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200. Geburtstag von Karl Marx: Festakt in Trier

4. Mai 2018

Trier feiert seinen berühmten Sohn. Überschattet wird der Festakt von einem Streit um die Enthüllung einer Riesen-Statue. PEN-Deutschland hatte gefordert, das von China geschenkte Marx-Denkmal nicht einzuweihen.

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Deutschland Trier 200. Geburtstag von Karl Marx | Jean-Claude Juncker
Bild: Reuters/W. Rattay

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (Bild oben) warnte in seiner Rede am Freitagabend in der Basilika von Trier davor, Karl Marx für die Verbrechen des Kommunismus verantwortlich zu machen. "Man muss Karl Marx aus seiner Zeit heraus verstehen", sagte Juncker anlässlich der Eröffnung mehrerer großer Ausstellungen zum 200. Geburtstag des Denkers. "Dass einige seiner späteren Jünger die Werte, die er formuliert hat, und die Worte, die er zur Beschreibung dieser Werte gefunden hat, als Waffe gegen andere einsetzten, dafür kann man Karl Marx nicht zur Verantwortung ziehen."

Bei dem Festakt in der Trierer Basilika sagte auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) vor etwa 1000 Gästen: "Die Verbrechen an Millionen von Menschen, die im 20. Jahrhundert in seinem Namen begangen wurden, können ihm nicht angelastet werden."

Deutschland Karl Marx-Statue in Trier
Bild: picture-alliance/dpa/H. Tittel

Am Samstag sollen die Feierlichkeit weitergehen. Gegen Mittag wird die Riesen-Statue, die China der Geburtsstadt von Karl Marx geschenkt hat, enthüllt. Um die 5,50 Meter hohe Figur ist im Vorfeld ein Streit entbrannt.

PEN forderte Verschiebung der Enthüllung

In einem offenen Brief hat sich der Vizepräsident und Writers-in Prison-Beauftragter des PEN-Zentrum in Deutschland, Ralf Nestmeyer, an den Trierer Oberbürgermeister Wolfram Leibe gewandt. Darin bittet er den SPD-Politiker eindringlich, die für Samstag (5.5.) geplante Enthüllung der monumentalen Karl-Marx-Statue zu verschieben. Die Statue ist ein Geschenk der Volksrepublik China anlässlich des 200. Geburtstags des berühmten Philosophen und Ökonomen an dessen Heimatstadt Trier.

China Rede Xi Jinping zum 200. Geburtstag von Karl Marx
In China ist er ein unumstrittener Volksheld: Die kommunistische Partei feiert Karl Marx 200. Geburtstag in PekingBild: Reuters/J. Lee

Nestmeyer kritisiert in seinem Brief die mangelnde Pressefreiheit in China, wo kritische Journalisten und Schriftsteller regelmäßig verhaftet werden. Der Protest dagegen wäre auch "im Sinne von Karl Marx gewesen", so Nestmeyer in seinem Brief. "Pressefreiheit sah Marx als Ausdruck einer liberalen demokratischen Gesellschaftsform. Paradoxerweise wird gerade diese Freiheit in China seit Jahren extrem eingeschränkt", kritisiert er.

Karl Marx - Kämpfer für die Pressefreiheit

Tatsächlich hatte sich Karl Marx als Redakteur der Rheinischen Zeitung stets gegen Zensur und für Meinungsfreiheit eingesetzt. Von den Behörden wurde er dafür verfolgt. Er musste mit seiner Familie sein Leben lang im Exil leben.

Nestmeyer fordert in seinem Brief an Oberbürgermeister Leibe, die Enthüllung der Statue von der Freilassung der seit 2010 unter Hausarrest stehenden Dichterin Liu Xia abhängig zu machen. "Es wäre ein deutliches Signal, wenn Sie sich mit unserem gesundheitlich schwer angeschlagenen Ehrenmitglied Liu Xia solidarisieren würden, um damit ein Zeichen für Meinungsfreiheit zu setzen, das weit über die Stadt Trier hinausstrahlen könnte", so der PEN-Vizepräsident. Liu Xia ist die Witwe des 2017 verstorbenen chinesischen Schriftstellers und Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo. 

Köln Amnesty International Protest China-Fest  Liu Xiaobo
Anhänger der Menschenrechtsorganisation protestierten im August 2017 für die Freilassung Liu Xias in KölnBild: DW/P.Zhang

Proteste zur Jubiläumsfeier erwartet

Die Statue war im Vorfeld des 200-jährigen Marx-Jubiläums von vielen Seiten kritisiert worden. Vertreter der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft sowie die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen und die Gesellschaft für bedrohte Völker äußerten Kritik an einer öffentlichen Würdigung Marx'. Die rechtspopulistische AfD will in einem Schweigemarsch an die Opfer des Kommunismus erinnern, mehrere Mahnwachen der in China verbotenen Bewegung Falun Gong sind geplant.

Parallel dazu will ein Marx-Bündnis unter anderem mit Mitgliedern von Die Linke und der DKP bei einer Demo ein "Zeichen gegen Kapitalismus und Ausbeutung" setzen. Nach Angaben der Polizei ist zudem eine Gegenkundgebung gegen den AfD-Zug geplant. Die Polizei sei mit einem großen Aufgebot von Beamten vor Ort. "Die Vielzahl der Versammlungen und Veranstaltungen ist eine besondere Herausforderung", sagte der Leiter der Polizeidirektion, Ralf Krämer. Er rechnete mit etlichen hundert Demonstranten.

Kultur.21 Karl Marx in Farbe
Geliebt und verabscheut: Für die einen ist Marx Vordenker und Kämpfer für Gerechtigkeit, für andere der geistige Vater kommunistischer SchreckensherrschaftenBild: DW

Die Stadt Trier hofft auf ein friedliches Jubiläum. "Wir hoffen, dass jeder, der sich mit dem Thema Marx auseinandersetzen will, das auf zivile Art und Weise tut", sagte der Sprecher der Stadt, Michael Schmitz, am Freitag (4.5.2018). "Wer Marx kritisieren will, kann das gerne tun, aber nicht mit Gewalt oder Zerstörungswut."

Marx-Ausstellungen mit Festakt eröffnet

Die Feierlichkeiten zum Marx-Jubiläum starteten in Trier schon am Freitag (4.5.2018). Mit einem Festakt in der Trierer Konstantin-Basilika sind mehrere Ausstellungen zum 200. Geburtstag des Philosophen Karl Marx eröffnet worden. Dazu waren unter anderen EU Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), eingeladen.

Ab Samstag zeigen das Rheinische Landesmuseum Trier und das Stadtmuseum Simeonstift die Schau "Karl Marx 1818-1883. Leben.Werk. Zeit.". Das Museum am Dom präsentiert die Ausstellung "LebensWert Arbeit" und das Museum Karl-Marx-Haus der Friedrich-Ebert-Stiftung die neue Dauerstellung "Von Trier in die Welt. Karl Marx, seine Ideen und ihre Wirkung bis heute".

Am 21. Oktober endet das große Jubiläumsprojekt.

fs/so (mit dpa, epd, kna, pen-deutschland.de)