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Überraschende Entlassung

16. März 2007

Ohne Angabe von Gründen hat der Jüdische Weltkongress seinen Vorsitzenden Israel Singer entlassen. Diesem blieb keine Chance zur Stellungnahme. Israelische Medien vermuten interne Machtstreitigkeiten.

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Rabbi Israel Singer, der ehemalige Vorsitzende des WJC, Foto: AP
Israel Singer - jahrelang das Aushängeschild des WJCBild: AP

Israel Singer (64), eine der herausragenden jüdischen Persönlichkeiten, ist aus dem World Jewish Congress ausgeschieden. "Israel Singer gehört dem WJC und seinen Organisationen nicht mehr an", heißt es in einem auf den 14. März datierten internen Info-Brief des Jüdischen Weltkongresses. Darin werden Singers Einsatz für die Juden in der Sowjetunion, seine Enthüllungen zur Nazi-Vergangenheit des ehemaligen österreichischen Bundespräsidenten und UN-Generalsekretärs Kurt Waldheim sowie sein Einsatz für einen Dialog zwischen den Religionen gewürdigt. Gründe für das Ausscheiden ihres ehemaligen Generalsekretärs nannte die Organisation nicht.

Nach Informationen der israelischen Zeitung "Ha'aretz" informierte der WJC-Vorsitzende Edgar Bronfman Singer in einer Konferenzschaltung über seinen Ausschluss. Dieser habe keine Möglichkeit gehabt, dazu Stellung zu nehmen. Er sei völlig schockiert gewesen, berichteten Mitarbeiter dem Blatt. Fürsprecher des Vorsitzenden Singers seien bei der Telefonkonferenz wegen "technischer Probleme" nicht zu Wort gekommen, hieß es in den israelischen Berichten. Der Ablauf des Verfahrens sei eine Schande, wurde später kritisiert. "Mein Mikrofon war nach einigen Minuten abgeschaltet. Ich konnte nur noch hören, nicht mehr reden", kritisierte der Präsident des Jüdischen Europakongresses, Pierre Besnainou, in einem Schreiben an Bronfman. Er forderte, die Entscheidung zurückzunehmen.

Singer im internen Machtkampf

Eine jüdische Prozession in der Innenstadt von Gelsenkirchen, Foto: AP
WJC - der Vertreter aller Juden weltweitBild: AP

Der Jüdische Weltkongress hat seinen Vorsitzenden Israel Singer inmitten eines Machtkampfes ohne Angabe von Gründen aller Ämter enthoben. In der Organisation gebe es ein erbittertes Ringen um die Kontrolle über das Jerusalemer Büro, berichteten israelische Medien am Freitag. Singer habe sich geweigert, in dem Machtkampf für die eine oder andere Seite Stellung zu beziehen und damit Führungsmitglieder aus New York verärgert, mutmaßte die "Jerusalem Post".

Bereits im Februar 2006 musste Singer die Verantwortung für die Finanzen der Organisation abgeben, nachdem der damalige New Yorker Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer eine mangelhafte Kontrolle des Umgangs mit Spenden kritisiert hatte.

Singer sorgt für Spaltung

Die israelischen Zeitungen berichteten von einer tiefen Spaltung innerhalb des Jüdischen Weltkongresses. Laut Ha'aretz äußerten sich die Vertreter des WJC in Europa und Israel empört über Singers Ausschluss. Sie hätten gegenüber Bronfman mit dem Abzug ihrer Organisationen aus dem Dachverband gedroht, sollte die Entscheidung nicht wieder rückgängig gemacht werden.

Singer beim Treffen des Jüdischen Weltkongresses 2005 in Brüssel, Foto: AP
Singer beim Treffen des Jüdischen Weltkongresses 2005 in BrüsselBild: AP

Der Jüdische Weltkongress mit Sitz in New York war 1936 als Reaktion auf die Judenverfolgung im Dritten Reich gegründet worden. Er umfasst jüdische Gemeinden und Einrichtungen in mehr als 80 Ländern und versteht sich heute als Anwalt der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Belange der Juden.

Ein Meilenstein in der Geschichte des Weltkongresses war das Luxemburger Abkommen von 1952, in dem sich die deutsche Regierung zu Zahlungen von mehreren Milliarden Mark an den Staat Israel und jüdische Opfer der Nazi-Verfolgung verpflichtet hatte. (ina)