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Über die Zukunft der Ersatzteilmedizin

6. Mai 2013

Ein Gespräch mit Prof. Petra Reinke, Transplantationsmedizinerin von der Charité Berlin

https://p.dw.com/p/18Scx

DW: Frau Reinke, menschliche Organe könnten künftig im Labor gezüchtet und maschinell hergestellt werden – wie viel Potential hat das?

Petra Reinke: Das hat ein großes Potential, weil ein großer und weltweiter Bedarf besteht. Wir haben artifizielle Organe schon im praktischen Einsatz, aber noch nicht in der komplexen Form, wie es theoretisch schon möglich ist.

Es gibt eine Mini-Niere, die von einem US-Forscher-Team gedruckt wurde. Was gibt es noch, das man drucken kann? Was genau ist schon möglich?

Drucken kann man alles, weil man die Architektur und die Struktur der Organe sehr gut kennt. Das ist eher weniger das Problem. Das Hauptproblem ist das Material. Es muss als Voraussetzung benutzt werden, um den Zellen einen Weg zu geben und sie zu veranlassen, sich genau an der Stelle abzusiedeln, an der sie im normalen biologischen Organ auch vorzufinden sind.

Um eine Zellstruktur nachzubilden, wird eine Art Kunststoffgel verwendet, auf das menschliche Zellen gesetzt werden. Diese müssen sich dann miteinander verbinden. Ist es problematisch, diese Zellstruktur nachzubilden?

Das Schwierige daran ist, einen Kunststoff zu finden, der die Architektur eines Organs so nachbildet, dass sich dann menschliche oder tierische Zellen auf diesem Kunststoff so absiedeln können, dass es keine unerwünschten Reaktionen zwischen dem Kunststoff und den jeweiligen Zellen gibt.

Eine Abstoßung zum Beispiel?

Zum Beispiel, oder einfach nur eine Entzündungsreaktion, die im Zusammenspiel zwischen Zellen und Kunststoff induziert werden kann. Der zweite entscheidende Punkt: die Zellen existieren nicht losgelöst voneinander. Selbst wenn sie am Kunststoff haften, müssen sie auch miteinander kommunizieren, miteinander Verbindungen eingehen, Informationen austauschen. Das wird im Wesentlichen durch eine Matrix, also einen Bauplan verursacht. Das alles ist nicht so einfach.

Was glauben Sie, wann könnten wir solche menschlichen Ersatzteile aus dem Drucker haben? Reden wir hier von 20, 30 Jahren?

Das ist sicherlich schwierig zu prognostizieren. Der Bedarf ist sehr groß, das Interesse ist sehr groß, die Technologien sind im Wesentlichen vorhanden. Man kann sich vorstellen, dass in 15-20 Jahren so etwas möglich ist.

Könnten wir damit den Engpass bei Organspenden beheben?

Theoretisch vielleicht, aber da gibt es noch eine ganze Menge offener Fragen.

(Interview: Maria Grunwald)