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100 Jahre epd

5. Februar 2010

Die älteste noch immer aktive Nachrichtenagentur in Deutschland ist eine kirchliche – der Evangelische Pressedienst. Seit 100 Jahren verbreitet er kirchliche und sozialpolitische Nachrichten in den Medien.

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Logo des Evangelischen Pressedienstes (Autor: epd)
Evangelischer Pressedienst

Im Jahr 2002 platzte eine kleine Bombe in der evangelischen Welt: Anders als bisher angenommen, wurde der Evangelische Pressedienst, epd, nicht 1937 aus politischen Gründen von den Nazis verboten. Wahr ist vielmehr, dass er erst 1941, also während des Zweiten Weltkriegs, allein aus Papiermangel eingestellt wurde und bis dahin tatkräftig die Parolen der Nazis unter das Kirchenvolk gebracht hatte. So skandalträchtig diese Nachricht auch war, der epd selbst, hatte sie bekanntgegeben. Hans Hafenbrack, Chefredakteur in den 1980er und 90er Jahren, hatte bei seinen Recherchen zu einem Buch über die Geschichte des epd diese Legende als reine Lüge identifiziert - nach dem Krieg in die Welt gesetzt vom damaligen Chef Focko Lüpsen, wie Hans Hafenbrack heraus fand: "Focko Lüpsen hat damals eine kleine Geschichte des epd geschrieben, und hat es so dargestellt, dass der epd eigentlich ein Teil der Bekennenden Kirche war. Dies haben alle, auch die Pressegeschichtler, die sich mit dem epd befasst haben, einfach abgeschrieben." Doch in Wahrheit gehörte der epd eben gerade nicht zu jenem kleinen Teil der evangelischen Kirche, der sich Bekennende Kirche nannte und sich weitgehend als oppositionell zu Hitler sah.

Die Nachrichtenredaktion des Evangelischen Pressedienstes Anfang/Mitte der 1980er Jahre (Autor: epd)
Die Nachrichtenredaktion des Evangelischen Pressedienstes Anfang/Mitte der 1980er JahreBild: EPD

Das Themenangebot geht mit der Zeit

Als der epd 1910 gegründet wurde, bündelte er die Pressearbeiten von vielen regionalen Vorläufern. Schon ab Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die evangelische Kirche versucht, ihre Schäfchen über die Tageszeitungen zu erreichen - in einem Klima, als sozialdemokratische und kommunistische Ideen vor allem Arbeiter aus der Kirche trieben. Im ersten Weltkrieg verfiel der epd dann wie fast alle anderen Medien einem martialischem Hurra-Patriotismus. Seine sehr konservative protestantische Linie verließ der epd erst nach 1945. Insbesondere in der 68er-Protest-Bewegung setzte sich ein fundamental anderer Geist durch, erinnert sich Hans Hafenbrack: "Die Studentenbewegung, dieser allgemeine Aufbruch damals war schon eine Veränderung. Die Themenpalette hat sich verändert. Ein großes Thema wurde zum Beispiel quasi über Nacht die so genannte Dritte Welt. Dann Themen wie Ökumene, also diese Ökumene, die eine neue Weltwirtschaftsordnung forderte." Hinzu kamen Themen wie Umweltschutz, Anti-Rassismus, Gleichberechtigung oder Gewalt.

Newsroom der Zentralredaktion des Evangelischen Pressedienstes (Autor: epd)
Und heute: Newsroom der Zentralredaktion des epd in Frankfurt am MainBild: EPD

Reichweite so hoch wie nie zuvor

Nach eigener Auskunft finden die epd-Nachrichten heute Eingang in zwei Drittel aller deutschen Tageszeitungen. Alle öffentlich-rechtlichen Sender beziehen den Evangelischen Pressedienst. Damit ist seine Reichweite so hoch wie noch nie zuvor. Vor allem in Bereichen wie Sozialpolitik, Religionen und Entwicklungspolitik genießt der epd hohes Ansehen, dazu mit seinem Spezialgebiet Film und Medien. Thomas Schiller, aktueller Chefredakteur, sieht den epd als moderne, professionelle Nachrichtenagentur mit einem spezifisch evangelischen Blick auf die Welt: "Da geht es uns natürlich darum, was Vorgänge direkt für die Menschen bedeuten. Wenn beispielsweise Hartz IV-Zahlen vermeldet werden, begnügen wir uns nicht nur mit der Statistik, sondern wir wollen zeigen: Wie geht es eigentlich wirklich einer Familie, die mit diesem Geld auskommen soll." Eine Besonderheit des epd ist es auch, bei Katastrophen gerade dann noch einmal zu berichten, wenn die allgemeine Hysterie abgeklungen ist.

Thomas Schiller, Chefredakteur der epd (Autor: epd)
Thomas Schiller, Chefredakteur des epdBild: EPD

Unabhängig von der eigenen Kirche

Bei seiner Arbeit will der epd unabhängig von der eigenen Kirche sein. Zwar unterstützt die Evangelische Kirche in Deutschland, EKD, die Nachrichtenagentur finanziell. Andererseits deckt der epd immer wieder auch Skandale im kirchlichen Umfeld auf, wie zum Beispiel Unregelmäßigkeiten beim Weltkirchenrat im letzten Jahr. Dies sei nicht nur der Anspruch an die eigene Professionalität, sondern auch eine Sache des wirtschaftlichen Bestehens, betont Thomas Schiller: "Wir müssen ja in erster Linie vor unseren Kunden, den Zeitungs- und Rundfunkredaktionen, bestehen. Denn die zahlen ja für uns Geld und würden den epd sofort abbestellen, wenn sie das Gefühl hätten, wir drucken kirchliche Verlautbarungen ab."

Autorin: Elena Griepentrog

Redaktion: Klaus Krämer