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Afrikanische Selbständige in der Corona-Krise

Daniel Pelz
5. April 2020

Afroshops, Friseurläden, Musiker: In vielen deutschen Großstädten hat sich eine lebendige afrodeutsche Szene entwickelt. Doch viele afrikanische Selbstständige trifft die Corona-Krise hart - zum Beispiel in Berlin.

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Still DW-Video Berlin Afrikanische Selbstständige Corona
Jaspa Anchang vor seinem Imbisswagen in BerlinBild: DW

Eigentlich müssten sich die Kunden an Jaspa Anchangs Imbisswagen gerade nur so drängen. Doch der Markt auf dem Berliner Winterfeldplatz wirkt wie ausgestorben - trotz blauem Himmel und Sonnenschein. Kaum jemand interessiert sich für Yamswurzeln oder "Barbecue Chicken", das Anchang anbietet. "Die meisten meiner Kunden kommen aus den Büros in der Nähe. Doch die sind alle geschlossen, die Leute arbeiten zuhause. Laufkundschaft gibt es kaum noch", erzählt der gebürtige Kameruner im DW-Interview.

Einige Händler haben ihre Stände deswegen gar nicht erst aufgemacht. Für Anchang kommt das nicht in Frage. An jedem Markttag ist er da und hofft auf Kundschaft. Aber der Druck wächst: "Ich muss Rechnungen bezahlen. Vielleicht muss ich mein Geschäft aufgeben. Aber in der jetzigen Situation gibt es keine offenen Stellen, auf die ich mich bewerben könnte. Und dem Staat will ich nicht auf der Tasche liegen."

Afroshops vor dem Aus?

Vielen Selbständigen geht es ähnlich. Kunden bleiben aus Angst vor dem Virus weg, Friseurläden müssen wegen Infektionsgefahr geschlossen bleiben, Restaurants dürfen Essen allenfalls noch als Take-Away anbieten. Über 90 Prozent aller Unternehmen in Deutschland spüren laut dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag schon negative Auswirkungen. Jede fünfte Firma fürchtet die Pleite.

Auch viele afrikanische Restaurants, Friseurläden und Afroshops trifft das hart. "Wie soll ich denn meine Miete und meine Angestellten bezahlen, wenn das so weitergeht?" klagt die Besitzerin eines afrikanischen Restaurants am Telefon. Ein Interview möchte sie nicht geben. "Ich kann in dieser Situation noch keinen klaren Gedanken fassen."

Deutschland Coronavirus in Berlin
In Zeiten des Corona-Virus bleiben Straßen und Plätze leer, wie hier der Berliner GendarmenmarktBild: picture-alliance/dpa/A. Gora

Mit Online-Kursen gegen die Krise

So schlimm geht es Ayo Nelson-Homiah noch nicht. Doch die Corona-Krise hat auch sein Leben auf den Kopf gestellt. "Eigentlich hätte ich heute aus Paris zurückkommen sollen", erzählt der Musiker im DW-Interview. Nelson-Homiah, gebürtig aus Gambia, verdient seinen Lebensunterhalt mit Workshops für afrikanische Musik. In Berlin, aber auch in ganz Europa bringt er Kindern in Schulen und Kindergärten bei, afrikanische Trommeln oder Balafon zu spielen. Selbst in Singapur war er schon. "Jetzt sind alle Workshops storniert worden, weil die Schulen geschlossen sind. Corona hat alles lahmgelegt", sagt er.

Doch Aufgeben ist seine Sache nicht. Der 61-Jährige tüftelt an einem Online-Kurs, damit die Schüler seinen Workshops dann eben von zuhause folgen können. Schließlich muss auch er in der Krise irgendwie Geld verdienen: "Ein paar Wochen werde ich noch über die Runden kommen", sagt er. Doch irgendwann werden für alle Selbständigen die Rücklagen knapp.

Ayo Nelson-Homiah, in Berlin lebender Musiker aus Gambia
Ayo Nelson-Homiah, Musiker aus Gambia, lebt in BerlinBild: Ayo Nelsoin-Homiah

Auch Kalonji Tshabas Leben hat sich durch die Corona-Epidemie um einiges verändert. Vor 40 Jahren kam er mit seinen Eltern aus der Demokratischen Republik Kongo nach Berlin. Nun betreibt er die nji-Music Box - Proberäume und Aufnahmestudios für Musiker in bester Berliner Citylage. Ohne Corona-Krise wäre hier normalerweise ab Mittag Hochbetrieb. Musiker würden in den engen Proberäumen üben und im Tonstudio ihre Songs aufnehmen, Kinder Gitarre- oder Schlagzeugspielen lernen.

"Froh, hier zu leben"

Stattdessen ist das Studio wegen der Infektionsgefahr geschlossen. Tshaba versucht seit Tagen, seinen Betrieb von zuhause am Laufen zu halten. "Zunächst fühlte sich jeder Tag wie ein Sonntag an", erzählt er lachend im DW-Interview. Doch auch für ihn ist diese Zeit nicht leicht: "Durch die Proberäume haben wir natürlich Fixkosten. Wenn die Kunden nicht kommen, müssen wir diese Zeit irgendwie überbrücken". Nun hofft er auf staatliche Hilfe: "Die Möglichkeiten, die uns zur Verfügung gestellt werden, sind hervorragend. Ich kenne viele Künstler aus Afrika und da kann man nur froh sein, wenn man hier lebt."

Staatshilfen gegen die Pleite

Auch Jaspa Anchang hofft auf Staatshilfe, damit sein Imbiss-Stand die Krise überlebt. Bis zu 15.000 Euro von Bund und Land können kleine und mittelständische Firmen auch in Berlin bekommen. Der Andrang ist riesig, ein großer Teil der Anträge konnte deshalb noch nicht bearbeitet werden. Manche Unternehmer haben sogar Angst, dass nicht genug Geld für alle da ist. Aber Anchang hofft trotzdem: "Durch die Hilfe vom Staat könnte ich mein Geschäft am Leben halten. Das hoffe ich sehr, denn ich will auch nach der Krise weiter meinen Lebensunterhalt verdienen können."

Mitarbeit: Harrison Mwilima