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Das BuJazzO kehrt heim

Suzanne Cords 4. Juni 2013

Musikalisch um viele Erfahrungen reicher und voller bunter Eindrücke kehrt das Bundesjazzorchester in die Heimat zurück. Aus Westafrika bringt der Nachwuchs vor allem eins mit: die Erinnerung an magische Momente.

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Das Jugendjazzorchester (Bujazzo) beim Jazzfestival in Saint Louis (Foto: DW/Babou Diallo)
Bild: DW/B. Diallo

Müde, aber mit glänzenden Augen landeten die 19 Musiker nach ihrer 23-tägigen Tournee am Düsseldorfer Flughafen. Da störte es auch keinen, dass nicht alle Koffer mit an Bord waren, denn die Eindrücke der letzten Wochen wiegen schwerer im Gepäck als technische Pannen.

Vorher waren Guinea-Bissau und Senegal nur zwei unbekannte Flecken auf der Landkarte, jetzt kommen die Jazzer gar nicht mehr aus dem Schwärmen über Orte mit exotischen Namen wie Kaolack, Ziguinchor oder Bissau raus. "Wir haben es geschafft, unerhörte Musik zu spielen und die Herzen der Menschen vor Ort zu erreichen", freut sich BuJazzO-Projektleiter Dominik Seidler. Und in der Tat war es immer wieder die Musik, die die Menschen einander näher brachte. Mit Englisch kam man nicht sehr weit, Französisch- und Portugiesischkenntnisse waren gefragt. "Wer kann das schon", lacht Seidler, "aber zur Not tut es ja auch die Zeichensprache  - und eben die Musik. Sie war die Basis, die alle vereint hat."

Vier senegalesische und drei mauretanische Musiker begleiteten das BuJazzO auf seiner Tour von Saint-Louis über Dakar im Senegal bis hin zur Stadt Bissau in Guinea-Bissau: der bekannte Balafon-Virtuose Djiby Diabaté zum Beispiel, die Sängerin Goundo Cissokho oder der Kora-Spieler Ablaye Cissoko. Anders als geplant und auf persönliche Initiative des Botschafters blieben auch die Kollegen Cheick Labbiat, Aly Ndao und Cheickou aus Mauretanien bis zum Schluss mit von der Partie. Und weil das BuJazzO sich so international verstärkt sah, taufte man es auf den Projektnamen GlobalMusicOrchestra um.

Ein Sprung ins kalte Wasser

Das BuJazzO mit afrikanischen Musikern auf der Bühne (Foto: @bujazzo)
Die afrikanischen Ursprünge des JazzBild: Mike Herting

Weder die Deutschen noch die Afrikaner wussten im Vorfeld genau, was auf sie zu kommen würde. Die Noten wurden quasi erst am Flughafen verteilt, und man ist direkt ins kalte Wasser geschubst worden", erzählt Seidler. Sieben Tage lang beschnupperte man sich, improvisierte, probte und ging dann gemeinsam auf die Bühne. Erste Station war das Jazzfestival in Saint-Louis, wo die Gäste vom Publikum frenetisch gefeiert wurden.

Die Kernidee des Projekts lautete, die auf drei Schläge basierende afrikanische Musik in Kontakt mit der europäischen beziehungsweise amerikanischen Jazzmusik zu bringen, die eher auf zwei Schlägen basiert. Aus dieser Reibung "Zwei gegen Drei" entsteht der wahre Swing; davon war der künstlerische Leiter Mike Herting überzeugt. Und so war's dann auch, das Konzept ging auf. Traditionelle afrikanische Rhythmen und Gesänge harmonierten so perfekt miteinander, als ob sie schon immer gemeinsam an den Start gegangen seien. Balafon und Kora jammten mit Saxofon und Holzbläsern um die Wette, und Schlagzeug und Trommel vibrierten im Takt.

Plastiktrommeln und Grillfisch

Doch die magischsten Momente erlebten die jungen BuJazzOs abseits offizieller Termine. Dann nämlich, wenn die einheimischen Musiker sie mit nach Hause nahmen und man abseits der Kulturattaché-Szene in der Lehmhütte spontan los jammte und die Hausfrau Fisch für alle auf den Grill legte.

Oder wenn auf einem Dorfplatz in Bissau plötzlich Plastikeimer zu Trommeln mutierten und Kinder, Alte und die deutschen Gäste einträchtig tanzten und spielten. "Es war beeindruckend für unsere jungen Leute zu sehen, wie arm so mancher afrikanische Musiker ist und wie er kämpfen muss, um zu überleben. Und trotzdem wurden wir immer wieder eingeladen und mit offenen Herzen empfangen", erzählt Dominik Seidler. "Solche Eindrücke werden unsere Musiker ein Leben lang begleiten."

Musik statt Politik

Die Deutschen waren nicht als Vorzeigemusiker angetreten, sondern als Jazznachwuchs auf Augenhöhe. "Wir wollten auf keinen Fall diesen Schaufenstercharakter haben nach dem Motto: Wir kommen, spielen euch was vor, und ihr hört zu, im Gegenteil", betont Seidler.

Stattdessen bemühte sich das BuJazzO, der einheimischen Kultur ihren Respekt zu erweisen und transkribierte zum Beispiel noch im Tourbus nach Bissau ein Musikstück des Musikers José Carlos Schwarz. "In Deutschland kennt den keiner, aber in Guinea-Bissau ist er fast ein Nationalheld. Als wir sein Lied spielten, skandierten die Leute lauthals "BuJazzO - BujazzO".

Dominik Seidler mit Tourguide Moustapha Baldé (Foto: Mike Herting)
Dominik Seidler mit Tourguide Moustapha BaldéBild: Mike Herting

Überhaupt war dieser Auftritt wohl wichtiger als der beim Jazzfestival in Saint- Louis, sind sich die Musiker einig. Dazu muss man wissen, dass es in Guinea-Bissau vor kurzem einen Putsch gab. Ein schwieriges Pflaster also für Reisende aus aller Welt, umso mehr freuten sich die Einwohner über den musikalischen Abstecher der BuJazzOs in ihr Land. Rund 1500 Zuschauer versammelten sich auf der Praça Che Guevara. Das letzte ausländische Konzert hatte in Bissau vor 35 Jahren stattgefunden, damals stand das Staatsorchester Kubas auf der Bühne.

"Natürlich sind wir auch verantwortlich für die jungen Musiker, und dann vermeidet man, mit einem Bus voller Weißer durch Krisenregionen zu fahren", stellt Seidler klar. Aber man kann ja auch fliegen. "Ich sage mal, unser Ziel ist es, die Musik zu den Leuten zu bringen, das ist viel wichtiger als die Politik. Aber ich behaupte auch, wir haben dem Ansehen Deutschlands dort politisch unglaublich genutzt."

Unterm Vollmond

Genutzt hat den Jazzern auch, dass sie sich offen zeigten für den afrikanischen Rhythmus und immer wieder Lieder der Einheimischen einstudierten, die überall  begeistert mitgesungen wurden - "Fatou Yo" zum Beispiel. Anders als in Deutschland hielt es das Publikum in Afrika nicht lange auf den Stühlen; sie tanzten, sangen und feierten ausgelassen, und die BuJazzOs mit Mike Herting an der Spitze strahlten bei so viel Anerkennung und Lebensfreude vor lauter Glück.

Applaudierndes Publikum des BuJazzO in Saint-Louis (Senegal) Copyright: @bujazzo Mai, 2013 Bild (samt Copyright Freigabe) geliefert von DW/Suzanne Cords.
Das Publikum war begeistert von den BuJazzO-Klängen à la AfrikaBild: bujazzo

Jetzt hoffen alle Beteiligten, dass das Experiment Westafrika nicht einfach klanglos zu Ende geht. Erste schüchterne Anfragen hat das BuJazzO schon gestartet. Sieben afrikanische Musiker nach Deutschland zu bringen, koste ja nicht die Welt, findet Projektleiter Domnik Seidler und fügt spitzbübisch hinzu: "Die Musik hat was ganz Besonderes erzeugt. Sie braucht nicht den senegalesischen Vollmond, um zu leuchten; das geht genauso gut unterm deutschen."

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