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Überwintern in der Antarktis - ein Jahr auf der Neumayer-Station

20. August 2012

Zu Gast im Studio ist Lisa Kattner, Forscherin am Alfred-Wegener-Institut für Polarforschung in Bremerhaven. Die Physikerin hat zusammen mit 8 anderen Personen ein ganzes Jahr auf der Neumayer-Station verbracht und ist soeben wieder nach Deutschland zurückgekehrt.

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DW: Mal abgesehen von süßen Pinguinen, da muss man doch einen Eiskoller kriegen da unten, oder nicht?

Lisa Kattner: Ich hab die Zeit unglaublich genossen da unten. Ich konnte mich quasi gar nicht satt sehen an der schönen Eislandschaft. Mit jedem Licht, mit jedem Wetter sah die Landschaft auch immer wieder neu aus.

Und die Temperaturen? Es wird ja richtig kalt. Sie waren im Winter da, Sie haben ja überwintert.

Richtig. Ja, es wird richtig kalt. Minus 40°C, minus 35°C war fast so eine Standardtemperatur. Tiefsttemperaturen bei minus 44°C, das ist schon eisig.

Und bekommt man denn Schnupfen da unten oder doch nicht, weil es keine Viren gibt?

Schnupfen hatten wir die ganze Zeit nicht, den ganzen Winter über gab es keinen Schnupfen, weil es eben keine Viren gibt, wie Sie schon sagten.

Und ansonsten wäre auch ein Arzt mit dabei, wenn was passiert?

Ja, wir hatten einen Arzt. Der ist Chirurg gewesen und ist eben auch für alle großen und kleinen Bedürfnisse da auf der Station zuständig.

Sie haben ihrem Hauptarbeitsplatz gar nicht in der Neumayer-Station, wo arbeiten Sie?

Ich laufe laufe täglich zum Spurenstoffobservatorium, dazu gehe ich an einer sogenannten Handleine entlang. Es ist nicht immer schönes Wetter hier. Es kann schon richtig stürmisch werden und dann geht die Sicht komplett weg. Man kann nicht mehr als ein paar Kilometer weit gucken.

Das heißt, man muss sich dann an dieser Leine festhalten und daran orientieren, sonst geht man verloren?

Genau. Man muss sich nicht unbedingt festhalten, aber man muss die Leine immer im Blick haben, sonst geht man verloren.

Und was passiert, wenn man die Leine verliert?

Dann gibt’s wirklich Probleme. Das ist zum Glück nie passiert. Man kann sich da quasi nicht orientieren. Wir haben immer noch GPS-Geräte mit dabei für Notfälle, und Funkgeräte. Also ich bin nie ohne Funk und GPS aus dem Haus gegangen.

Hatten Sie denn Heimweh dort?

Sicherlich manchmal auch. Aber ich hab mich da wohl gefühlt. Wir hatten ein schönes Team, nette Leute und da konnte man dann immer wieder darauf zurück kommen.

Haben Sie auch Pinguine gesehen?

Ja, wir hatten eine Pinguinkolonie in der Nähe der Station, keine 10 Kilometer weg. Da haben wir immer Ausflüge hin gemacht und konnten das Leben der Pinguine direkt vor Ort beobachten.

Und sind die tatsächlich so süß, wie sie immer wirken?

Ja, sind sie, auf jeden Fall.

Aber Sie waren ja nicht nur für Urlaub, Ausflüge und Pinguine beobachten dort, sondern Sie haben ja geforscht und ein Luftchemielabor betreut. Was interessiert Sie denn da unten besonders? Was versuchen Sie herauszufinden?

Also gemessen werden da unten Treibhausgase und Partikel und Aerosole in der Luft. Die Messungen laufen jetzt schon seit über 30 Jahren, seit es die Neumayer-Station gibt, und dadurch kann man natürlich die Trends und Entwicklungen weltweit beobachten.

Nun haben wir die Industrialisierung ja schon seit 150 Jahren, in der der Mensch die Atmosphäre verpestet. Kann man davon da unten jetzt schon etwas messen?

Wir sehen auf jeden Fall den Anstieg in den Treibhausgasen und wir sehen auch verschiedene Substanzen, die eben durch den Menschen in die Atmosphäre gebracht wurden und jetzt sogar bis in die Antarktis reichen.

Wie kommen die da hin? Wie kann das sein?

Globale Zirkulation. Die ganze Atmosphäre ist ein Kreislauf. Alles, was in die Luft kommt, was langlebig ist, bleibt auch dann in der Atmosphäre.

Nun gibt es ja einen Antarktisvertrag, der festlegt, dass die Antarktis als Naturschutzreservat bewahrt werden soll. Aber wir wissen, da sind natürlich viele Bodenschätze und anderes. Müssen wir uns Sorgen machen um die Intaktheit der Antarktis?

Sorgen machen ist mit Sicherheit nicht verkehrt, aber ich hoffe doch, dass es so bleiben wird. Und im Moment halten sich eben alle Nationen an den Antarktisvertrag und das sollte auch hoffentlich in der Zukunft so bleiben.

Interview: Ingolf Baur