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Adenau – ein Eifel-Städtchen rockt

1. Juni 2010

Mitten in der tiefsten Eifel liegt Adenau - 3000 Einwohner und eine Attraktion: der Nürburgring. Von dort dröhnen einmal im Jahr keine Motoren sondern Musik - beim Festival "Rock am Ring". Rocken die Adenauer mit?

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Ansicht von Adenau (Foto: DW)
Bild: DW

Hinter dem steilen Hügel liegt er, der Nürburgring, die legendäre Rennstrecke. Stoßstange an Stoßstange knattern Motorräder und aufgemotzte Sportwagen in Kolonne durch den Ort in Richtung Ring. Sie alle brausen am Second Hand Laden von Ute Retterath vorbei. "Das ist heute noch harmlos! Beim Festival haben wir Verkehr ohne Ende, dann staut sich das hier überall", meint Ute Retterath, während sie ihre Kleiderständer vor dem Laden ordnet. Sie zeigt hinunter zum Marktplatz. "Da wird dann überall geparkt. Auf beiden Straßenhälften", dann herrsche Verkehrschaos im Städtchen.

Die PS-Karawane - für Adenauer Alltag

Schon jetzt sieht man vor lauter Autos kaum die hübschen Fachwerkhäuser, dabei hat das Musik-Event noch gar nicht angefangen. Die Geschäftsfrau streicht sich kurz durch die schwarzen Haare, grinst, ihre Lösung für die Rock-Tage: Das Auto stehen lassen oder Schleichwege fahren.

Rund 80 Tausend Musik-Fans kommen jedes Jahr zu "Rock am Ring". Ob sie da nicht auch von den Rock-Fans profitiert? Ute Retterath winkt ab. Bei ihr sei noch kein Festival-Besucher in den Laden gekommen.

Ina Dickstein vom Gasthaus "Gezeiten" zapft ein Pils und lächelt in die Kamera (Foto: DW)
Gut gezapft und gut gelauntBild: DW

Nebenan im Gasthaus "Gezeiten" zapft die Chefin gerade gut gelaunt das erste Bier an diesem Morgen. Beim Stichwort "Rock am Ring" sprudelt sie: "Man freut sich, dass so viele junge Leute hier her kommen. Die ersten Festivals habe ich selbst miterlebt. 'Foreigner' waren ein großes Highlight - und 'Pur'. Aber am meisten hat mich die schöne Atmosphäre beeindruckt."

Stimmung aber kein Geld

Dieses Jahr wird sie aber nicht mit dabei sein. Sie muss hier hinter dem Tresen die Stellung halten, und schauen, dass ihr nicht alle jungen Mitarbeiter über die Festival-Tage abspringen. Aber, meint sie dann nachdenklich, Extrapersonal brauche sie für die Zeit auch nicht. Denn die Rockmusikfans seinen alles Selbstversorger. "Die wollen auf ihrem Zeltplatz Party feiern. Und da hab ich absolut Verständnis dafür. Wir in der Gastronomie profitieren da aber gar nicht davon."

Musikfans haben das Städtchen aufgemischt

Motoradfahrer sitzen im Straßencafé (Foto: DW)
Rasten macht LauneBild: DW

Nur vor den Supermärkten werden in ein paar Tagen die jungen Leute Schlange stehen. Am Marktplatz plätschert der Springbrunnen, daneben sitzen ein paar holländische Motorradfahrer. Sie kommen gerade von der Rennstrecke, erzählen sie, und fotografieren eifrig die Fachwerkhäuser. In einem dieser alten Gemäuer, quasi in zweiter Reihe hinter dem Marktplatz, sitzt ein großgewachsener Mann hinter seinen Akten: Arnold Hoffmann, Bürgermeister und seit 51 Jahren echter Adenauer. "Ich kann mich an die ersten Festivals erinnern, weil das Furore gemacht hat als die Rocker hier in die Eifel kamen", erzählt Hoffmann. "Das war die ersten paar Jahre chaotisch, die Leute haben sich beklagt, dass in die Vorgärten uriniert wurde. Aber das hat sich heute gebessert."

"Das sind unheimlich nette Leute"

Bürgermeister Arnold Hoffmann freut sich auf das Festival (Foto: DW)
Bürgermeister Arnold HoffmannBild: DW

Dixi-Klos oben am Ring, das Adenauer Schwimmbad zum duschen, einen Shuttlebus zum Festival und lange Öffnungszeiten in den Supermärkten - alles für die Rockmusik-Fans, schmunzelt der Bürgermeister. Die "Leute mit langen Haaren, die zum Teil auch als Teufel verkleidet herum laufen" hätten das Örtchen mitten in den Eifel-Hügeln anfangs geschockt. Doch da habe sich im Laufe der Zeit deutlich etwas verändert, findet Hoffmann. "Die Art und Weise, wie man den Rockern begegnet. Entgegen den ursprünglichen Berührungsängsten hat man jetzt festgestellt, dass das unheimlich nette Leute sind."

Aber natürlich, meint er, auch wenn die meisten Gäste direkt am Ring zelten und nur für den Supermarkt in den Ort kommen, sei das Musikfestival ein großer Wirtschaftsfaktor für das kleine Adenau. Denn der Ort profitiere langfristig davon. "Es kommen Leute zu Rock am Ring, die wollen abrocken. Und dann sagen sie hierher komm ich noch mal im Herbst mit der Familie, zum Wandern."

Festival-Mitarbeiter - lukrativ für Hotels

Mandy Gödde vom Hotel Sonnenhof erledigt vieles mit dem Telefon (Foto: DW)
Mandy Gödde in ihrem ElementBild: DW

Doch es gibt durchaus Einige im Ort, die schon jetzt kräftig am Festival verdienen. Ganz oben am Berg zum Beispiel, das Hotel Sonnenhof: Landhausstil, viel Holz, vier Sterne. Hinter der Rezeption checkt Mandy Gödde die Buchungen. Ein Blick genügt. "Hier, wie Sie sehen können, wir sind über die Festival-Tage komplett dicht. "MTV, der Musiksender, hat gleich das ganze Hotel gebucht, 180 Euro kostet das Doppelzimmer. "Seit 17 Jahren gibt es das Hotel jetzt. Die MTV-Leute sind bei uns schon so etwas wie Stammgäste. Das ist eine sichere Bank."

Die Frau von der Rezeption eilt in die Küche. Dienstbesprechung, denn während des Festivals müssen die Köche Extraschichten schieben. Die Gäste kommen nämlich stets mitten in der Nacht zurück, hungrig.

Es geht los, die ersten kommen schon…

Auch unten in den Hotels am Marktplatz haben sich Radiosender und Techniker eingebucht. Ein Kleinbus parkt gerade ein. Eine handvoll Jungs schälen sich aus den Sitzen: "Wir sind die Bühnenbauer für 'Rock am Ring'. Ob das Stress ist? Nee, Routine. Zimmer, Arbeit, Aufbau, und weiter."

An der Haltestelle wartet der Busfahrer auf Gäste. Noch sei es wie immer, meint der Fahrer, ruhig. Doch das würde bald anders, denn auch er legt bei Rock am Ring immer Sonderschichten ein. Und das heißt für ihn Stress. "Es gibt so viele Besoffene, das ist echt anstrengend." Dann zeigt er auf drei langhaarige Rucksacktouristen, die auf den Bus zulaufen und grinst - da seien sie schon, die ersten Rocker!

Autorin: Miriam Klaussner

Redaktion: Conny Paul