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Ägypten droht Extremisten mit Vergeltung

6. August 2012

Mit dem Terrorüberfall auf einen ägyptischen Grenzposten auf dem Sinai hätten die Extremisten eine rote Linie überschritten, erklärten die Streitkräfte in Kairo. "Die Reaktion werde nicht lange auf sich warten lassen."

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Zerstörtes ägyptisches Militärfahrtzeug, mit dem Extremisten einen israelischen Grenzposten angegriffen hatten (Foto:AP/dapd)
Bild: AP

Eine Gruppe Bewaffneter hatte am Sonntagabend an einem Sinai-Grenzposten zu Israel stationierte ägyptische Soldaten überrumpelt und 16 von ihnen getötet. Anschließend steuerten die Angreifer zwei erbeutete ägyptische Militärfahrzeuge auf die israelische Grenze zu. Nach israelischen Angaben explodierte eines der Fahrzeuge. Das zweite habe den Grenzzaun durchbrochen und sei dann von der israelischen Luftwaffe zerstört worden. Sechs Angreifer wurden getötet. Israelis kamen nicht zu Schaden. Israel hatte nach Agenturberichten offensichtlich Informationen über einen bevorstehenden Anschlag.

Islamisten aus Gaza unter Verdacht

Über die Identität der Täter wurde bislang nichts bekannt, auch übernahm niemand die Verantwortung für den Angriff. Das israelische Militär vermutet nach Agenturberichten Beduinen oder islamische Gotteskrieger hinter den Anschlägen, in Ägypten ist daneben von einer bislang unbekannten Gruppe aus dem Gazastreifen die Rede. Das wurde von der dort herrschenden radikal-islamischen Hamas dementiert.

Karte Ägyptens mit dem Sinai (Grafik: DW)
Bild: DW

Die ägyptische Armee leitete eine großangelegte Suchaktion nach möglichen überlebenden Terroristen ein. Der Grenzübergang zum Gazastreifen wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Helikopter und Spezialeinheiten der Armee durchkämmten die Grenzregion. Die Hamas ordnete die vorübergehende Schließung aller Schmugglertunnel nach Ägypten an. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu drückte bei einem Besuch der Grenze sein Bedauern über den Tod der ägyptischen Soldaten aus. Es müsse das gemeinsame Interesse Ägyptens und Israels sein, dass es an der Grenze friedlich sei.

Sinai - Neuer Hort für Terrorgruppen ?

Es handelt sich um einen der blutigsten Angriffe auf dem Sinai seit dem Abschluss des israelisch-ägyptischen Friedensvertrages 1979. Gemäß den Vertragsbestimmungen ist die Sinai-Halbinsel weitgehend demilitarisiert. Ägypten ist die Stationierung schwerer Waffen untersagt. Dies nutzen kriminelle Banden und bewaffnete Extremisten mehr und mehr aus, um ihren Einfluss in dem Gebiet auszudehnen. Vor allem das Innere der Halbinsel gilt als Areal der Gesetzlosigkeit. Ein Sprecher der israelischen Armee sagte, wegen der schwachen Präsenz von Sicherheitskräften, sei der Sinai "ein Anziehungspunkt für den internationalen Terrorismus geworden". Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak äußerte die Hoffnung, dass die Anschläge als Weckruf wirkten, damit Ägypten das Chaos auf dem Sinai beende.

Israel Premier Netanjahu (2.v r) und Verteidigungsminister Barak (l) am Schauplatz des Angriffs (Foto: Reuters)
Israel Premier Netanjahu (2.v r) und Verteidigungsminister Barak (l) am Schauplatz des AngriffsBild: Reuters

Nach Ansicht israelischer Experten wollen die auf dem Sinai aktiven Extremisten einen Konflikt zwischen Israel und Ägypten provozieren. "Diese Gruppen ... wollen eine Kettenreaktion auslösen, an deren Ende ein regionaler Krieg steht", sagte Boaz Ganor, Direktor des Instituts für Terrorismusbekämpfung in Herzlija bei Tel Aviv. Es sei kein Zufall, dass sie mit ägyptischen Militärfahrzeugen angegriffen hätten. Ähnlich äußerte sich Joram Schweitzer vom Nationalen Institut für Sicherheitsstudien an der Universität Tel Aviv. "Eines der Ziele dieser kleinen und radikalen islamischen Gruppen ist es, einen Bruch, einen Konflikt zwischen Israel und Ägypten herbeizuführen", sagte Schweitzer der Nachrichtenagentur dpa. Nebenbei versuchten sie, die Hamas im Gazastreifen zu verdrängen, indem sie immer wieder Gewalt und Gegengewalt mit Israel provozierten.

Staatstrauer in Ägypten

Ägyptens neuer Präsident Mohammed Mursi sagte in einer Fernsehansprache nach einem Krisentreffen mit der Militärspitze, die Sicherheitskräfte würden den Sinai wieder vollständig unter ihre Kontrolle bringen. Zum Gedenken an die Getöteten ordnete Mursi eine dreitägige Staatstrauer an.

wl/SC (dpa, afp, rtr, dapd)