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40 Jahre Welthungerhilfe

14. Oktober 2002

Seit 40 Jahren gibt es die Deutsche Welthungerhilfe. Damals gegründet als deutsches Komitee der UN-Kampagne "Freedom from Hunger", ist sie heute auf allen Kontinenten aktiv.

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Seit 40 Jahren gibt es die Deutsche Welthungerhilfe. Damals
gegründet als deutsches Komitee der UN-Kampagne "Freedom from Hunger", ist sie heute auf allen Kontinenten aktiv. Sie hat fast 5.000 Hilfsprojekte in über 70 Ländern verwirklicht. Sie fördert dörfliche Landwirtschaft in Asien über Straßenbau in Südamerika bis hin zu Trinkwasser-Versorgung in Afrika. Trotzdem ist die Armut in vielen Ländern noch immer groß. Ein Hintergrund von Hanno Griess.

Hans-Joachim Preuß zieht ein nüchternes Fazit. Nach 4 Jahrzehnte ist dem Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe eigentlich noch immer nicht in der Stimmung zum Feiern:

1. O-Ton Preuß (dt.):

"Die weltweite Bilanz sieht so aus, dass nach wie vor eine Milliarde Menschen hungern. Auch 40 Jahre Arbeit haben an dieser Situation nur wenig ändern können. Allerdings können wir in 40 Jahren Welthungerhilfe schon darauf zurückblicken, dass wir einiges geschafft haben: Etwa eine Viertel-Milliarde Euro haben wir aufbringen können zur Verbesserung der Situation von armen Menschen."

Es war der damalige Bundespräsident Heinrich Lübke, der die Gründung der deutschen Hilfsorganisation anregte. Nach einer Hunger-Katastrophe in Indien Anfang der 60-er Jahre hatte die
Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen eine Kampagne unter dem Namen "Freedom from Hunger" ins Leben gerufen. Als Teil dieser Kampagne gründeten zahlreiche Verbände, Parteien und die beiden großen Kirchen 1962 einen gemeinsamen Verein: die Welthungerhilfe.

Seit damals liegt der Schwerpunkt zum einen auf der langfristigen Entwicklung ländlicher Gebiete. Genauso wichtig aber ist akute Hilfe in Not-Situationen. Sie ist zur Zeit besonders dringend in Simbabwe, wo rund 6 Millionen Menschen hungern.Für ihre Projekte hat die Welthungerhilfe allein im letzten Jahr knapp 80 Millionen Euro ausgeben. Der überwiegende Teil des Geldes kommt von der Bundesregierung und der Europäischen Union. Nur etwa
40 Prozent sind Spenden. Sinkt die Spendenbereitschaft, sinken auch die staatlichen Zuschüsse: Denn nur wenn ein Projekt zu 25 Prozent aus Spenden finanziert ist, gibt es den Rest aus öffentlichen Mitteln dazu.

Bei den Spendern handelt es sich zum einen um Menschen, die Entwicklungshilfe generell unterstützen wollen oder die Lage in einem speziellen Land persönlich kennen und deshalb helfen. Zum anderen gibt es viele, die aufgrund einer Notsituation spontan zum Portemonnaie greifen. Hans-Joachim Preuss:

2. O-Ton Preuss (dt.):

"Wir machen Werbung und sagen: 'Ihre Spende kommt an.' Wir versuchen, unsere Kosten der Verwaltung so niedrig wie möglich zu halten. Natürlich fallen solche Kosten an, aber um professionelle Arbeit zu leisten, brauchen wir natürlich Geld. Es gibt niemanden, der uns das zur Verfügung stellt oder schenkt. Der zweite Grund ist, dass wir uns direkt an arme Menschen richten, und ich habe die Überzeugung, dass wir mit unserem Ansatz in den Ländern einen wirkungsvollen Beitrag leisten können. Aus diesem Grund hat die Welthungerhilfe mit ihren 200 Mitarbeitern
auch im Jahr 2001 das Gütesiegel des "Deutschen Zentralinstituts für Soziale Fragen" bekommen. Das bekommen nur Organisationen, die nicht mehr als fünf Prozent ihrer Einnahmen für die Verwaltug ausgeben.
Trotzdem fürchtet Hans-Joachim Preuss, dass die Spenden für seine Hilfsorganisation in diesem Jahr stark zurückgehen. Zum einen sei 2002 keine große Hunger-Katastrophe durch die Medien gegangen, meint Preuss. Zum anderen habe die Elbe-Flut in Ostdeutschland dazu geführt, dass die Menschen ihr Geld lieber nach Sachsen und Sachsen-Anhalt gäben.

Bei vielen konkreten Projekten arbeitet die Welthungerhilfe mit anderen Organisationen zusammen. Nur so kann über viele Jahre wirkliche "Hilfe zur Selbsthilfe" geleistet werden. Hans-Joachim Preuss nennt ein Beispiel aus Westafrika:

3. O-Ton Preuss (dt.):
"Wir haben ein Projekt über sehr sehr lange Zeit in Benin, wo wir Brunnen gebaut haben mit Hilfe des Deutschen ntwicklungsdienstes. Im Laufe des Projektes haben sich lokale Strukturen, lokale Gruppen herausgebildet, die einen Großteil dieser Aufgaben mittlerweile selbst übernehmen können. Das heißt, wir brauchen keine Techniker mehr, die gibt es auf lokaler Ebene. Was wir machen, ist Dorfstrukturen dabei zu unterstützen, beispielsweise in Hygiene und präventive Gesundheit zu investieren, Dorfkassen zu gründen, einfach das Management zu erlernen."

Nicht überall läuft es so gut wie in Benin. Einige Länder musste die Organisation wieder verlassen, obwohl die Not dort groß ist. Zurzeit zieht sich die Organisation beispielsweise aus Eritrea zurück. Hier ist die staatliche Unterdrückung einfach zu groß. Einer ihrer Mitarbeiter wurde kürzlich verhaftet. Und im Süd-Sudan sollte die Organisation den lokalen Milizen ihre Autos zur Verfügung stellen. Auch ein Grund, ihre Arbeit dort einzustellen.
In Deutschland versucht der Verein, nicht nur das Elend der Welt zu zeigen. Hans-Joachim Preuss:

4. O-Ton Preuss (dt.):
"Ich würde nicht sagen, dass es einen Zwang gibt, hungernde Kinder im Fernsehen zu zeigen. Aber sie sind Teil der Wirklichkeit, die wir vorfinden. Und ich rechne es unserer Organisation hoch an, dass wir eben auch auf Erfolge hinweisen, wir zeigen auch fröhliche Menschen, beispielsweise mit unseren Aktivitäten während der 'Woche der Welthungerhilfe'. Insofern drücken wir nicht nur auf die
Tränendrüse, sondern zeigen auch die Vielfalt, das Bunte in der Welt, versuchen hier einen Beitrag zu leisten, dass diese Menschen weiterhin fröhlich sind."