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Gewalt geht weiter trotz Rundem Tisch

13. Mai 2014

In der Ostukraine spricht mehr für Bürgerkrieg als für Versöhnung. Bei Gefechten wurden acht ukrainische Soldaten getötet, melden die Separatisten. Ungeachtet dessen richten sich Hoffnungen auf den Runden Tisch in Kiew.

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Prorussische Separatisten aus Luhansk im Osten der Ukraine (foto: AP)
Bild: ap

In der Ostukraine geht das Blutvergießen weiter. Bei neuen Gefechten nahe der Stadt Slowjansk haben prorussische Kräfte nach eigenen Angaben mindestens acht Soldaten der Regierungstruppen getötet und sieben verletzt. Auch die Separatisten hätten Verluste erlitten, sagte der selbst ernannte "Volksbürgermeister" von Slowjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, der Agentur Interfax. Eine unabhängige Bestätigung gab es zunächst nicht. Bei den nächtlichen Gefechten hätten die moskautreuen Kämpfer auch "mehrere" gepanzerte Fahrzeuge zerstört, behauptete Ponomarjow.

Erst am Vortag waren bei einem Angriff auf eine Militärkolonne mindestens sieben Soldaten getötet worden. Die Einheit sei etwa 20 Kilometer westlich der Großstadt Kramatorsk in einen Hinterhalt geraten, teilte das Verteidigungsministerium mit. Dabei seien auch Granatwerfer gegen die Truppe mit gepanzerten Fahrzeugen eingesetzt worden. Im abtrünnigen Gebiet Luhansk wurde der selbst ernannte "Volksgouverneur" Waleri Bolotow angeblich bei einem Attentat angeschossen. Die Separatisten machten Regierungskräfte dafür verantwortlich.

Steinmeier in Paris

Unterdessen gehen die diplomatischen Bemühungen zur Entschärfung der Krise weiter. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier ist in Paris mit seinem französischen Amtskollegen Laurent Fabius zusammengetroffen. Dabei stand auch die Ukraine-Krise auf dem Programm. "Es ist jetzt jeder Tag entscheidend", sagte Steinmeier. Auch Fabius rief dazu auf, dass der "nationale Dialog jetzt starten muss".

Steinmeier und Fabius wollen am Donnerstag in London am Rande einer Syrien-Konferenz mit dem britischen Außenminister William Hague und dem US-Chefdiplomaten John Kerry über die Ukraine-Krise sprechen. Er hoffe, dass dann vielleicht schon eine erste Bewertung möglich sei, "wie der nationale Dialog in der Ukraine in Gang gekommen ist", sagte Steinmeier.

Beide Außenminister betonten erneut die Bedeutung der Präsidentenwahlen für eine Beruhigung der Lage. Die westlichen Partner müssen nach seinen Worten nun "Tag für Tag" Möglichkeiten absprechen, "wie wir die Konfliktbeteiligten in der Ukraine und jenseits der Ukraine beeinflussen müssen, um die Wahlen am 25. Mai möglich zu machen", sagte der Bundesaußenminister.

Am Dienstag hatte Steinmeier die Ukraine besucht und warb bis zuletzt für die Idee des "nationalen Dialogs" zwischen den prowestlichen und prorussischen Lagern, die sich seit Wochen hoch bewaffnet gegenüberstehen. Unmittelbar vor dem geplanten Verhandlungsauftakt am so genannten "Runden Tisch zur Nationalen Einheit" haben sich die Fronten in der Ex-Sowjetrepublik jedoch eher noch verhärtet. Vertreter der abtrünnigen Regionen Donezk und Luhansk im Osten des Landes sind erst gar nicht nach Kiew eingeladen worden.

Frankreichs Außenminister Fabius, Präsident Hollande und Bundesaußenminister Steinmeier im Elysee Palast in Paris
Einvernehmen in Paris: Frankreichs Außenminister Fabius, Präsident Hollande und Bundesaußenminister Steinmeier (v.l.)Bild: Reuters

"Alles Terroristen"

Russland verlangte erneut, die Ergebnisse der jüngsten Referenden in den östlichen Regionen "zu respektieren" und die Separatisten noch vor den geplanten Präsidentenwahlen am 25. Mai in einen Dialog miteinzubeziehen.

Die Zentralregierung der Ukraine bekräftigte hingegen, Verhandlungen seien nur mit Kräften möglich, die "legitime politische Ziele" verfolgten und "kein Blut an den Händen" hätten. Die "Terroristen" müssten ihre Waffen niederlegen. Dieser Standpunkt wird von vielen westlichen Regierungen geteilt. So machte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag eine Teilnahme der prorussischen Kräfte an den Gesprächen von einem Gewaltverzicht abhängig.

Der Präsident des russischen Abgeordnetenhauses, Sergei Naryschkin, stellte die Legitimität der Ukraine-Wahl in Frage. Der Sieger der Präsidentenwahl werde keine vollständige Legitimität besitzen, sagte er dem staatlichen Fernsehsender Rossija-24.

"Marionetten des Westens"

Die moskautreuen Separatisten hatten sich am Sonntag in einem international umstrittenen Referendum von der Ukraine losgesagt und ihre selbst ernannten "Volksrepubliken" für unabhängig erklärt. Ein Dialog über "nationale Einheit" macht für sie keinen Sinn. Sie lehnen zudem die Übergangsregierung in Kiew als "Faschisten" und "Putschisten" ab, die nur "Marionetten des Westens" seien. Wie Russland verlangen sie eine Einstellung des so genannten "Anti-Terror-Einsatzes" der Regierungskräfte.

An dem Runden Tisch sollen nach Angaben aus Kiew Regierungschef Arseni Jazenjuk sowie die Ex-Präsidenten Leonid Kutschma und Leonid Krawtschuk teilnehmen. Wolfgang Ischinger - deutscher Ex-Botschafter und Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz - werde im Auftrag der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) vermitteln und moderieren. Ferner sollen Kandidaten der Präsidentenwahl sowie führende Persönlichkeiten aus den krisengeschüttelten Regionen Donezk und Luhansk ins Parlament, die Oberste Rada, kommen.

Erhofft wird im Westen vor allem, dass der Runde Tisch die Spannungen soweit abbauen kann, um einigermaßen glaubwürdige Präsidentschaftswahlen in möglichst vielen Landesteilen durchführen zu können. Bundesaußenminister Steinmeier formulierte nach seinen Gesprächen in Kiew und Odessa sehr diplomatisch: "Ich hoffe, dass die Wahl so stattfindet, dass es anschließend gelingt, eine nach vorn gerichtete Atmosphäre vorzufinden".

cr / sti (APE, rtre, dpa, afp)