1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Zwischen Uniform und Leinwand

Monika Hoegen6. Juni 2005

Sie ist eine Ausnahmeerscheinung in Afghanistan: Saba Sahar ist Polizistin und Schauspielerin. Jetzt hat sie auch noch einen Action-Film gedreht. Monika Hoegen hat Sahar zu Hause in Kabul getroffen.

https://p.dw.com/p/6ijw
Kämpferin für mehr weibliches SelbstbewusstseinBild: presse

Eine Polizistin in schmucker Uniform, perfekt geschminkt und höflich gegenüber den Bürgern, aber ohne Gnade gegenüber Verbrechern, genauso gewandt auf dem Motorrad, wie im Umgang mit der Knarre: So etwas kannte man in Kabul bislang höchstens aus amerikanischen Action-Streifen.

Knapp zweistündiger Schock

Aber eine Afghanin, die kriminellen Männern, allesamt Drogenhändler und Kinderschänder, das Handwerk legt? Für einige der Zuschauer, die in Kabul bei bei der Erstaufführung des Films "The Law" (Das Gesetz) dabei waren, war es ein knapp zweistündiger Schock.

Plakat2_s.jpg
Drogenhändler und Kinderschänder aufgepasst!


Viel Beifall gab es am Ende trotzdem: Beifall für Saba Sahar, Filmemacherin und Hauptdarstellerin zugleich, die auf der Leinwand und im Alltag Mut beweist. Denn Saba ist nicht nur Produzentin und Schauspielerin, sondern auch Polizistin - ein ungewöhnlicher Beruf für eine Frau im immer noch männerdominierten Afghanistan.

Frauen dürfen nicht ins Kino

Eine Frau in Uniform, die im Basar Streifendienst macht - das ist in der islamischen Republik am Hindukusch noch ein bisschen gewagt. "Am Anfang haben sich die Leute nicht so gut benommen gegenüber einer Polizistin. Das wird erst langsam besser. Es ist gut, dass wir immer mehr Frauen in der Polizeiakademie und im Innenministerium haben und auch immer mehr Frauen Polizistinnen werden wollen."

Erst mal allerdings sah sich Saba mit ihrem Film vor ein ganz anderes Hindernis gestellt: Frauen dürfen in Afghanistan eigentlich nicht ins Kino gehen - schon gar nicht gemeinsam mit Männern. Wie also die Zuschauerinnen erreichen, für die die Botschaft eigentlich gemacht ist?

Widersprüche leben

Saba zeigte sich erfinderisch: Bei der Aufführung ihres Films setzte sie eine Reihe Polizisten zwischen die Männer und die Frauen im Raum. Eine ungewohnte Maßnahme, aber sie funktionierte. "Ich habe das aus Sicherheitsgründen gemacht. Denn nach 15 Jahren waren zum ersten Mal Männer und Frauen zusammen, um einen Film anzuschauen. Einige Männer hatten noch Schwierigkeiten damit, dass nach all den Jahren jetzt auch Frauen im Kino waren."

Ausnahmefrau Saba muss in ihrem privaten Umfeld mit Widersprüchen leben. Dazu gehört, dass Saba leidenschaftlich gern Fahrrad fährt - es aber in Kabul nicht tun kann: unmöglich für eine Frau! Und dazu gehört auch, dass die Kämpferin für mehr weibliches Selbstbewusstsein, die sexy aufgemacht von ihren Filmplakaten herunter lächelt, ein Kopftuch anzieht, sobald sie fotografiert wird. Afghanistan anno 2005, das sei eben immer noch ein Land, in dem Veränderungen viel Zeit brauchen, sagt Saba. Ein paar davon habe ihr Film aber bereits bewirkt.

Karisha findet das toll

"Früher musste die Frau meines Bruders sich mit einem großen Umhang verschleiern. Nach dem Film hat er ihr gesagt, sie darf ein Kopftuch anziehen. Vorher durfte sie nirgendwo allein hingehen, jetzt kann sie das tun", sagt Saba Sahar. "Die Frau meines anderen, älteren Bruders ist sogar in die Polizeiakademie eingetreten und will auch Polizistin werden."

Saba hat nun schon die Manuskripte für weitere Filme in der Schublade - allesamt haben sie mit der Polizei und weiteren Verbrecherjagden zu tun. Sabas neunjährige Tochter Karisha wird das freuen. Die nämlich fand schon das Erstlingswerk ihrer Mutter ganz toll.