1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Öffentlich-private Partnerschaften als Investitionsmotor

Ina Rottscheidt10. Mai 2005

Öffentliche Kassen sind leer, der Schuldenberg immens und der Bedarf an Investitionen wächst. "PPP" ist die Zauberformel, mit der die Regierung jetzt öffentlich-private Partnerschaften fördern will.

https://p.dw.com/p/6ceV
Ein "PPP"-Projekt: Mautstation am Warnowtunnel bei RostockBild: dpa

Die öffentlichen Kassen sind leer, Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil. Allein für 2005 und 2006 erwarten Experten Mindereinnahmen für den Staat von bis zu 20 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2008 könnten sich die Ausfälle sogar auf mehr als 50 Milliarden Euro summieren, heißt es aus dem Umfeld des Arbeitskreises Steuerschätzung, der ab Dienstag (10.5.2005) über die Entwicklung der Steuereinnahmen in den nächsten Jahren berät.

Suche nach neuen Geldquellen

Die Finanznot ist sichtbar, zum Beispiel in vielen deutschen Schulen. Von den Decken bröckelt der Putz, die Klassenzimmer sind schadstoffbelastet oder der Unterricht findet in provisorischen Baucontainern statt. Das Zauberwort, das den Sanierungsstau jetzt an Kölner Schulen endlich Auflösen soll, heißt "Public-Private-Partnership":

Öffentlich-private Partnerschaften sind der dritte Weg zwischen Bereitstellung durch den Staat und völliger Privatisierung. Dabei überträgt der Staat Dienstleistungen wie etwa Bau oder Betrieb einer Straße einem privaten Unternehmen und zahlt für die Bereitsstellung der Leistungen. In Köln übernimmt das Bauunternehmen Hochtief die nächsten 25 Jahre Sanierung und Instandhaltung der maroden Schulen. Die Stadt zahlt im Gegenzug rund 125 Millionen Euro.

Immer häufiger gehen Kommunen, Bund und Länder diesen Weg. So können sie trotz klammer Kassen weiterhin Investitionen tätigen. Mit nur neun Prozent Anteil am Bundeshaushalt gefährdet die extrem niedrige Investitionsquote nicht nur Arbeitsplätze sondern trübt auch die Aussicht auf Wirtschaftswachstum.

Spätzünder Deutschland

Deutschlands Nachbarn sind bei den öffentlich-privaten Allianzen weniger zögerlich: "Die Briten wickeln 20 Prozent ihrer öffentlichen Investitionen als PPP-Projekte ab", weiß Peter Rambold von PricewaterhouseCoopers.

Hans-Peter Keitel Direktor der Firma Hochtief
Hochtief als privater PartnerBild: AP
Baustelle Fußballstadion Allianz Arena in München
Die öffentliche Hand investiert immer seltenerBild: AP

Aber auch Spanier oder Franzosen erreichen so weitaus höhere Investitionsquoten. Und für die deutsche Entwicklungspolitik ist PPP eine der tragenden Säulen. Nur in Deutschland selbst liegt der Anteil von PPP-Projekten an öffentlichen Investitionen bei unter einem Prozent, wie Rambold schätzt.

Das Thema der PPP ist hochkomplex. Darüber besteht unter Experten Einigkeit. Bislang ist die Politik dem Thema eher ausgewichen. Doch angesichts von Sparzwang und leeren Kassen besteht nun die Notwendigkeit, sich damit auseinanderzusetzen.

Vorteile liegen auf der Hand

Vorteile liegen vor allem in der Effizienz: Wenn Privatunternehmen planen, durchführen und später betreiben, können die Gesamtkosten um bis zu 20 Prozent niedriger sein, als unter Eigenregie der Behörden. "Wenn alles aus einer Hand kommt, können Kosten gespart, Synergieeffekte genutzt und Folgekosten besser einkalkuliert werden", erklärt Rambold.

Skeptischer Mittelstand

Der Mittelstand fürchtet allerdings bei PPP-Projekten nicht mehr zum Zuge zu kommen. "Es handelt sich vor allem um Großprojekte, aber grundsätzlich sind Effizienzgewinne auch bei kleineren möglich", so Rambold. In Köln führen Kritiker vor allem die lange Laufzeit der Verträge an: Bis 2029 könne man die Schülerzahlen nicht absehen und die Mietverpflichtungen stellten eine enorme finanzielle Belastung dar.

In Rostock wurde der Warnow-Tunnel als PPP-Projekt zum Verlustgeschäft, weil die Nutzung geringer ausfiel als zuvor kalkuliert wurde. Dort wurde der "Modellfall zum Reinfall", stellte die Frankfurter Rundschau im Dezember fest. Die Kosten trägt der private Unternehmer.

Hürden in Deutschland

Doch es sind weniger die Risiken, die die deutschen Unternehmer ausbremsen. Klaus Brandner, wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, fordert gesetzliche Rahmenbedingungen, die die Hemmnisse und Diskriminierungen für PPP abbauen und ihre administrative Umsetzung erleichtern.

So müssen etwa private Betreiber Mehrwert- und Grundsteuer zahlen, der Staat muss das bei gleicher Leistung nicht. Kommunen beantragen für ihre Projekte Zuschüsse, private Unternehmer bekommen diese Hilfe nicht.

Schwer durchsetzbar

Der Abbau der rechtlichen Hürden in Deutschland ist aber schwer. Im Gegensatz zu Großbritannien, wo die Zentralregierung ihre Erlässe einfach durchsetzen kann, müssen in Deutschland Länder und Kommunen mühsam überzeugt werden.

Genau das will die Bundesregierung noch vor der Sommerpause in Angriff nehmen: Bundeskanzler Schröder fordert ein "Beschleunigungsgesetz" für öffentlich-private Partnerschaften, nachdem er bereits auf dem Job-Gipfel im März angekündigt hatte, "privates Kapital in Milliardenhöhe zu mobilisieren".

Gerhard Schröder Regierungserklärung
Schröder will das "Beschleunigungsgesetz"Bild: AP
LKA ohne Maut Mautstelle
Auch Straßen gelangen in private HandBild: AP
Baumesse in München-Riem
Investitionen schaffen Arbeit und WachstumBild: AP