Stichwahl in Madagaskar: Showdown im ewigen Zweikampf | Afrika | DW | 18.12.2018
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Präsidentschaftswahl

Stichwahl in Madagaskar: Showdown im ewigen Zweikampf

Bei der Stichwahl um die Präsidentschaft hatten die Madagassen am Mittwoch kein neues Gesicht zur Auswahl. Beide Kandidaten haben Madagaskar schon einmal regiert - und sind sich als Kontrahenten innig verbunden.

Bildcombo Madagaskar Präsidentschaftskandidaten Marc Ravalomanana und Andry Rajoelina

Die Kandidaten in der Stichwahl: Marc Ravalomanana (links) und Andry Rajoelina (rechts)

Sie wollen nochmal. Andry Rajoelina und Marc Ravalomanana, zwei ehemalige Präsidenten von Madagaskar, sind angetreten, ihr Land noch einmal zu führen. Die Stichwahl an diesem Mittwoch (19.12.2018) könnte das große Finale sein: Die beiden Kontrahenten, deren Zweikampf die Politik des Landes seit mehr als einem Jahrzehnt bestimmt - zum ersten Mal stehen sie sich in einer Wahl direkt gegenüber, nachdem sie in der ersten Runde 34 weitere Kandidaten klar hinter sich gelassen haben. Es sind zwei Kandidaten, die noch die eine oder andere Rechnung miteinander offen haben - obwohl sie sich in ihrem Profil gar nicht so sehr unterscheiden.

Ihr einstimmiges Versprechen: Madagaskar aus der Armut zu führen. Beide seien angetreten als Self-Made Men, sagt Marcus Schneider, Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Madagaskar. "Beide sind erfolgreiche Unternehmer gewesen, die dann Politiker wurden und jetzt ihren eigenen Werdegang verkaufen", so Schneider im DW-Interview. "Sie sagen: Seht her, was ich geschafft habe, wie ich reich geworden bin. Wenn ich Präsident bin, werde ich dem Land das gleiche angedeihen lassen."

Vom Erneuerer zum Putschisten

Das heutige Machtgefüge geht zurück auf das Jahr 2007, als Andry Rajoelina nach einem spektakulären Wahlkampf zum Bürgermeister der Hauptstadt Antananarivo gewählt wurde. Er war das Gesicht einer Bewegung, die sich gegen die machthungrigen Auswüchse des gerade wiedergewählten Präsidenten Marc Ravalomanana auflehnte. So beschreibt es Marcus Schneider. "Der politische Konflikt ist nicht in den Rivalitäten der beiden Persönlichkeiten begründet, sondern darin, dass Marc Ravalomanana in seinen letzten Regierungsjahren größenwahnsinnige Anwandlungen hatte. Er drängte viele andere Politiker und Unternehmer an den Rand."

Madagaskar Wahlen Wahlkampf in einem Slum von Antananarivo

Mit einer Armutsquote von 76,2 Prozent gehört Madagaskar zu den ärmsten Ländern Welt

Rajoelina, der dynamische Großstädter, damals Anfang dreißig, DJ und Jungunternehmer, stand für Erneuerung. Ravalomanana reagierte mit Repressionen. Anfang 2009 ließ er Rajoelinas TV-Sender schließen, nachdem dieser ein Interview mit einem Ex-Präsidenten ausspielte. Der Konflikt spitzte sich zu. Zweimal versuchte Rajoelina daraufhin die Macht selbst zu übernehmen. Beim zweiten Mal hatte er das Militär hinter sich, der Putsch war perfekt. "Es war keine Volksrevolution gegen Ravalomanana, sondern vielmehr eine Revolte der politischen und wirtschaftlichen Eliten, die einen Präsidenten loswerden wollten, der das politische und ökonomische Leben monopolisierte", erklärt Schneider.

Rajoelinas Machtübernahme stürzte das Land in eine politische Krise. Internationale Sanktionen setzten Rajoelinas Übergangsregierung unter Druck, erst nach zahlreichen Vermittlungsversuchen gelang es 2013, mit Neuwahlen die Krise zu überwinden. Die beiden Kontrahenten traten damals selbst nicht an, sondern schickten Stellvertreter ins Rennen. Hery Rajaonarimampianina entschied das Rennen für Rajoelinas Lager. Doch der Stellvertreter ging bald seine eigenen Wege und stellte sich 2018 ebenfalls zur Wahl, unterlag aber in der ersten Runde.

Interessen statt Ideologie

Rajoelina und Ravalomanana repräsentieren unterschiedliche wirtschaftliche Interessen in einem System, in dem politische und wirtschaftliche Eliten stark miteinander verwoben sind. "Wer Präsident ist, kann viel verteilen. Er kann seine Freunde, seine Parteianhänger auch wirtschaftlich zufriedenstellen", so Marcus Schneider von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Das sei eine starke Motivation gerade da, wo die ideologischen Gräben - wie zwischen den beiden jetzigen Konkurrenten - nicht sehr groß seien.

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Stimmauszählung in Madagaskar nach dem ersten Wahlgang am 7. November

Auch die Verbindungen in den globalen Norden könnten hier eine Rolle spielen. Ravalomanana gilt als Freund der USA, Rajoelina pflegt enge Kontakte nach Frankreich, wo er die letzten Jahre verbrachte. Er habe sich in dieser Zeit verändert, verspricht er seinen Wählern. Wer von beiden gewinnt, dürfte sich demnach auch auf die künftigen Beziehungen des Landes auswirken.

Raus aus der Krise

Beide versprechen, nach den Wahlen die Armut zu bekämpfen und Perspektiven für die Bevölkerung zu schaffen. In ihren bisherigen Amtszeiten ist ihnen das nicht gelungen - auch wenn es unter Ravalomanana einige Jahre des wirtschaftlichen Aufschwungs gab. Das leicht wachsende Bruttoinlandsprodukt wird zurzeit durch die wachsende Bevölkerung wettgemacht. Doch zunächst einmal wird es darum gehen, schnell Klarheit und Einigkeit über den neuen Präsidenten zu haben. Hier haben Experten ihre Zweifel und rechnen damit, dass der Unterlegene das Ergebnis anfechten wird. Schon nach der ersten Runde zeigte sich Rajoelina - trotz seines verhältnismäßig guten Abschneidens - mit der Wahlkommission CENI unzufrieden und zweifelte das Ergebnis an.

"Es ist klar, dass in dieser zweiten Runde mehr auf dem Spiel steht, wenn es um Transparenz, die Leistung und Professionalität der CENI geht", sagt die madgassische Juristin Sahondra Rabenarivo im DW-Gespräch. Die Stimmauszählung und Verkündung der Ergebnisse bekomme in der Weihnachtszeit vielleicht nicht die nötige Aufmerksamkeit - die aber nötig wäre, um eine Rückkehr zur Tagesordnung zu garantieren. "Was wir brauchen, ist die Besonnenheit und der Geist von Weihnachten."

Mitarbeit: Priscat Rakotomalala

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