Moore im tief dekolletierten schwarzen Kleid beim Dubai Filmfestival (Foto: Ammar Ben Aziz)
Gast aus Hollywood: Mandy MooreBild: Ammar Ben Aziz

"Alles ist in Ordnung, keine Sorge wegen der Finanzkrise" - den Satz hörte man oft beim Festival. Fast bei jeder offiziellen Rede versuchten die filmliebenden Scheichs auf dem 6. Dubai International Filmfestival (DIFF) die Besucher zu beruhigen. Tatsächlich war die Welt im "Beverly Hills Dubais", dem Viertel Jumeirah in der Nähe des Sieben-Sterne-Hotels Burj al Arab in Ordnung. Dort flanierten ständig Stars aus Hollywood, Bollywood und aus den arabischen Ländern auf dem langen roten Teppich und winkten begeistert ihren jubelnden Fans zu.

Sie wurden auch von den ganz in langen schwarzen Schleiern verhüllten jungen Frauen begrüßt, die lächelnd in bestimmten Abständen neben den wunderschön dekorierten exotischen weißen Blumensträußen als "Festival-Damen" standen. Den islamischen Landessitten entsprechend waren ausschließlich ihre Gesichter zu sehen. Dass sie - gegen dieselben Sitten - ihre sehr stark geschminkten Antlitze, besonders ihre meist grellrot gemalten Lippen in der Öffentlichkeit zeigten, störte niemanden; ein faszinierendes, widersprüchliches Bild, das zugleich die gesellschaftliche Situation dieses Wüstenstaates widerspiegelt.

Festivalplakat in Gelb mit Schrift (Copyright: Festival Dubai)

Bridging Cultures, Meeting Minds

Eine Gesellschaft, die aus erstaunlichen Widersprüchen besteht. Diese scheinen in vielen islamischen Ländern nicht miteinander zu vereinbaren zu sein. Die Festival-Macher in Dubai wollten aber gerade diese Gegensätze miteinander verbinden: "Bridging Cultures, Meeting Minds" so das Motto des Festivals, auf dem mehr als 170 Filme aus 55 Ländern gezeigt wurden, darunter 29 Weltpremieren.

Auf dem Festival war tatsächlich alles in Ordnung, dennoch tauchten Nicole Kidman, Penélope Cruz und weitere Stars des Eröffnungsfilms "Nine" von Hollywood-Regisseur Rob Marshall nicht auf. Die Superstars aus Bollywood, wie Amitabh Bachchan, und aus den arabischen Ländern, wie die Ikone des ägyptischen Kinos, Omar Sharif, und die Diva der israelischen Filmwelt, Hiam Abbass, hatten sich dagegen persönlich auf den Weg in das arabische Emirat gemacht.

Hiam Abbass mit kleinem Berliner Bär (dpa Tim Brakemeier)
War auch schon Gast der Berlinale: Hiam AbbassBild: picture-alliance/ dpa

Stars der arabischen Welt

Hiam Abbass war sogar in zwei Debütfilmen von den jungen Nachwuchsregisseurinnen Dima El-Horr und Cherien Dabis zu bewundern: "Every Day is a Holiday" und "Amreeka". Abbass, die zuletzt noch im Film "Lemon Tree" von Eran Riklis mit ihrer dialogarmen Rolle zu sehen war, in welcher sie ihre Möglichkeiten der Mimik und Körpersprache exzellent einsetzte, faszinierte die Zuschauer diesmal durch ihren meisterhaften Umgang mit der Sprache.

Im Spielfilm "Every Day is a Holiday" spielt sie eine Frau, die im Libanon mit einem Bus auf dem Weg zu einem Gefängnis ist, um dort für ihren Mann eine Pistole hineinzuschmuggeln. Mit beeindruckenden Bildern zeigt Dima El-Horr nicht nur die politischen und gesellschaftlichen Umstände in diesem vom Krieg zerstörten Land, sondern auch die zerrissene innere Welt dreier unterschiedlicher Frauen.

Starke Frauenrollen

Im diesjährigen Festivaljahrgang war die Anzahl der Frauen, die vor und hinter der Kamera mitgewirkt haben, sehr hoch. Mehr als 20 Filmemacherinnen bekamen die Gelegenheit ihre Spiel- und Dokumentarfilme zu zeigen. Die Protagonistinnen des kanadisch-kuwaitischen Beitrages "Amreeka" sind ebenfalls weiblich. Neben Hiam Abbass glänzt die mehrfach ausgezeichnete Schauspielerin Nisreen Faour als eine selbstbewusste Frau, die mit ihrem Sohn nach Amerika emigriert, um für ihn eine sichere und geordnete Zukunft im Land der unbegrenzten Möglichkeiten nach dem 11. September zu bewerkstelligen: der Kulturschock und erste große Enttäuschungen im Alltag sind bittere Erlebnisse dieser alleinstehenden Mutter aus Palästina. Nisreen Faour erhielt für diese Rolle den "Muhr Arab Preis" als beste Schauspielerin.

"Palästina" als politisch brisantes Thema inspirierte viele Filmemacher nicht nur aus den arabischen, sondern auch aus den westlichen Ländern. Der Beitrag "Zindeeq" vom 1950 in Nazareth geborenen Filmemacher Michel Khleifi war der Favorit der 5-köpfigen Jury, die ausschließlich aus Männern bestand. Der hervorragend erzählte, politisch anmutende Thriller um einen nach Frankreich emigrierten und "westlich" orientierten palästinensischen Regisseur, der nichts mit seiner Heimat zu tun haben will, ist spannendes Erzählkino voller Geheimnisse auf beachtlichem ästhetischem Niveau.

Poetischer Protest aus dem Iran

Ästhetisch gesehen gilt das Gleiche ebenso für den iranischen Beitrag, der den Special-Preis der Jury in der Sektion "Muhr AsiaAfrica Feature" gewonnen hat: "Keshtzarhaye Sepid" ("The White Meadows") von dem 1972 in Shiraz geborenen Filmemacher Mohammad Rasoulof. Der iranische Schauspieler Hasan Pourshirazi, der als bester Darsteller ausgezeichnet wurde, verkörpert hier die Hauptfigur der Geschichte, Rahmat. Dieser reist stets mit einem kleinen Boot von einer Insel zur nächsten auf dem salzigen See "Uromieh" im Norden Irans, um die Tränen der Einwohner zu sammeln.

Das Burj Al-Arab-Hotel in Dubai, davor Strand, Liegestühle
Festival am Strand: das Burj Al-Arab-Hotel in DubaiBild: dpa

Was er mit den Tränen macht, ist ein Rätsel, ein Mysterium. Um die untrennbare Verquickung der Mystik mit dem Aberglauben darzustellen, lässt Rasoulof seine hoffnungslosen Protagonisten in der faszinierenden weißen Landschaft aus Salzwiesen und -felsen wie Schatten hin und her laufen. Am Ende steht der Tod. Man kann den Film als einen leisen und poetischen Protest gegen die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Umstände, die seit ewigen Zeiten den Menschen im Iran zu schaffen machen, verstehen.

Auch das Publikum diskutierte über diese Umstände nach der Filmvorführung im Kinosaal der teueren Shopping Mall "Jumeirah". Die meisten Plätze waren von ganz, halb oder gar nicht Verschleierten oder Mädchen mit tiefem V-Ausschnitt und kurzem Rock besetzt. Die liberale Politik der filmliebenden Scheichs macht das möglich - auch in finanzieller Hinsicht: Trotz der Wirtschaftskrise kostet der Eintritt umgerechnet drei Euro, was für dortige Verhältnisse sehr preiswert ist.

Autorin: Fahimeh Farsaie

Redaktion: Jochen Kürten