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Afrika drückt aufs Gaspedal

25. Juni 2010

Es ist nicht der erste Gasstreit, der zwischen Russland und Weißrussland tobt und Westeuropa beunruhigt. Um weiter genug Gas zu haben, schaut man sich nach Alternativen um – in Afrika. Denn dort gibt es Erdgas satt.

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Baustelle mit Erdgasleitungen in Algerien (Foto: dpa)
Verlegen von Erdgasleitungen in der Sahara bei Biskra in AlgerienBild: AP

Stefan Liebing ist ständig auf Achse. Seit er für das internationale Gasgeschäft beim deutschen Energieversorger EnBW verantwortlich ist, sitzt er immer häufiger im Flieger nach Afrika. Hier ein Treffen mit Partnern in Nigeria, dort ein Termin mit einem Minister in Kamerun. Liebing wittert ein gutes Geschäft, denn immerhin acht Prozent der weltweiten Erdgasreserven schlummern in Afrika. "Der interessante Aspekt dabei ist, dass vieles noch nicht an große Unternehmenskonsortien vergeben ist, wie das in vielen anderen Öl- und Gasregionen der Welt der Fall ist. Ich glaube hier kann man noch neue Projekte entwickeln und das wollen wir uns anschauen", sagt der Experten.

Arbeiter auf einer Öl-Plattform in Nigeria (Foto: dpa)
In Nigeria sind massive Öl- aber auch Erdgasreserven vorhandenBild: picture-alliance/dpa/dpaweb

Teurer Transport

Damit afrikanisches Gas in Europa Fuß fassen kann, muss aber vor allem der Transport günstiger werden. Bisher gibt es zwei Wege: Bereits jetzt verbindet eine Pipeline Nordafrika mit Europa. Sie soll verlängert werden und in Zukunft bis Westafrika reichen. Bis es soweit ist, wird das Gas weiter in Nigeria, Kamerun oder Angola in eine Flüssigkeit umgewandelt, auf Schiffen nach Europa gebracht und dort wieder in Gas umgewandelt. Ein teurer Prozess, der für viele Firmen nicht wirtschaftlich ist.

So zum Beispiel in Nigeria. Im Nigerdelta gibt es große Ölreserven - und Erdgas. Mangels Kaufinteressenten wird das Gas aber einfach abgefackelt. Für David Ugolor vom Afrikanischen Netzwerk für Umwelt und ökonomische Gerechtigkeit in Nigeria ist das eine Riesenverschwendung, die aber bisher nicht verhindert werden konnte: "Ich kann nicht erkennen, dass diese Regierung fähig ist, das Gasabfackeln zu stoppen. Die Regierung hat den Firmen schon mehr als drei Fristen gesetzt, aber leider haben sie die nie eingehalten." Für die Firmen sei es nach wie vor billiger das Gas zu verbrennen, als es umzuwandeln, so Ugolor weiter. "Dabei wäre genau das sehr gut für den Energieverbrauch unseres Landes."

Erdgas gegen Stromausfall

Ugolor spricht damit die katastrophale Stromsituation in Nigeria an. Denn das Land besitzt weltweit die größten Erdgasreserven. Und Nigeria könnte das Erdgas eigentlich gut gebrauchen. Zum Beispiel für die Stromversorgung, denn bisher kommt es ständig zu Stromausfällen. Firmen verlassen daher das Land, zum Beispiel Richtung Ghana. Dabei gibt es Alternativen zum Abfackeln des Gases, meint Stefan Liebing von EnBW aus Deutschland: "All die kleinen Produktionsmengen für den Export zusammen zu bringen, wäre zu teuer. Aber man kann beispielsweise Kleinanlagen zur Energieerzeugung direkt im Umfeld der Produktionsanlagen von Erdgas bauen. So könnte man auch etwas für die Kommunen und die lokale Bevölkerung dort tun."

Frau mit Brennholzkocher in Nigeria (Foto: dpa)
Bei der lokalen Bevölkerung kommt das Erdgas nicht an, sie kochen weiter - wie diese Nigerianerin - mit BrennholzBild: DARE

Im großen Stil

Ein guter Plan, der bisher aber kaum umgesetzt wird. Wie bei allen Rohstoffen denken die beteiligten Firmen und Regierungen lieber im großen Stil. Vor der Küste Nigerias sollen in den nächsten Jahren 30 Milliarden Kubikmeter Erdgas gefördert werden. Das entspricht einem Drittel des gesamten afrikanischen Erdgasverbrauchs. Und vor der angolanischen Hafenstadt Soyo fließen ab dem Jahresende jährlich knapp sieben Milliarden Kubikmeter Erdgas durch die Pipelines. Ob es nur in den Westen fließen wird oder auch bei der afrikanischen Bevölkerung ankommt, steht noch nicht fest. Fakt ist: Neben der nationalen angolanischen Ölfirma Sonangol, haben in Soyo auch die großen Ölmultis wie Chevron, Total und BP investiert. Stefan Liebing von EnBW ist hier zu spät aus dem Flieger gestiegen.

Autor: Adrian Kriesch

Redaktion: Stephanie Gebert