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Harten Strafen nach Stuttgarter Krawallnacht

10. November 2020

Vor rund fünf Monaten hatte die sogenannte Stuttgarter Krawallnacht für große Empörung gesorgt. Nun hat das dortige Amtsgericht in ersten öffentlichen Prozess zwei junge Männer zu je 30 Monaten Gefängnis verurteilt.

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Deutschland Justiz l Prozess um die Krawallnacht in Stuttgart
Im ersten öffentlichen Prozess um die Stuttgarter Krawallnacht muss sich ein 18-Jähriger im Amtsgericht Stuttgart verantwortenBild: Marijan Murat/dpa/picture alliance

Das erste Urteil gegen einen 18-Jährigen aus dem württembergischen Gaildorf lautet auf besonders schweren Landfriedensbruch und versuchte schwere Körperverletzung. Der Sachschaden beläuft sich nach Gerichtsangaben auf rund 3000 Euro. Der junge Deutsche hatte vor dem Jugendschöffengericht eingeräumt, während der nächtlichen Krawalle die Heckscheibe eines Polizeiautos eingeschlagen und zwei Seitenscheiben zertrümmert zu haben. Das Urteil liegt deutlich über den Forderungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung, die sich für eine Bewährungsstrafe ausgesprochen hatten.

Nur Stunden später wurde ein zweiter angeklagte Randalierer ebenfalls zu einer Jugendstrafe verurteilt. Das Amtsgericht schickt den 19-Jährigen für 30 Monate hinter Gitter. Auch ihm wurde unter anderem besonders schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen. Nach Überzeugung des Gerichts hatte der 19-Jährige in der Krawallnacht ein Polizeiauto demoliert.

Der Rechtsanwalt Marc Reschke kündigte im Fall des 18-Jährigen umgehend an, Berufung einzulegen. "Das Urteil ist nicht akzeptabel, mein Mandant ist entsetzt", sagte er. Die Tat sei zwar "eine große Dummheit" gewesen, die Strafe dafür aber unverhältnismäßig. Sie müsse nun als Richtschnur für die kommenden Verfahren zur Krawallnacht gesehen werden. Dagegen betonte Gerichtssprecherin Monika Rudolph, mit dem Urteil werde keineswegs ein Exempel statuiert.

Deutschland Stuttgart Unruhen Vandalismus
Durch vandalistische Akte entstanden bei den Krawallen in Stuttgart große SchädenBild: Getty Images/T. Kienzle

Etwa 100 Tatverdächtige ermittelt

Insgesamt erwartet das Amtsgericht dazu bis zu 100 Prozesse. Bei den nächtlichen Auseinandersetzungen in der Nacht vom 20. auf den 21. Juni 2020 im Juni hatten Hunderte vor allem junge Männer in der Stuttgarter Innenstadt randaliert. Es wurden zahlreiche Beamte verletzt und Schaufenster zerstört. Die Vorfälle sorgten weit über Stuttgart hinaus für Schlagzeilen und hitzige Debatten. Bislang wurden rund 100 Tatverdächtige ermittelt, die in der Nacht an den Krawallen beteiligt waren.

Auf Handyvideos ist auch die Tat des verurteilten 18-Jährigen deutlich zu erkennen. Er habe sich in der Juni-Nacht von der aufgeheizten, grölenden Menge mitreißen lassen, sagte der junge Mann im Prozess aus. "Ich habe das gar nicht durchdacht. "Erst Tage nach den Krawallen war der Auszubildende mitten in der Nacht in der Stuttgarter Innenstadt von einem Polizisten in Zivil wiedererkannt worden.

Randale und Plünderungen in Stuttgart
Bei den Ausschreitungen wurden auch Geschäfte geplündertBild: picture-alliance/dpa/Julian Rettig

Polizeigewerkschaft für Ausschöpfung des Strafrahmens

Die Deutsche Polizeigewerkschaft begrüßte die Haftstrafe. "Dieses Urteil ist ein klares und deutliches Signal und wird zur Abschreckung beitragen", sagte der Landesvorsitzende Ralf Kusterer der Deutschen Presse-Agentur. "Wer Straftaten begeht, muss dafür die Härte des Gesetzes spüren." Dazu werde der Strafrahmen ausgeschöpft. Die Höhe der Strafe sei wesentlich zur Vermeidung von Gewalt und Kriminalität, sagte Kusterer.

Im Oktober war bereits ein 16-Jähriger wegen Unterschlagung und Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einer Jugendstrafe verurteilt worden. Bei dem jungen Mann wurde zudem kinderpornografisches Material auf dem Handy gefunden. Bei diesem Prozess war die Öffentlichkeit ausgeschlossen. 

kle/qu (afp, dpa)