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Fast nur offene Fragen

18 de marzo de 2016

Die EU-Staaten lassen sich von Ankara in der Flüchtlingskrise erpressen. Doch vermutlich wird es gar nicht zu einer Einigung kommen, glaubt DW-Redakteur Christoph Hasselbach.

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Symbolbild EU Türkei Beitritt
Imagen: picture alliance/chromorange/Bilderbox

Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite ist für ihre knackigen Kommentare bekannt. Sie kritisierte die Vorschläge für eine Zusammenarbeit mit der Türkei als "hochkompliziert, sehr schwierig umzusetzen und am Rande des Völkerrechts". Tatsächlich reihen sich derart viele Einwände aneinander, dass es schwerfällt, an einen Erfolg zu glauben.

Das geht bei den rechtlichen Fragen los: Wird jeder Flüchtling die Chance auf eine Einzelfallprüfung seines Asylanspruchs haben? Denn pauschale Massenabschiebungen sind nicht zulässig. Wird die Türkei ordentlich mit Nichtsyrern umgehen, die sie am liebsten alle abschieben würde? Rückführungen in Länder, in denen sie dann verfolgt würden, dürfte die EU nicht zulassen.

Es geht auch um praktische Schwierigkeiten: Könnte Griechenland die Bearbeitung von Asylanträgen und vor allem die Abschiebungen in die Türkei bewältigen? Im Moment wohl kaum. Ganz Europa müsste sich dann auch auf sehr unschöne Szenen gefasst machen, wenn ganze Familien vielleicht gegen ihren erbitterten Widerstand zum Verlassen Europas gezwungen würden.

Es gibt auch andere Wege nach Europa

Sehr fraglich ist auch, welche Länder der Türkei syrische Flüchtlinge abnehmen würden. Einige winken von vornherein ab. Sollte es aber wieder nur an einigen wenigen wie Deutschland hängenbleiben, so wird das nicht gelingen. Weniger als je zuvor würde das die deutsche Bevölkerung mitmachen, wenn man an die jüngsten Wahlergebnisse denkt.

Zu bedenken ist ferner, dass es bei der legalen Umsiedlung nach Europa um eine nur vorübergehende Maßnahme und mit 72.000 um vergleichsweise wenige Menschen geht. Doch wenn die fast drei Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei nur eine derart geringe Chance einer legalen Einreise haben, dürften sie es weiterhin illegal versuchen. Immerhin gibt es ja nicht nur die Route über die griechischen Inseln, sondern auch den Landweg oder den Weg über das Mittelmeer.

Schließlich droht das Veto eines einzigen kleinen EU-Landes, nämlich Zyperns, aus politischen Gründen. Nicosia könnte einen Deal platzen lassen, solange die Türkei das EU-Mitglied Zypern nicht anerkennt.

Statt syrischer bald türkisch-kurdische Asylbewerber?

Dass es vielen EU-Staaten nicht gefällt, Beitrittsgespräche mit einer türkischen Regierung auszuweiten, die sich ideologisch und politisch immer weiter von Europa entfernt, könnten sie vielleicht noch hinnehmen, wissen sie doch, dass eine EU-Mitgliedschaft der Türkei auf absehbare Zeit nicht die Spur einer Chance hätte.

Sehr konkret und für viele Europäer eine Horrorvorstellung ist aber die türkische Forderung, dass bereits in diesem Sommer fast 80 Millionen Türken ohne Visum in die EU einreisen dürfen. Wegen des innertürkischen Konflikts mit den Kurden ist die Idee nicht abwegig, dass dann Millionen türkischer Kurden in Europa um Asyl nachsuchen werden.

Selbst wenn sich alle Fragen klären lassen, wäre also nur ein Teil des Problems gelöst, und vielleicht kämen sogar neue hinzu. Es ist daher falsch, wenn Bundeskanzlerin Merkel so große Hoffnungen auf ein EU-Türkei-Abkommen setzt. Österreich, Ungarn und die anderen Länder, die zusammen die Balkanroute abgeriegelt haben, meinen währenddessen, mit ihrer Aktion bewiesen zu haben, dass sich Europa gar nicht so sehr von der Türkei abhängig machen muss.

Ein Türkei-Deal setzt darauf, dass Ankara den Europäern das schmutzige Geschäft abnimmt, Flüchtlinge und Migranten von der Reise nach Europa abzuhalten. Doch am Ende wird die EU ihren Grenzschutz selbst besorgen müssen.

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