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Comic-Helden der DDR

Miriam Karout (mit dpa)5. August 2016

Begehrte Ware aus der DDR: Die Kultcomics rund um die Digedags, Abrafaxe und Fix und Fax werden ausgestellt. Abgeschottet von West-Comics erzählten die Bildgeschichten aus dem Osten von Reisen in ferne Welten.

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Deutschland - Ausstellung Comic in der DDR in Gera Foto: picture-alliance/dpa/M. Schutt
Bild: picture-alliance/dpa/M. Schutt

Wer sie noch kennt, darf sich auf ein Wiedersehen mit den alten Comic-Helden Fix und Fax, den Digedags und den Abrafaxen freuen - das Stadtmuseum Gera in Thüringen stellt ab Freitag rund 300 Exponate zu 90 verschiedenen Comic-Serien unter dem Motto "Comic in der DDR" aus.

Abgeschottet von West-Comics wie Micky Maus oder Superman entstand in den 1950er Jahren in der DDR eine eigene Comickultur, die teils die sozialistische Ideologie des Staates widerspiegelte, teils völlig unpolitisch war. Von offizieller Seite waren Comics zunächst nur geduldet. Aber die Geschichten waren bei der Bevölkerung schnell heiß begehrt.

Der Anfang des DDR-Comics

Die ersten DDR-Comics entstanden unter dem Eindruck von West-Comics. Die Idee dahinter war, etwas Eigenes zu kreieren und es dem "West-Schund" entgegenzusetzen, so Historiker und Comic-Forscher Michael Scholz. Man habe sich damals in der Tradition von Wilhelm Busch und Heinrich Zille gesehen.

1955 erschien die erste Ausgabe des bis heute existierenden Magazins "Mosaik". Auf 32 kolorierten Seiten hatte Zeichenkünstler Hannes Hegen - losgelöst von politischer Doktrin - mit den drei Helden Dig, Dag und Digedag einen Volkscomic entwickelt, den noch heute im Osten der Bundesrepublik nahezu jeder kennt. Zu DDR-Zeiten waren die Comics von Hannes Hegen "Bückware". So nannte man damals besonders begehrte Dinge, die es nur unter dem Ladentisch gab. Noch im sleben Jahr erschien auch das Magazin "Atze" mit den Mäusen Fix und Fax, das bis 1991 existierte.

Politische Comic-Kultur

Nach dem Aufstand in Ungarn 1956 mussten viele Magazine das Drucken von Comics für eine Weile einstellen. "Mosaik" und "Atze" erschienen jedoch weiter. Laut Historiker und Comic-Forscher Michael Scholz erhielt das sonst als unpolitisch geltende "Mosaik" zeitweise Beilagen, in denen etwa aus dem Pionierleben erzählt wurde, in der "Atze" wurde ein Polit-Comic fest etabliert.

Abrafaxe des MOSAIK Steinchen für Steinchen Verlags Foto: Sören Stache +++(c) dpa - Report+++
Figuren der AbrafaxeBild: picture-alliance/ZB

Erst Ende der 1960er Jahre erschienen Comics wieder in mehreren Zeitschriften, unter anderem um politisch EInfluss auf die Bürger nehmen zu können. Auf den Kinderseiten vieler Magazine erschienen regelmäßig längere Serien wie "Der Schatz von Finkenrode" oder "Auf der Knolle ist was los".

Digedags statt Micky Maus

Anders als die klassischen West-Comics wie Micky Maus oder die Asterix-Hefte, haben DDR-Bildgeschichten oft keine Sprechblasen - denn die seien laut Scholz verpönt gewesen. Auch Superhelden gab es keine. Matthias Wagner, Kurator der Ausstellung in Gera, erklärt, dass die zeichnerisch und sprachlich modern erzählten Geschichten starke Akzente hin zu einer Comic-Kultur in der DDR setzten. "Qualitativ war das Mosaik vielen westdeutschen Comics weit überlegen", so Michael Scholz - und auf Augenhöhe etwa mit Hergés "Tim und Struppi".

Die Welt der Digedags war bunt, wild und voller Zukunftsvisionen. 1975 war nach dem Ausscheiden von Hannes Hegen Schluss mit der Serie. Vier Jahre später entstanden unter der Federführung von Lothar Dräger und Lona Rietschel dann ihre Nachfolger, die Abrafaxe. Die Abrafaxe waren zwar auch wild, aber längst nicht so pfiffig wie die Digedags. Sie wollten den unterdrückten Massen helfen und die historischen Freiheitskämpfer Europas besuchen.

"Mosaik": Abbild der Träume

"Mosaik" ist das einzige Comic-Magazin der DDR, das bis heute besteht. Es gilt als das älteste deutsche Heft auf dem Markt, obwohl es zahlreiche andere DDR-Comics gab. Diese werden nun in Gera ausgestellt. Das "Mosaik" nimmt dabei mehr als ein Drittel der Ausstellung in Anspruch. Sein Schöpfer Hannes Hegen (eigentlich Johannes Eduard Hegenbarth) bezeichnete es selbst als ein "Abbild seiner Träume". Dig, Dag und Digedag verschlug es in gigantische, intergalaktische Utopien.

Die Zukunft stellte Hegen in bunten Farben dar - einschließlich Schwebebahn, Schifffahrtstunnel und U-Bahnen. Manchmal begaben sich seine Helden auch auf Zeitreise in Weltstädte wie Rom oder Venedig. Hegen starb am 8. November 2014 im Alter von 89 Jahren in Berlin.

"Comic in der DDR"

Rund 300 Exponate zu 90 verschiedenen Comic-Serien werden vom 6. August 2016 bis zum 19. Februar 2017 im Stadtmuseum Gera ausgestellt. Es handelt sich ausschließlich um Originale von Sammlern und aus dem eigenen Bestand. "Wir wollen damit die Vielfalt des DDR-Comics vorstellen. Für viele Besucher dürfte es eine Reise in die eigene Kindheit werden", erklärt Kurator Wagner.