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Ackermann ausgezeichnet

16. November 2010

Er gilt nicht eben als beliebt. Umso mehr darf sich Josef Ackermann jetzt über die Auszeichnung "European Banker of the Year" freuen. Ein Preis für einen so umstrittenen Mann? Die Jury hat gute Gründe.

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Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Josef Ackermann (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/ZB

Ausgerechnet die sonst so kritischen Wirtschaftsjournalisten haben einen der umstrittensten Köpfe der deutschen Wirtschaft zum "Banker of the Year" gekürt. Jetzt oder nie müsse Josef Ackermann den Preis bekommen, sagt die Jury, er habe die Deutsche Bank grandios durch die Finanzkrise gelotst. "Wir wollen mit diesem Preis auch einen Kontrapunkt setzen zur öffentlichen Wahrnehmung von Josef Ackermann in Deutschland", erläutert der stellvertretende Chefredakteur des Handelsblatts, Hermann Josef Knipper.

Der Entscheider

Ackermann ist mehr als nur ein Bankmanager. Er ist der mächtigste Banker Deutschlands, ein Mann, der mit allen Fasern das ausstrahlt, was er ist: Ein Macher, ein Chef, ein Manager, ein Entscheider. Seit gut vier Jahren ist er Vorstandschef der Deutschen Bank - zum ersten Mal sitzt ein Mann auf diesem Posten, der nicht aus Deutschland kommt.

In seinem Heimatland, der Schweiz, lernt Ackermann bei der Credit Suisse sein Managerhandwerk und ist dort auch drei Jahre lang Chef. 1996 ruft ihn die Deutsche Bank AG nach Frankfurt. Nach zehn Jahren in den obersten Etagen wird er dort dann selbst Chef.

Von Anfang an siegessicher

Josef Ackermann zeigt das Victory-Zeichen (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/dpaweb

Richtig bekannt in der Öffentlichkeit wird Ackermann, als er 2004 zusammen mit fünf weiteren schwergewichtigen Managern wegen Untreue vor Gericht steht. Zu Beginn des sogenannten Mannesmann-Prozesses hält er siegessicher das Victory-Zeichen in die Kameras. Er soll Recht behalten: Nach vier zähen Jahren ist der spektakulärste Strafprozess der deutschen Wirtschaftsgeschichte zu Ende. Die sechs Herren werden freigesprochen – als Gegenleistung gibt es eine Geldbuße in Millionenhöhe, die die Angeklagten mal eben aus der Portokasse zahlen.

In der Öffentlichkeit hat Josef Ackermann seinen Ruf weg: Einer von den aalglatten Bossen, die mit Geld alles erreichen können. Das personifizierte Böse des grassierenden Raubtierkapitalismus. Der Kopf einer gewinnorientierten Manager-Horde ohne jegliches soziales Gewissen. Die Bestie in Nadelstreifen.

Aus Deutschland heraus ganz nach vorne

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Josef Ackermann, während einer Bilanz-Pressekonferenz in Frankfurt am Main (Foto: AP)
Bild: AP

Vielleicht braucht man diesen Ruf, um seinen Job im Haifischbecken der Finanzwelt gut zu machen. Und das tut Ackermann: Er bringt die Deutsche Bank auf Vordermann; das Bankhaus macht Jahr für Jahr höhere Gewinne. Er schafft es innerhalb weniger Jahre, die Bank zu einem der Global Player auf dem internationalen Finanzmarkt zu machen.

Dabei bleiben manche auf der Strecke. Die Deutsche Bank trennt sich von Industriebeteiligungen, und sie trennt sich auch von gut 20.000 Mitarbeitern. Man interessiert sich nicht mehr so sehr für die Privatkunden, sondern geht weitaus lukrativere Geschäftsbeziehungen mit Großkunden ein. Sich beliebt zu machen, ist nicht Ackermanns Job.

Skandalöse Tafelrunde

Doch Freunde hat natürlich auch er - in den allerhöchsten Kreisen. Und so ist es auch ganz selbstverständlich, dass Josef Ackermann im Sommer 2008 ein Abendessen im Kanzleramt gibt - eingeladen von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Erst vierzehn Monate später kommt dieser "ungeheuerliche" Vorfall an die Öffentlichkeit – und füllt für ein paar Tage das damalige Sommerloch.

Weniger boulevardträchtig ist die Tatsache, dass die Finanzwelt zu dieser Zeit von der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise erschüttert wird - und dass Josef Ackermann es schafft, die Deutsche Bank weitgehend unbeschadet aus dem Desaster herauszulotsen und währenddessen auch noch die Weichen zu einer Fusion mit der Postbank zu stellen. Ein genialer Coup, denn damit hat die Deutsche Bank den Privatkundensektor wieder mit im Boot und ist nun mächtig wie nie zuvor.

Ein Mann mit Charisma

Josef Ackermann mit schicker Sonnenbrille (Foto: dpa)
Der George Clooney des Bankenwesens?Bild: picture-alliance/dpa

Josef Ackermann ist knallharter Geschäftsmann, der im Gegensatz zu vielen seiner übergewichtigen Kollegen eine durchaus angenehme Erscheinung ist – top gestylt, legerer Maßanzug, graumelierte Haartolle. Der Mann hat Stil, er ist ein Siegertyp mit Macht; faszinierend, gefährlich und attraktiv wie aus einem Wirtschaftskrimi made in Hollywood. Noch nicht einmal die Bundeskanzlerin schafft es, vor einer Pressekonferenz die Luft so knistern zu lassen wie dieser Bankchef mit dem Schweizer Akzent.

Autorin: Silke Wünsch
Redaktion: Dеnnis Stutе