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Ältere Arbeitslose - "Rohdiamanten" mit viel Erfahrung

Marlis Schaum8. Juli 2006

Für ältere Arbeitslose über 40 Jahren wird die Rückkehr auf den Arbeitsmarkt immer schwieriger. Die Kölner Agentur Zeit-Sprung hat sich auf ihre Vermittlung spezialisiert.

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Älteren Arbeitnehmern droht nach dem Jobverlust die DauerarbeitslosigkeitBild: AP

Stellenabbau bei Großkonzernen, Werkschließungen und gestrichene Stellen haben Tausende von Arbeitssuchenden zur Folge. Älteren Arbeitslosen finden nur schwer einen neuen Job. Gleichzeitig fordert der deutsche Bundesarbeitsminister Franz Müntefering, dass alle Deutschen bis zum 67. Lebensjahr arbeiten sollen. Mit dieser Diskrepanz wollte sich der Kölner Dirk Uwe Krüger nicht abfinden. Vor drei Jahren gründete er daher die Agentur Zeit-Sprung, die sich auf die Vermittlung von Arbeitnehmern spezialisiert hat, die älter als 40 Jahre alt sind. Krüger ist der Überzeugung, dass sich das Bewusstsein bei den Unternehmen langsam ändert und dass es für ältere Arbeitskräfte noch eine Chance auf dem Arbeitsmarkt gebe. 2.000 ältere Arbeitslosen über 40 Jahren hat er in seiner Kartei. Er nennt sie "Rohdiamanten", die viel Erfahrung mitbringen, und er ist täglich auf der Suche nach Jobs für sie.

"Die meisten haben ein bis zwei Ausbildungen hinter sich. Da etwas Passendes zu finden, ist schwer", sagt Krüger. Manche Jobs gebe es gar nicht mehr und manche haben sich so extrem verändert, dass man den ersten Job nicht mehr vermitteln könne. Dann versucht Dirk Uwe Krüger und seine Agentur mit einem zweiten Job, um den "zu alten" Arbeitslosen wieder auf den Arbeitsmarkt unterzukriegen.

Ältere Arbeitssuchende, Rente, Rentenreform
Oft ist das Alter der einzige AusschlussgrundBild: picture-alliance/dpa

Verweis auf zu hohes Alter

Krüger und seine Kollegin rufen potenzielle Arbeitgeber an und melden sich auf Stellenausschreibungen. Dann kann es einen Tag oder mehrere Jahre dauern, bis sie diese von den Vorteilen eines neuen Mitarbeiters über 40 überzeugt haben - von ihrem Fachwissen, den Erfahrungen, der Beständigkeit. Besonders schnell vermitteln sie Facharbeiter, Kaufleute und Techniker.

Elisabeth Metz ist 48 Jahre alt, gelernte Buchhalterin und hat ein halbes Jahr lang ihre Bewerbungen ohne Kommentar oder mit Verweis auf ihr zu hohes Alter zurückbekommen. Die Agentur "Zeit-Sprung" organisierte für sie das erste Bewerbungsgespräch. Bis dahin bekam sie keine Chance, sich überhaupt irgendwo vorzustellen und überhaupt mit einem Arbeitgeber in Kontakt zu kommen. "Ich finde, aus Papieren lässt sich zwar einiges erkennen, aber was man selber wirklich kann und ob das passt, kann man nicht wirklich erkennen", meint sie.

Vorurteile gegenüber älteren Mitarbeitern

Stephan Aschenbrenner, ihr neuer Chef, lobt ihr Fingerspitzengefühl und ihre Fachwissen. Für die Vorurteile mancher Arbeitgeber gegenüber älteren Mitarbeitern hat er kein Verständnis. "Wenn ich einen jungen Mitarbeiter oder eine junge Mitarbeiterin habe, dann habe ich da ganz andere Probleme: Dass nach einem Jahr die Frage kommt 'Wie geht es beruflich weiter?'" Bei jungen Arbeitnehmern müssten sich Arbeitgeber mit Fragen wie Babypause oder Montagsausfall nach einem anstrengenden Wochenende herumschlagen.

Elisabeth Metz fühlt sich wohl an ihrem neuen Arbeitsplatz. Ihr Alter wurde im Bewerbungsgespräch nicht einmal erwähnt. Der Arbeitsvertrag läuft bis zu ihrer Pensionierung. Sie ist die älteste in dem jungen Team, habe aber keine Probleme im Umgang mit jungen Menschen. "Es hat auch für mich nie eine Rolle gespielt, ob das hier klappen könnte. Es war vom ersten Tag an so, dass ich dazu gehörte und mit allen gut ausgekommen bin und das war es", sagt Elisabeth Metz.

Sie ist eines der Erfolgsbeispiele der Agentur Zeit-Sprung. Denn auch Dirk Uwe Krüger findet nicht für jeden Arbeitssuchenden eine Stelle. Vermittlungsquoten will er nicht nennen. Seine Geschäftsidee aber expandiert - in sechs weiteren Städten in Deutschland suchen Zeit-Springer schon Jobs für Menschen über 40. "Wenn wir sie vermittelt haben, gibt es immer einen schönen Moment, wenn sie dann da vorne durch die Tür kommen, einen Strauß Blumen in der Hand haben oder eine Flasche Sekt uns sagen: ,Danke, super, ich bin total glücklich'", freut sich der Kölner Unternehmer.