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Afrika macht Hoffnung

Dirk Kaufmann25. Juni 2012

Krieg, Bürgerkrieg, Ausbeutung und Umweltzerstörung - ein solches, undifferenziertes Bild von Afrika ist längst überholt. Denn vor allem südlich der Sahara holt der Kontinent auf, wie eine Studie der Commerzbank zeigt.

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Workers transfer bricks at a construction site, Tuesday, Aug. 18, 2009 in Johannesburg, South Africa. Africa's largest economy shrunk by 3 percent in the second quarter, according to South African government figures released Tuesday, more evidence of the impact the global recession is having on the continent. (ddp images/AP Photo/Karel Prinsloo).
Bauarbeiter in JonhannesburgBild: AP

Die wirtschaftliche Entwicklung Subsahara-Afrikas schreitet voran, und zwar mit überraschender Geschwindigkeit. Das zeigt eine Studie, die die Commerzbank am Donnerstag (21.06.2012) in Frankfurt am Main vorgestellt hat. Der Weg vom Sorgenkind der Weltökonomie zu einem prosperierenden Wirtschaftsraum mag noch lang sein, aber der lange vergessene Kontinent holt auf.

Die Analysten sehen für die Länder südlich der Sahara ein "mittelfristiges Wachstumspotential von jährlich rund sechs Prozent". Bereits für dieses Jahr sei ein Wirtschaftswachstum von 5,4 Prozent zu erwarten, damit läge Afrika hinter Asien, der am schnellsten wachsenden Region, auf dem zweiten Platz.

Rohstoffe: Chance und Risiko

Die Gründe für die guten Zukunftsaussichten der Subsahara-Staaten sind laut Studie politische Stabilität und steigende Rohstoffpreise, die den afrikanischen Ländern höhere Einnahmen bescheren. Am Beispiel Sambia zeigen die Analysten, wie die Nachfrage nach Rohstoffen die Wirtschaft eines Staates beeinflusst: In den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war der Kupferpreis eingebrochen und hatte Sambia in eine tiefe Wirtschaftskrise gestürzt. Seit 2004 die Kupferpreise aber anzogen, konnte sich der Staat im südlichen Afrika wieder erholen.

Das bevölkerungsreichste Land dieser Zone, das westafrikanische Nigeria, profitiert ebenso wie Angola, das sich von den Folgen des langjährigen Bürgerkriegs zu erholen beginnt, von ihren Erdölvorkommen. Andere Länder, allen voran die Demokratische Republik Kongo fördern Metalle, wie beispielsweise das seltene und begehrte Coltan, das für die High-Tech-Industrie unverzichtbar ist. In den boomenden Wirtschaften des südlichen Afrika - besonders für Botswana verzeichnet die Studie gute Zahlen - ist besonders der hohe Anteil des Dienstleistungsgewerbes für das Wirtschaftswachstum verantwortlich.

Ein Ölbohrplattform vor der Küste Angolas (AP Photo/Bruce Stanley, File)
Das Schwarze Gold bringt dringend benötigte Devisen: Ölproduktion vor der Küste AngolasBild: AP

Immer mehr Demokratie

Stabile politische Verhältnisse, die idealer Weise demokratisch legitimiert sind, sind der Garant dafür, dass der durch den Verkauf von Rohstoffen angehäufte Reichtum nicht nur in den Taschen einzelner verschwindet, sondern einer Gesellschaft im Ganzen zu Gute kommen kann. Beispiele dafür entdecken die Analysten in Ghana und Botswana.

Anhaltende kriegerische Auseinandersetzungen wie in Zentralafrika sind da natürlich das Gegenteil, sie seien aber, so die Studie, in Subsahara-Afrika inzwischen eher die Ausnahme als die Regel. Stabile Regierungen sind auch aus einem anderen Grunde wichtig: Sie befördern die Bereitschaft ausländischer Investoren, sich in einem für sie fremden Land zu engagieren.

Widerstandsfähige Frösche

In den vergangenen Jahrzehnten habe die Krisenresistenz der afrikanischen Staaten deutlich zugenommen, stellen die Bankanalysten fest und zitieren eine Statistik des Internationalen Währungsfonds: Während sogar in Asien in der aktuellen Schuldenkrise das reale Bruttoinlandprodukt geschrumpft ist, konnten die Staaten Subsahara-Afrikas noch zulegen. In den vergangenen Jahren sind für Afrikaner die Waren, die sie importieren müssen, billiger geworden, während die Einnahmen aus dem Export gestiegen sind.

Einen für Entwicklungsländer typischen Effekt haben die Analysten der Commerzbank auch in Subsahara-Afrika gefunden: Das sogenannte Leapfrogging. Dieser "Froschsprung" steht für das bewusste Auslassen einzelner Entwicklungsschritte. Zum Beispiel werden in Afrika nur wenige Kupferkabel für die Telekommunikation verlegt, es werden stattdessen gleich Funkmasten gebaut. Durch diesen Sprung können Entwicklungsländer einen technologischen Rückstand schneller aufholen, als wenn sie zuerst in bereits überholte Technik investieren würden.

Die alten Probleme

Als größte Wachstumshemmnisse macht die Commerzbank-Studie die Bevölkerungsentwicklung, mangelnde Bildung, Infrastrukturschwächen und das hohe Wohlstandsgefälle aus. Wegen der rasant steigenden Einwohnerzahlen strömen immer mehr erwerbsfähige Menschen auf den Arbeitsmarkt, für die nicht genug Arbeitslätze bereitstehen. Diese jungen Leute sind viel zu oft auch schlecht ausgebildet. Trotz großer Fortschritte auf diesem Gebiet schließen nur zwei von drei Schülern in Subsahara-Afrika eine Grundschule mit Erfolg ab – damit liegt die Region weltweit mit großem Abstand auf dem letzten Platz dieser Statistik.

Ein Resultat der mangelnden Bildung ist ein enormes Wohlstandsgefälle in diesen Staaten. Je größer das soziale Gefälle ist, desto größer die Gefahr von Unruhen und Aufständen, steigende Kriminalität ist die Folge. Zwar zeigt die Studie, dass in den untersuchten Ländern eine Mittelschicht heranwächst, die eine steigende Nachfrage nach hochwertigen Konsumgütern auslöst, doch ist sie nicht stark genug, um das hohe Wohlstandsgefälle, die drastischen Unterschiede zwischen Arm und Reich, nivellieren zu können.

Die in weiten Teilen des Kontinents unterentwickelte Infrastruktur bereitet ebenfalls Probleme. Nicht nur macht es die Ausbeutung, den Transport und den Export der begehrten Rohstoffe schwierig bis unmöglich, sie bleibt auch ein Hemmschuh für die soziale Entwicklung. Städtische und ländliche Kulturen, industrielle und agrarische Strukturen in einem Land können so nur schwer zusammenwachsen.