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Absehbar - der Euro nähert sich der Dollar-Parität

Thomas Kirschning28. Juni 2002

Mit über 99 US-Cent testete an diesem Mittwoch (26.06.) der Euro die Parität zum Dollar. Thomas Kirschning meint, hier deutet sich ein ebenso langfristiger wie unschädlicher Aussenwert an:

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Fast auf Augenhöhe: der Euro test die Parität zum DollarBild: AP

Immer noch hält der Ärger über gestiegene Preise im Zuge der Einführung des Euro-Bargeldes an. Noch lange werden wir die Auszeichnung einer Ware in Euro zunächst im Kopf in D-Mark umrechnen, ehe wir glauben, beurteilen zu können, ob die Sache ihren Preis auch wirklich wert ist. Weiterhin fällt das Kramen nach passendem Kleingeld schwer, weil die Münzen so anders sind. Und dann rutschte der Wert des Euro gegen den us-amerikanischen Dollar zunächst monatelang nach unten. Der Euro - eine Erfolgsgeschichte?!

Ja: Die individuelle Mühe der Umstellung auf das neue Geld ist der Preis für die gesellschaftliche Stabilität innerhalb der Euro-Zone, die vergleichsweise geringe Gebühr für ein Zusammenwachsen Europas, das noch vor wenigen Jahren unvorstellbar schien - vor allem mit Blick auf die künftigen EU-Mitglieder in Mittel-Osteuropa.

Zweitens: Die ansonsten bedauerlich schwache Binnennachfrage in Deutschland weist auf die Macht der Verbraucher hin. Wenn wir der Meinung sind, etwas sei zu teuer geworden, dann weichen wir auf günstigere Anbieter aus oder üben gleich Konsumverzicht. Die rückläufigen Umsatz-Statistiken von Gastronomie und Einzelhandel belegen das. Was also Konjunkturoptimisten das Leben schwer macht, bringt auf Dauer die Preise wieder auf Normalmaß.

Drittens: Seitdem die Menschen hier wie anderswo das Euro-Bargeld in den Händen halten können, er also keine 'virtuelle' Umrechnungseinheit mehr ist, erholt sich auch dessen Aussenwert. Seit Anfang des Jahres hat er gegenüber der US-Devise zehn Prozent an Wert gewonnen. In Moskauer Wechselstuben wurde der Euro jetzt sogar zwischenzeitlich höher notiert als der Dollar.

Ein Blick auf die Wechselkurse zu anderen Währungen der Welt zeigt allerdings, dass man schon seit einiger Zeit nicht von einer Stärke der europäischen Währung sprechen kann, sondern von einer Schwäche des Dollars. Die US-Konjunktur kommt nicht recht in Fahrt - jedenfalls nicht so rasch, wie es die berühmten Analysten erwartet hatten. Den Dollar drücken auch die Angst vor weiteren Terroranschlägen und die ungelösten Konflikte im Nahen Osten sowie zwischen Pakistan und Indien. Und als am Mittwoch dann ein weiterer milliardenschwerer Bilanz-Skandal in den USA die Börsen rund um den Globus erschütterte, wurde einmal mehr rasch von Dollar in Euro umgeschichtet.

Im Grunde aber handelt es sich um die Beendigung eines rund drei Jahren währenden Höhenflug des Dollars. Der hat dazu beigetragen, daß deutsche Exporte im Dollar-Raum relativ günstig zu bekommen waren. Ein steigender Euro, mithin auch eine dauerhafte Euro-Dollar-Parität, sei Ursache für nachlassende deutsche Export-Erfolge, warnt jetzt der Chef des Internationalen Währungsfonds, Horst Köhler.

Dem ist entgegenzuhalten, daß sich die großen deutschen Exporteure mit Dollar-Kunden längst über Termingeschäfte auf eine Währungsparität hin abgesichert haben. Zudem: Ein stärkerer Euro dämpft die Inflation hierzulande. Denn steigende Weltmarktpreise etwa für Rohöl können besser kompensiert werden. Das wird die Europäische Zentralbank dazu bewegen, die Zinsen niedrig zu halten. Dies wiederum verbilligt hierzulande Investitionen und das ist gut für Wachstum und Arbeitsplätze.

Auch wenn der Kurs des Euro in naher Zukunft noch ein bißchen unter der Dollar-Marke bleibt: Mittel- und langfristig haben sich Lieferanten und Abnehmer auf Parität eingestellt. Die Devisenmärkte folgen, weil sie auf Dauer begreifen, dass die Waren-Märkte letztlich die wahren Märkte sind, auf denen sich Preise bilden.