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AfD-Klage gegen Kritik Seehofers erfolgreich

9. Juni 2020

Es geht um die Frage, wieviel Parteipolitik ein Minister über seine Informationskanäle betreiben darf. Zum konkreten Prüffall wurde ein Interview, das Seehofer auf der Internetseite seines Hauses veröffentlichte.

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Konfrontation im Bundestag: AfD-Fraktionschefin Weidel am Rednerpult, Seehofer auf der Regierungsbank (ganz links)Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Die AfD hat im Rechtsstreit um eine harsche Kritik von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) an der Partei einen Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht errungen. Das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe entschied, dass Seehofer die rechtspopulistische AfD durch die Veröffentlichung von kritischen Interview-Äußerungen auf der Internetseite seines Ministeriums in ihrem Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb verletzt habe.

"Das ist staatszersetzend"

Seehofer, der damals auch noch Chef der CSU war, hatte in dem später auf der Ministeriumsseite veröffentlichten Interview im September 2018 über die AfD-Fraktion unter anderem gesagt: "Ich kann mich nicht im Bundestag hinstellen und wie auf dem Jahrmarkt den Bundespräsidenten abkanzeln. Das ist staatszersetzend." Außerdem sagte er: "Die stellen sich gegen diesen Staat. Da können sie tausend Mal sagen, sie sind Demokraten."

 Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei seiner voraussichtlich letzten Urteilsverkündung (Foto:picture-alliance/dpa/U. Deck)
Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei seiner voraussichtlich letzten UrteilsverkündungBild: picture-alliance/dpa/U. Deck

Mit seinen Äußerungen habe Seehofer tatsächlich gegen das Gebot staatlicher Neutralität verstoßen und die Partei in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt, entschied nun der Zweite Senat des Gerichts. "Die Zulässigkeit der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung endet dort, wo Werbung für oder Einflussnahme gegen einzelne im politischen Wettbewerb stehende Parteien oder Personen beginnt", betonte der scheidende Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei seiner voraussichtlich letzten Urteilsverkündung. Insbesondere müsse der Rückgriff auf mit dem Amt verbundene Ressourcen unterbleiben.

"Wichtiger Beitrag zur politischen Hygiene"

Der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen bezeichnete die Gerichtsentscheidung als "wichtigen Beitrag zur politischen Hygiene in Deutschland". Die Richter hätten festgestellt, dass Seehofer keine "Regierungsressourcen" nutzen dürfe, "um die Opposition zu diffamieren", erklärte Meuthen. Die Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Alice Weidel, forderte sogar den Rücktritt von Seehofer. 

Direkte Konsequenzen für den Minister hat das Urteil nicht. Das Interview steht schon lange nicht mehr auf der Internetseite. Seehofer hatte es im September 2018 der Deutschen Presse-Agentur gegeben. Im Februar 2018 hatte das Verfassungsgericht in einem ähnlichen Fall im Streit um  eine AfD-kritische Pressemitteilung der früheren Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) ebenfalls entschieden, dass die Ministerin damit das Recht der Partei verletzt habe.

sti/AR (afp, dpa, rtr)