Urbane Ideenvielfalt in der EU | Global Ideas | DW | 27.04.2010
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Global Ideas

Urbane Ideenvielfalt in der EU

Städte sind die Versuchslabore der internationalen Klimaschutzpolitik. Hier werden für den Verkehrssektor immer neue Ideen entwickelt – und die führen zu ermutigenden Ergebnissen.

Radfahrer im Abendlicht (Foto: kk.dk)

Fahrradhauptstadt - In Kopenhagen pendeln 37 Prozent mit dem Rad zur Arbeit

Auf den ersten Blick prägen Staaten und internationale Organisationen die Klimapolitik. Spätestens der Kopenhagener Gipfel hat gezeigt, dass ein weiterer Akteur auf der Bühne ist: die Städte. In der dänischen Hauptstadt tagte erstmals ein Bürgermeister-Konvent vor einem großen Klimagipfel. Selbstbewusst traten die Städteführer auf – im Wissen, dass von ihnen vieles abhängt. Denn Städte verbrauchen 80 Prozent der Energie. Und verursachen 75 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. „Daher müssen Städte eine Vorreiterrolle in puncto Klimaschutz einnehmen: Sie tragen nicht nur am stärksten zum Klimawandel bei, sondern werden die Folgen auch am stärksten zu spüren bekommen“, sagt Reinhold Achatz, Leiter der Forschungsabteilung des Siemens-Konzerns. Er untersucht die urbane Klimapolitik.

Logo der C40 (Foto: c40)

Zusammenschluss - In der C-40 Gruppe kämpfen große Städte aus allen Kontinenten gemeinsam gegen den Klimawandel

Zwar machen Städte nur drei Prozent der Erdoberfläche aus. Doch hier wohnt die Hälfte der Weltbevölkerung. Bis 2030 werden es UN-Schätzungen zufolge 60 Prozent, also fünf Milliarden Menschen sein. Hoher Energieverbrauch, großes Verkehrsaufkommen, immenser Wasserbedarf – das Bevölkerungswachstum verursacht viele Probleme. Deshalb gibt es seit 2006 die Large Cities Climate Leadership Group (C40), einen Zusammenschluss von 40 Metropolen. Die Städte wollen voneinander lernen und ihre Durchschlagkraft bei internationalen Klimaverhandlungen erhöhen.

Fahrradhauptstadt Kopenhagen

Große Städte sind auf vielen Feldern aktiv – insbesondere in der Verkehrspolitik. Mit führend ist hier die globale „Cycle-Capital“ Kopenhagen, die seit den 1960er Jahren den Radverkehr fördert. „37 Prozent unserer Pendler fahren mit dem Rad zur Arbeit. Wir wollen die ganze Stadt mit Radwegen versehen. Nur wenige Straßenzüge sind noch nicht erschlossen“, sagt Lasse Lindholm, Sprecher der Stadtverwaltung. Grüne Ampelschaltungen, ein fast flächendeckender City-Bike-Verleih und große Radparkplätze – Kopenhagens Fahrrad-Konzept hat viele Bausteine, aber auch Nachahmer, wie etwa Barcelona und Paris, die große Verleihseihsysteme aufbauen. Die Förderung des Radverkehrs ist in Stockholm, Amsterdam, Wien und Oslo ebenfalls Teil der Verkehrskonzepte, die europaweit als besonders umweltfreundlich gelten.

Globaler Ideenreichtum

Mexiko-City baut seinen Radverleih erst auf – zusammen mit Fußgängerzonen, modernen Schnellbuslinien, neuen Busspuren und einer Metro-Linie. Eine Milliarde Dollar will die Mega-Metropole im Jahr dafür ausgeben. Kolumbiens Hauptstadt Bogotá zeigt, welchen Erfolg der Ausbau des Busverkehrs haben kann: Die Fahrzeiten für Pendler sind um mehr als 30 Prozent gesunken, der CO2-Ausstoß um 300.000 Tonnen im Jahr zurückgegangen.

In London ist der jährliche CO2-Ausstoß seit der Einführung der City-Maut 2003 um 16 Prozent gesunken. Autofahrer müssen diese Gebühr entrichten, um in die Innenstadt fahren zu dürfen. Auch der Verkehr ging dadurch um 20 Prozent zurück. Die Gebühr bringt der Stadt fast 140 Millionen Euro ein, die sie unter anderem in den Ausbau des Nahverkehrs investiert. Stockholm hat Londons Erfahrungen beobachtet – und 2007 selbst die Maut eingeführt. Gleichzeitig hat Schwedens Hauptstadt ihren Fahrzeugbestand mit Bussen ausgestattet, die mit Hybridmotor, Biogas oder Ethanol fahren. Auch deswegen ist Stockholm von der EU zur „European Green Capital“ 2010 gekürt worden. 2011 wird Hamburg diesen Titel tragen.

Bushaltestelle in Hamburg (Foto: HVV)

Vorbildlich - In Hamburg liegen die meisten Haltestellen weniger als 300 Meter vom Wohnort entfernt

European Green Capital 2011: Hamburg

Mit ein Grund dafür ist das grüne Verkehrskonzept: Für die meisten Hamburger liegt die nächste Bus- oder Bahnhaltestelle nicht weiter als 300 Meter vom Wohnort entfernt. Zwei Busse mit Diesel-Hybrid-Antrieb sind schon im Dienst – acht weitere kommen dazu. „Wir bauen jetzt den Radverkehr massiv aus“, sagt Volker Duman, Sprecher der Umweltbehörde. „Und die Hamburger S-Bahn fährt nur noch mit Ökostrom aus Wasserkraft – als erstes deutsches Eisenbahnunternehmen.“ Die Stadt hofft so, ihr ambitioniertes Klimaziel zu erreichen: Die CO2-Emissionen sollen bis 2050 um 80 Prozent reduziert werden. Ein erster Schritt ist gemacht: Der Pro-Kopf-Ausstoß ist gegenüber 1990 bereits um 15 Prozent gesunken. „Ein bedeutender Erfolg für eine große Stadt“, schreibt die EU-Kommission.

Autor: Torsten Schäfer
Redaktion: Klaus Esterluß

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