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Krisenstimmung in der EU

Ruth Reichstein, Brüssel31. Dezember 2006

Die Europapolitiker in Brüssel dürften an diesem Silvestertag dem Jahr 2006 kaum eine Träne nachweinen. Die gescheiterte Verfassung wirkte nach.

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Sackgassenschild steht vor der wehenden EU-Flagge vor dem Reichstagsgebäude in Berlin
Falsche Richtung?Bild: dpa

Krisenstimmung. Das war das Grundgefühl in der Europäischen Union im zu Ende gehenden Jahr. Nach den gescheiterten Verfassungsreferenden in den Niederlanden und in Frankreich 2005 wollte die EU-Maschinerie nicht so richtig in Gang kommen. Die Institutionen und Mitgliedsstaaten waren viel mit sich selbst und dem Wundenlecken beschäftigt.

Beim Gipfel im Juni beschlossen die Mitgliedsstaaten dann auch, die Verfassung vorläufig einzufrieren und sich zunächst mit anderen Inhalten zu beschäftigen. "Es gibt einen Konsens, dass die Verfassung gut ist und die Substanz erhalten werden soll", sagte der Österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der von Januar bis Juni 2006 EU-Ratsvorsitzender war. Er fügte aber auch hinzu: "Es gibt keinen Konsens über das oder die neuen Elemente, wie diese Substanz erhalten werden soll. Die Reflexionsphase war nützlich und wir glauben, dass man diese Art der Kommunikation mit den Völkern Europas fortsetzen soll. Jetzt beenden wir die Reflexionsphase. Weg von der Rhetorik - hin zu ganz konkreten Projekten."

Zwei Richtlinien

Viel hat sich im abgelaufenen Jahr also nicht bewegt. Aber immerhin ein paar wichtige Entscheidungen wurden dennoch getroffen. Zum Beispiel konnten die Institutionen in Brüssel zwei dicke und umstrittene Kapitel abschließen: die Chemikalien-Richtlinie REACH und die Dienstleistungsrichtlinie wurden verabschiedet. Beide Gesetzesvorhaben hatten jahrelang bei den zuständigen Gremien gelegen, ohne dass ein Kompromiss gefunden werden konnte. Erst kurz vor Jahresende einigten sich das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten bei beiden Dossiers auf eine Lösung.

Für die EU-Bürger bedeutet das: REACH sorgt dafür, dass rund 30.000 Chemikalien auf Gesundheitsrisiken überprüft und gegebenenfalls vom Markt genommen werden müssen.

Vorsicht vor Erweiterung

Und nicht zuletzt brachte 2006 auch für all die Länder Neuigkeiten, die sich Hoffnungen machen, einmal der EU beitreten zu können. Denn die Staats- und Regierungschefs beschlossen, bei den zukünftigen Erweiterungen einen Gang zurück zu schalten. In Zukunft sollen nur dann neue Länder aufgenommen werden, wenn die EU-Institutionen das verkraften können.

Erste Opfer dieser Regelung könnten die Balkan-Staaten sein, die bereits ihre Kandidatur angemeldet haben. Und auch die Türkei wird sich damit herumschlagen müssen. Viel hängt jetzt also davon ab, ob es die EU-Mitgliedsstaaten im kommenden Jahr schaffen, ihre Institutionen auf Vordermann zu bringen.