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KonsequentBio

5. Juli 2010

Die Kriterien des neuen Bio-Logos der EU sind einigen deutschen Erzeugern zu lasch. DW-WORLD hat einen Betrieb in Mecklenburg-Vorpommern besucht.

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Landwerthof Stahlbrode (Foto: Landwerthof Stahlbrode)
Erfüllt die Kriterien des neuen Bio-Siegels: Der Landwerthof StahlbrodeBild: Landwert Hof Stahlbrode
Ein Bauer mit einer Jungkuh (Foto: Landwerthof Stahlbrode)
Landwerthof Stahlbrode: Stressfrei zum SchlachterBild: Landwert Hof Stahlbrode

Nach dem neuen Bio-Logo der EU müssen alle verpackten Ökoprodukte aus EU-Staaten mit dem "Euro-Blatt" gekennzeichnet sein. Es zeigt die zwölf Europasterne in Form eines Blattes auf grünem Hintergrund. Bei deutschen Biolebensmittel-Herstellern stößt das EU-Siegel nicht immer auf Zustimmung. Denn die Betriebe müssen nur teilweise ökologisch wirtschaften, um ihre Produkte damit auszeichnen zu dürfen. Deutsche Anbauverbände wie beispielsweise Bioland machen striktere Vorgaben, dort muss der gesamte Herstellerbetrieb ökologisch wirtschaften. Auch auf dem Landwerthof in Mecklenburg-Vorpommern ist das so. Hier setzt man außerdem auf Regionalität.

Braun-weiß sind die Hereford Rinder, die auf dem Landwerthof in Stahlbrode unweit des Fähranlegers zur Insel Rügen auf einer großen Weide stehen. Die Sommerhitze scheint ihnen nichts auszumachen, unbeirrt mahlen ihre Unterkiefer vor sich hin. Die meisten sind Mastrinder, es gibt aber auch 70 Mutterkühe, die für den Nachwuchs sorgen. Rinderzüchter Hans-Jürgen Wellnitz kennt jedes Tier persönlich. Eine genügsame Rasse, so sagt er, wie geschaffen für die ökologische Landwirtschaft. "Sie sind zu jeder Jahreszeit draußen und werden nur am Unterstand mit Futter versorgt, mit Silage, Heu und Wasser. Die Tiere sollten ökologisch vertretbar zunehmen, unser Ziel sind 1000 Gramm pro Tag. Wenn die Tiere dann schlachtreif sind, also ein Gewicht von mehr als 300 Kilo haben, dann haben wir sehr kurze Wege. Sie gehen stressfrei ihren letzten Gang, die Tiere kennen mich ja, und ich kann sie zur Metzgerei rüber führen."

"Bio" für die gesamte Produktionskette

Die Metzgerei des Landwerthofs Stahlbrode (Foto: Landwerthof Stahlbrode)
Die eigene Metzgerei garantiert höchste QualitätBild: Landwert Hof Stahlbrode

Bis dahin sind es nur ein paar Meter. Nach der Schlachtung wird das Fleisch innerhalb von sechs Stunden weiterverarbeitet. Warmfleischverarbeitung nennt man das, dabei werden natürliche Prozesse der Konservierung genutzt. Doch damit ist die Produktionskette noch lange nicht am Ende, wie der Geschäftsführer des Landwerthofes, Andreas Möller, erklärt. "Wir bauen Schritt für Schritt mit den Erzeugern die Tiere auf. Diese Qualitäten kommen dann in die Metzgerei oder in die Feinkostmanufaktur, und dann kommt auch schon der nächste Schritt, die Veredelung der Produkte. Dann geht es noch darum, wie das Produkt auf dem Teller landet, und da sind dann unsere Köche gefragt. Ein langer Prozess, der sehr aufwendig ist und auch nicht so einfach."

Das Unternehmen ist ein Zusammenschluss regionaler landwirtschaftlicher Bio-Erzeuger, die ihre Produkte über die Marke "LandWert" gemeinsam vermarkten. Der Anspruch ist hoch, die Produkte werden als ökologische Delikatessen angeboten. 30 Mitarbeiter sind auf dem Hof beschäftigt, darunter ein Sternekoch, der in der Feinkostmanufaktur Marmeladen und vegetarische Aufstriche zubereitet. Es gibt einen Hofladen und ein großes Restaurant, das für Hochzeiten und andere Feiern offen steht, aber auch für Catering gebucht werden kann. "Bio kann es überall geben, deutschlandweit, EU-weit, weltweit", sagt Geschäftsführer Andreas Möller. "Bei uns reden wir aber über regionale Konzepte, über regionale Kreisläufe. Wir möchten eine Wertschöpfung in der Region erreichen."

Schulfach Ernährung

Schulklasse mit Tieren (Foto: Landwerthof Stahlbrode)
Schulklassen sind immer willkommenBild: Landwert Hof Stahlbrode

Ein Konzept, das sich auch an junge Konsumenten richtet. Auf dem Gelände des Landwerthofes ist ein Schulbauernhof untergebracht, der sich für Klassenfahrten anbietet. In der Küche des Gutshauses steht an diesem Vormittag eine Gruppe Viertklässler. Eine Woche sind die Grundschüler mit ihren Lehrerinnen auf dem Landwerthof zu Gast. In dieser Zeit lernen sie so einiges, was im Leben eines Stadtkindes selten ist, wie Projektleiterin Kristina Freyberger sagt. "Die Kinder sollen das Leben rund um den Bauernhof und das Thema Ernährung vermittelt bekommen."

Seit 2008 gibt es den Landwerthof, die Idee stammt von Oliver Nordmann, Bio-Landwirt auf der Insel Rügen und Gesellschafter der Nordmann-Gruppe, zu der unter anderem die Stralsunder Brauerei gehört. Nordmanns Rügener Gutshof ist unternehmerisch mit dem Landwerthof verbunden - eine Konstellation, die durchaus Vorteile hat, sagt Geschäftsführer Andreas Möller. "Durch diese Gesellschafterstruktur ist es für uns natürlich einfacher. Da gibt es Synergieeffekte. Die suchen und nutzen wir auch, denn diese Synergien öffnen uns einfach schneller die Türen, um Produkte vom Landwerthof in der Gastronomie zu vermarkten." In Hamburg und Berlin gibt es bereits erste Geschäftskontakte, langfristig ist vorgesehen, ganz Norddeutschland mit Öko-Delikatessen aus Stahlbrode zu beliefern.

Autorin: Sabine Kinkartz
Redaktion: Rolf Wenkel