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10 Gründe für den großen Erfolg des französischen Kinos

Jochen Kürten24. September 2015

Sie wird als die französische Sommerkomödie des Jahres angekündigt: "Der Vater meiner besten Freundin". Nicht selten haben französische Filme in den letzten Jahren auch im Ausland Erfolge gefeiert. Woran liegt das?

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Filmstart Der Vater meiner besten Freundin - Filmstill (Foto: © La Petite Reine - Angela Rossi)
Bild: La Petite Reine - Angela Rossi

Es ist eine luftig-leichte Sommerkomödie. Zwei alte Freunde, gespielt von den beiden französischen Kinostars Vincent Cassel und François Cluzet, wollen in Korsika ausspannen. Begleitet werden sie von ihren heranwachsenden Töchtern. Es kommt, wie es kommen muss: Eines der beiden jungen Mädchen fängt etwas an mit dem Vater der Freundin. Was folgt, ist ein Film zwischen Spaß und Unterhaltung, ein wenig Drama und viel schöner Landschaft.

"Der Vater meiner besten Freundin" ist kein Meisterwerk der Filmkunst, wohl aber einer jener Filme aus Frankreich, die mit Charme und Esprit zu überzeugen wissen. In Frankreich strömten schon fast eine Million Menschen in den Film, der sich sofort nach dem Kinostart auf Platz eins der Zuschauercharts behauptete. Hits wie "Willkommen bei den Sch'tis" (2008), "Ziemlich beste Freunde" (2011) oder "Monsieur Claude und seine Töchter" (2014) waren in den vergangenen Jahren auch außerhalb Frankreichs große Zuschauererfolge. Warum gelingt es ausgerechnet französischen Regisseuren immer wieder, die Besucher in aller Welt in die Kinos zu locken?

Filmstart Der Vater meiner besten Freundin - Filmstill (Foto: © La Petite Reine - Angela Rossi)
Louna (Lola Le Lann) wickelt den älteren Laurent (Vincent Cassel) um den Finger, Antoine (François Cluzet) kann nur zuschauenBild: La Petite Reine - Angela Rossi

1. Die Stars

Das französische Kino kann sich seit vielen Jahrzehnten auf seine großen Kino-Zugpferde verlassen. In Frankreich geht man auch ins Kino, weil man seinen Star sehen will - manchmal ist das wichtiger als der Film selbst. Auch "Der Vater meiner besten Freundin" ist ein Beispiel dafür. Vincent Cassel und François Cluzet ziehen die Menschen ins Kino, die Story ist eher harmlos.

2. Die Schauplätze

Frankreich verfügt über eine schier endlose Vielfalt an attraktiven Schauplätzen. Das wissen die Location-Scouts und Regisseure zu nutzen. Ob Normandie, Bretagne, Atlantikküste oder Côte d'Azur, an Küsten herrscht kein Mangel. Doch das ist nicht alles: Französische Filmemacher können in den Hochalpen drehen, im Mittelgebirge und in der berühmten französischen Provinz. Eine städtische Filmkulisse wie Paris ist sowieso einmalig in der Welt.

Filmstart Der Vater meiner besten Freundin - Filmstill (Foto: © La Petite Reine - Angela Rossi)
Sonne, Strand und gute Laune: "Der Vater meiner besten Freundin" setzt auf gute SommerunterhaltungBild: La Petite Reine - Angela Rossi

3. Liebe auf der Leinwand

Das Klischee eines besonderen Verhältnisses der Franzosen zur Liebe mag tatsächlich ein Klischee sein. Doch gilt ganz sicher: Keine andere Filmnation hat in den letzten 100 Jahren schönere Liebesfilme hervorgebracht. In keinem anderen Land entstanden so herzzerreißende Filme über die Amour fou.

4. Die Kunst der leichten Unterhaltung

Französische Regisseure haben es seit Beginn der Filmgeschichte verstanden, die Kunst der leichten Unterhaltung zu perfektionieren. Ob Liebesmelodrama, Komödie oder Familienfilm - oft gelingt es den kreativen Filmschaffenden auf dem schmalen Grat zwischen Unterhaltung und Ernst zu wandeln. Das gilt auch für anspruchsvolle Themen: Unterhaltende Momente ohne Peinlichkeit in bewegende Dramen einzubauen, ist eine große Kunst - und die Franzosen beherrschen sie.

5. Keine Feindschaft zwischen ernster Kunst und Unterhaltung

Bei unseren Nachbarn findet man den in Deutschland so viel diskutierten Graben zwischen Unterhaltung und ernster Kunst nicht. Wo sich andere europäische Filmnationen schwer tun mit dem Zusammenspiel zwischen Unterhaltung und Ernst und sich Hollywood oft zwischen Kitsch, Krawall und Künstlichkeit verheddert, gelingen französischen Regisseuren Filme, die beides elegant zu vereinen wissen.

Filmstart Der Vater meiner besten Freundin - Filmstill (Foto: © La Petite Reine - Angela Rossi)
Man wirft sich schon mal Blicke zu: Louna und Laurent in "Der Vater meiner besten Freundin"Bild: La Petite Reine - Roger Arpajou

6. Die Exportfähigkeit

Viele französische Kinostars spielen immer mal wieder bei Regisseuren aus dem europäischen Ausland. Manche ereilt der Ruf aus Hollywood. Dass die meisten nach kurzer Zeit wieder lieber in der Heimat drehen, liegt meist nicht am mangelnden Erfolg in den USA. Auch die Filme selbst laufen oft in synchronisierten Fassungen mit Erfolg im Ausland. Frankreich nimmt in Sachen Kinoexport einen Spitzenplatz ein.

7. Die Migranten

In den letzten Jahren haben es immer wieder Regisseure und Schauspieler mit Migrationshintergrund geschafft, Erfolge zu feiern. Der Megahit "Ziemlich beste Freunde" hat seinen enormen Kassenerfolg auch Omar Sy zu verdanken, dem Sohn eines Senegalesen und einer Mauretanierin. Der künstlerisch anspruchsvolle Regisseur Abdellatif Kechiche, der mit seinem Film "Blau ist eine warme Farbe" in Cannes vor zwei Jahren die Goldene Palme gewann, hat tunesische Wurzeln. So erneuert sich das Filmland Frankreich immer wieder von innen heraus.

Filmstart Der Vater meiner besten Freundin - Filmstill (Foto: © La Petite Reine - Angela Rossi)
Ihre Freundschaft wird auf die Probe gestellt: Antoine und Laurent in "Der Vater meiner besten Freundin"Bild: La Petite Reine - Angela Rossi

8. Ästhetisch innovativ

Künstlerisch versteht es die Grande Nation, sich ständig neu zu erfinden. Schließlich ist auch die berühmteste Erneuerungsbewegung der Filmgeschichte, die Nouvelle Vague, zum Vorbild vieler anderer Filmnationen geworden. Von diesem Ruf, ein innovatives Filmland zu sein, zehrt Frankreich bis heute - zu Recht. Davon profitieren auch wenig innovative Filme wie "Der Vater meiner besten Freundin".

9. Stolz auf Traditionen

Frankreich wäre nicht Frankreich, wenn es nicht auch stolz auf die eigenen Wurzeln schauen würde. Schließlich gilt das Land als Geburtsstätte des Kinos. Die Gebrüder Auguste und Louis Lumière sowie Georges Méliès haben die Kinokunst im vorletzten Jahrhundert aus der Taufe gehoben. Frankreich ist stolz auf dieses Erbe und das spürt man bis heute. Anders als zum Beispiel in Deutschland steht die Filmkunst vom Ansehen in der Gesellschaft, bei Intellektuellen und breiten Gesellschaftsschichten, nicht im Schatten anderer Künste.

10. Franzosen lieben das Kino

Die Franzosen strömen nach wie vor in die Kinos. Auch im Zeitalter des digitalen Wandels stößt man in kleineren Städten und in der Provinz noch auf viele Filmtheater. Und die Zahl der Kinos in der Metropole Paris ist sowieso phänomenal. Die Zuschauer besuchen nicht nur die großen Blockbuster aus Hollywood. Der prozentuale Anteil der Zuschauer, die ein Ticket für einen heimischen Film lösen, ist beständig höher als in fast allen anderen Ländern der Welt.

Der Film "Der Vater meiner besten Freundin" (Un moment d'égarement) von Regisseur Jean-François Richet mit Vincent Cassel und François Cluzet und den Newcomerinnen Lola Le Lann und Alice Isaaz läuft seit dem 24. September 2015 in den deutschen Kinos.