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EU klagt gegen neues VW-Gesetz

14. November 2008

Der Bundestag hat die Novelle des VW-Gesetzes verabschiedet, das vor allem von der EU-Kommission und vom Porsche-Konzern kritisiert wird. Die Kommission strebt nun erneut eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof an.

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Logo Volkswagen (AP Photo/Kai-Uwe Knoth, File)
Die von der EU-Kommission kritisierte Sperrminorität des Landes Niedersachsen bei Volkswagen bleibt erhaltenBild: AP

Es ist noch gar nicht so lange her, da sorgten sich nervöse Börsianer um den turbulenten Auf- und Abwärtskurs der Volkswagen-Aktie. Am Donnerstagabend (13.11.2008) bereitete den Abgeordneten des Bundestages in Berlin die Änderung zum VW-Gesetz Kopfzerbrechen. Gegen den Widerstand der EU-Kommission und des Sportwagenherstellers Porsche billigte der Bundestag eine Neufassung des Gesetzes mit großer Mehrheit, wonach dem Land Niedersachsen als zweitgrößtem Aktionär weiterhin ein Vetorecht bei Europas größtem Autohersteller garantiert wird.

Damit rückt eine erneute Klage Brüssels vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in greifbare Nähe. Die EU-Kommission kritisiert nach wie vor die auch in der Neufassung des VW-Gesetzes vorgesehene Sperrminorität von 20 Prozent. Das sichert Niedersachsen bei wichtigen Entscheidungen ein Vetorecht in der Hauptversammlung des Großunternehmens und zementiert somit beim Autohersteller die starke Stellung des Landes, das knapp über 20 Prozent der Aktien von VW hält. Zudem gehe der niedersächsische Ministerpräsident, Christian Wulff (CDU), davon aus, dass es sich bei dem Punkt der Sperrminorität um eine rein nationale Frage handele.

Porsche attackiert Volkswagen

Porsche-Chef Wendelin Wiedeking (AP Photo/Bernd Kammerer)
Übernahme mit Rücksicht? Porsche-Chef Wiedeking will vorerst kein VW-Werk schließenBild: AP

Dagegen kritisiert Wendelin Wiedeking, Porsche-Chef, die Novelle des VW-Gesetzes. Er teilte den Abgeordneten des Bundestages gestern vor der Abstimmung in einem Brief mit, dass die anstehende Änderung des Gesetzes immer noch weitreichende Sonderbedingungen für VW festschreibe. Es sei, so Wiedeking, ordnungspolitisch und europapolitisch äußerst problematisch. Porsche will die Sperrminorität von 20 Prozent auf 25 erhöhen, die dem Aktienrecht zufolge in Europa üblicherweise notwendig sind. In dieser Frage streiten Porsche und das Land Niedersachsen auch schon vor Gericht.

Der VW-Betriebsratschef, Bernd Osterloh, weist die Kritik von Porsche zurück, denn die VW-Beschäftigten seien seit dem Einstieg von Porsche in großer Sorge um ihre Mitbestimmungsrechte und in der Folge um die langfristige Sicherheit ihrer Arbeitsplätze. Porsche hält seit Oktober mehr als 42 Prozent von Volkswagen. "Wer nichts Böses im Schilde führt, der muss sich vor Mitbestimmung und einem VW-Gesetz nicht fürchten", sagt Osterloh. Die dem Land Niedersachsen eingeräumten Sonderregelungen dienten auch dem Schutz des Standortes. Osterloh sieht die vom Bundestag beschlossene Änderung im Einklang mit dem Urteil des EuGH.

Altes Urteil neue Klage

Blick auf den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg
Im Europäischen Gerichtshof kommt es zu einer neuen Verhandlung in einer alten SacheBild: picture-alliance/ dpa

Der EuGH hatte am 23. Oktober des vorigen Jahres der Klage der EU-Kommission stattgegeben. Schon damals war einer der von der Kommission beanstandenden Punkte die Begrenzung der Stimmrechtsausübung auf 20 Prozent des Grundkapitals, wenn der Anteil eines Aktionärs diesen Prozentsatz übersteigt. Die Bundesregierung hatte daraufhin im Mai dieses Jahres eine Änderung des VW-Gesetzes vorgeschlagen und es in zwei von insgesamt drei Punkten geändert.

Dem Gerichtsurteil des EuGH aus dem Jahr 2007 nach verstößt das Gesetz eindeutig gegen EU-Recht und somit gegen die Freiheit des Kapitalverkehrs. Der Binnenmarktkommissar der Europäischen Union, Charlie McCreevy, kündigte an, noch vor Weihnachten weitere rechtliche Schritte einzuleiten. Die Kommission wolle den nächsten Schritt in dem Verfahren wegen Vertragsverletzung beschließen, da die Neufassung des Gesetzes dem Gerichtsurteil nicht nachkomme. Das Verfahren könnte zu einer erneuten Klage vor dem EuGH gegen Deutschland führen. Eine abschließende Entscheidung über das umstrittene und 48 Jahre alte VW-Gesetz werde demnach 2009 oder 2010 erwartet. (hd)