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Afrikas Politiker ignorieren Nachhaltigkeit

17. August 2010

Seit Jahren wächst Afrikas Wirtschaft. Der Aufschwung hängt aber stark von Rohstoffen ab, die rücksichtslos abgebaut werden. Die Hoffnung auf schnelle Gewinne droht zum Desaster für spätere Generationen zu werden.

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Frau neben leckender Ölquelle in Nigerdelta (Foto: AP)
Rücksichtslose Ölwirtschaft zerstört das NigerdeltaBild: AP

"Tue Gutes und verdiene daran" – das ist das Motto von Harry Assenmacher, dem Geschäftsführer der deutschen ForestFinance-Gruppe. Das Unternehmen zählt zu einem kleinen, aufblühenden Wirtschaftszweig, der auf nachhaltiges Wirtschaften setzt. Einfach gesagt, wirbt Assenmacher bei Investoren um Geld, mit dem er dann in Entwicklungsländern Wälder aufforstet. Nach ein paar Jahrzehnten wird aus einem Teil der Bäume Nutzholz und dann verdienen Assenmacher, die Investoren und seine Angestellten in den Entwicklungsländern. Ein Teil des Waldes bleibt weiter bestehen und fördert so das Ökosystem.

Bisher hat Assenmacher in Panama und Vietnam Wälder aufgeforstet und langfristig investiert. Denn dort hat er ein gutes staatliches Umfeld und ein stabiles Rechtssystem gefunden. In Afrika sieht das anders aus: "Das politische, rechtliche System in diesen Ländern ist einfach für einen normalen Investor nicht absehbar und nicht berechenbar." Darum hat die ForestFinance-Gruppe Angebote aus Kamerun und der Demokratischen Republik Kongo bisher abgelehnt.

Kurzfristiges Profitstreben

Brandrodung zerstört Regenwald in Madagaskar (Foto: picture-alliance)
Brandrodung zerstört Regenwald in MadagaskarBild: picture-alliance / OKAPIA

Assenmachers Bäume brauchen mindestens 20 Jahre, bis sie ertragreich werden. Solange wollen viele in Afrika nicht warten, das kurzfristige Profitstreben beherrscht den Kontinent. Häufig ohne Rücksicht auf Verluste. Der Golf von Guinea und das Nigerdelta sind ölverseucht, alte Bohrköpfe im Wasser werden nicht mal abgebaut. In Madagaskars Wäldern ist der Kahlschlag die übliche Abholzmethode.

Eine beängstigende Entwicklung, meint der Präsident des deutschen Forschungsinstituts GIGA, Robert Kappel. Der Experte für die Wirtschaft Afrikas betont, dass durch die schnelle Abholzung der Wälder hohe Exporterträge ins Land kommen und ein Wirtschaftskreislauf entsteht. "Aber von Nachhaltigkeit kann hier überhaupt keine Rede sein", sagt Kappel. "Wenn sich Afrika nicht industrialisiert, kann es langfristig überhaupt nicht weiterwachsen. Irgendwann sind die Rohstoffe am Ende, und dann gibt es das große Desaster."

Drohendes Desaster

Vom großen Desaster will in Afrika niemand etwas hören, denn seit Jahren wächst die Wirtschaft. Laut der Afrikanischen Entwicklungsbank soll das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr 4,5 Prozent betragen. Tendenz steigend. Alarmierend ist jedoch, wie sich das Wachstum zusammensetzt: Es sind hauptsächlich Rohstoffexporte, die Geld in Afrikas Kassen spülen. Weiterverarbeitete Produkte oder gar eine echte Industrie sind die Ausnahme. Der Kontinent verkauft Öl, das Erz Coltan, Kakao und kauft Autos, Mobiltelefone, Schokolade.

Langfristig gesehen sei deshalb eine Industrialisierung nötig, glaubt auch der Filmemacher und Politikstudent De Roy Kwesi Andrew aus Ghana. Doch wer in Armut lebt, für den zähle nur die Gegenwart: "Es gibt kein morgen, wenn es kein heute gibt. Wir müssen sicherstellen, dass die heutige Generation komfortabel genug lebt, um dann für die Zukunft zu planen", sagt Andrew und blickt auch auf die Industrieländer. "Die entwickelten Länder haben sich selbst auch nicht an das Konzept der nachhaltigen Entwicklung gehalten."

Vorbilder? Fehlanzeige!

Wiederaufforstungsprojekte könnten die Umwelt nachhaltig schützen
Wiederaufforstungsprojekte könnten die Umwelt nachhaltig schützenBild: AP

Ein Argument, das der Wirtschaftsexperte Robert Kappel nicht gelten lässt. Schließlich wusste man früher nicht viel über Nachhaltigkeit, und Afrika sollte aus den Fehlern des Westens lernen. "Es macht doch keinen Sinn, jetzt 100 Millionen Euro mehr Exporteinnahmen zu haben und später Schäden von 300 bis 400 Millionen zu haben." Gerade weil die Industrie- und Schwellenländer noch kein gutes Vorbild für nachhaltiges Wirtschaften sind und weiter die Wachstumsideologie fördern, müsse Afrika laut Kappel selbst Impulse setzen. Diese Möglichkeit haben die Regierungen, schließlich regeln sie die Gesetze in ihren Ländern.

Autor: Adrian Kriesch
Redaktion: Katrin Ogunsade