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Ärzte beenden künstliches Koma Scharons

9. Januar 2006

Die Ärzte haben am Montag die Narkosemittel für den israelischen Ministerpräsidenten Scharon verringert. Daraufhin begann er wieder selbstständig zu atmen. Laut Ärzten ist das ein gutes Zeichen.

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Ein Krankenhaus-Sprecher gibt Auskunft über Scharons ZustandBild: AP

Scharon atme von allein, das Beatmungsgerät sei aber noch nicht abgeschaltet, teilte der Leiter des Hadassa-Krankenhauses in Jerusalem, Schlomo Mor Josef, am Montag mit. Es handele sich nur um einen ersten Fortschritt. Der Gesundheitszustand der Regierungschefs sei aber immer noch ernst.

Josef erklärte, die Verringerung der Narkose sei ein langsamer
Prozess, der Stunden oder Tage dauern können. Erst nach einem Aufwachen Scharons sollen Tests klären, wie viel Schaden dessen Gehirn bei dem Schlaganfall am Mittwochabend und den darauf folgenden Hirnblutungen erlitten hat.

Stammhirn ist funktionsfähig

Ein israelischer Narkosearzt erklärte, das selbstständige Atmen Scharons sei zweifellos ein gutes Zeichen. "Dies beweist, dass das Stammhirn, das für die Atmung zuständig ist, noch funktioniert", erklärte Dani Gewa, Leiter der Anästhesie des israelischen Kaplan-Krankenhauses dem Armeesender.

Dass der Regierungschef in sein Amt zurückkehren könnte, schloss einer seiner Chirurgen am Sonntag aus. Scharons Überlebenschancen seien hoch, aber sein Denkvermögen werde beeinträchtigt sein, erklärte er.

Am Sonntag hatte eine neue Computertomographie Hinweise auf eine weitere leichte Besserung von Scharons Gesundheitszustand geliefert. "Auf der Basis der Untersuchungsergebnisse hat das Expertenteam entschieden, morgen früh mit der Beendigung der Narkose zu beginnen, sofern sich bis dahin keine Verschlechterung ergeben", sagte Mor Josef am Sonntag. Mor Josef sagte, Schwellungen im Gehirn seien zurückgegangen. Alle anderen Werte wie Blutdruck und Puls seien im Normbereich. Scharon habe auch kein Fieber, betonte er.

Peres stellt sich hinter Olmert

Scharon hatte am Mittwochabend einen zweiten, dieses Mal schweren Schlaganfall erlitten. Tagelang kämpften die Ärzte um das Überleben des Regierungschefs, der nach drei Notoperationen am Sonntag weiter im künstlichen Koma lag. Auf seiner Farm in der Negev-Wüste hatte Scharon plötzlich über Unwohlsein und Druck in der Brust geklagt und war ins Krankenhaus gebracht worden. Scharon hatte bereits Mitte Dezember einen leichten Schlaganfall erlitten. Danach war er mit blutverdünnenden Medikamenten behandelt worden.

Der israelische Altpolitiker Schimon Peres, der zur Unterstützung Scharons nach Jahrzehnten die Arbeitspartei verlassen hatte, stellte sich am Sonntag hinter den amtierenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert. Peres sagte dem israelischen Rundfunk, er wolle Olmert voll unterstützen. Olmert gilt als starker Mann in Scharons neuer Partei Kadima, die bei der für Ende März geplanten Parlamentswahl nach bisherigen Umfragen stärkste politische Kraft werden könnte.

Druck auf Abbas

Der Fatah-Politiker Marwan Barghuti forderte unterdessen, die schwere Erkrankung des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon dürfe keinen Einfluss auf die palästinensische Parlamentswahl haben. Es dürfe keine Verbindung zwischen der Wahl und der Entwicklung in Israel nach dem Schlaganfall Scharons hergestellt werden, hieß es in einer am Wochenende veröffentlichten Erklärung des in Israel inhaftierten Barghuti. Wegen eines womöglich guten Abschneidens der militanten Hamas-Organisation wächst innerhalb der Fatah der Druck auf Präsident Mahmud Abbas, die schon einmal verschobene Abstimmung erneut zu verlegen.

Die deutsche Regierung erklärte sich solidarisch mit Israel. "Wir bangen mit unseren israelischen Freunden um Leben und Gesundheit des Premierministers. Auch in schwierigen Zeiten stehen wir fest an der Seite Israels", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Wochenende nach Angaben eines Sprechers in einem Telefonat mit seinem israelischen Kollegen Silwan Schalom. Eine von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel geplante Reise nach Israel war weiter offen, wie ein Regierungssprecher in Berlin sagte. (stl)