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Über Verjährungsfristen und Haftstrafen

23. April 2010

Die Verdachtsfälle am Berliner Canisius-Kolleg der Jesuiten Ende Januar brachten einen Stein ins Rollen. Weitere Opfer gingen in der Folge an die Öffentlichkeit.

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Ein kleiner Junge sitzt verängstigt in der Ecke seines Kinderzimmers und umarmt einen Teddy. (Foto: dpa)
90 Prozent der Täter kommen aus der eigenen FamilieBild: dpa Zentralbild

Fälle am oberbayerischen Kloster Ettal, beim weltberühmten Chor der Regensburger Domspatzen und bei der reformpädagogischen Odenwaldschule im hessischen Heppenheim wurden nach den Fällen am Canisius-Kolleg in Berlin bekannt. Angesichts der aktuellen Debatte berichten auch immer mehr Opfer über Missbrauch in Kinderheimen der ehemaligen DDR. Bislang sollen sich 25 ehemalige Insassen von DDR-Kinderheimen gemeldet haben. Im Jesuitenorden sind es insgesamt 170 Opfer.

Pro Jahr gibt es rund 16.000 Strafanzeigen wegen sexuellen Missbrauchs in Deutschland. Die Dunkelzimmer soll viel höher liegen - Opferverbände schätzen sie auf bis zu 300.000. Damit würde in Deutschland alle zwei Minuten ein Kind sexuell missbraucht. Missbrauch findet überall dort statt, wo Kinder und Jugendliche sind: In Sport- und Jugendverbänden, Kindertagesstätten, staatlichen Schulen und in privaten Institutionen wie in Musikschulen oder bei Jugendferienreisen. Die häufigsten Meldungen stammen aus der eigenen Familie statt. Der Großteil der Täter sind Männer.

Verjährungsfrist abhängig vom Alter des Opfers

Die rechtliche Auslegung von Sexuellem Mißbrauch an Kindern ist klar geregelt. Wer sexuelle Handlungen an einer Person unter 14 Jahren vornimmt, dem drohen Haftstrafen von bis zu zehn Jahren. Unterschiede gibt es bei den Verjährungsfristen für sexuellen Missbrauch von Kindern. Derzeit liegt die Frist bei zehn Jahren, in besonders schweren Fällen bei 20. Fristbeginn ist hierbei der 18. Geburtstag der Opfer.

Wird ein Kind bereits im Säuglingsalter schwer missbraucht, beginnt die 20-jährige Verjährungsfrist erst nach 18 Jahren zu laufen. Der Täter kann folglich 38 Jahre zur Rechenschaft gezogen werden. Anders liegen die Dinge im Fall eines knapp 14-jährigen Kindes, das es von seinen Betreuern belästigt wird. Bis zum 18. Geburtstag vergehen in diesem Fall gerade einmal vier Jahre, und auch die reguläre Verjährungsfrist ist nur halb so lang wie in Fällen schweren Missbrauchs. Ab dem 18.Geburtstag des Opfers bleiben nur noch zehn Jahre bis zur Verjährung. Die Folge: Bereits 14 Jahre nach der Tat haben die Behörden keine Handhabe mehr. Wie lange die Strafverfolgungsbehörden den Täter belangen dürfen, hängt daher auch immer vom Alter des Opfers ab. Eine Entschädigung der Opfer ist bisher nicht klar geregelt.

Autor: Arne Lichtenberg
Redaktion: Hartmut Lüning