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Der Zorn des Ayatollah

Peter Philipp22. November 2007

Mit verschiedenen Fehlgriffen hat Mahmud Ahmadinedschad das konservative Establishment des Iran erzürnt. Jetzt geht eine regimetreue Zeitung hart mit dem zunehmend unbeliebten Präsidenten ins Gericht.

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Mahmud Ahmadinedschad, Quelle: AP
Mahmud AhmadinedschadBild: AP
Zeitungskiosk in Teheran, Quelle: dpa
Zeitungskiosk in Teheran (Archivbild)Bild: picture-alliance/ dpa

Iranische Reformpolitiker haben Präsident Mahmud Ahmadinedschad bereits wiederholt vorgeworfen, dass er den Iran mit seiner Politik in eine schwierige außenpolitische Situation gesteuert habe und dass er gleichzeitig im Inneren nicht die Wahlversprechen einlöse, für die er 2005 gewählt worden war. Unter der Bevölkerung macht sich ebenfalls Unzufriedenheit über die wachsende Isolation des Landes und die sich rapide verschlechternde Wirtschaftslage breit.

Neu ist nun, dass sogar die erzkonservative Zeitung "Jomhouri Eslami" am Mittwoch (22.11.2007) Ahmadinedschad vorwarf, sein Benehmen sei schädlich für das Land. Solche Kritik ist besonders verwunderlich, weil die Zeitung dem Obersten Führer, Ayatollah Ali Chamenei, nahe steht, der den Präsidenten bisher protegiert hatte.

Protektion für Revolutionsgardisten

Ayatollah Ali Chamenei mit zwei Leibwächtern (Archiv), Quelle: AP
Ayatollah Ali Chamenei mit zwei Leibwächtern (Archiv)Bild: AP

Der iranische Präsident, Mahmud Ahmadinedschad, gibt sich unterdessen weiterhin volksnah und sucht den direkten Kontakt zu den einfachen Bürgern, denen er sich gerne als Hoffnungsträger und als einer der ihren präsentiert: So zog er es beim Besuch in der aserischen Provinz Ardebil am Mittwoch vor, die Schaulustigen nicht von der Bühne herab anzusprechen, sondern sich an einem kleinen Holztisch mitten unter sie zu setzen, um über die Notwendigkeit von Reformen zu sprechen, mit deren Hilfe man die "Unzulänglichkeiten, Ungerechtigkeiten, Diskriminierungen und Verbrechen" in den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft beseitigen werde.

Besonders aufgerufen seien hierbei die Mitglieder der Bassidsch, der Revolutionsgarden - Ahmadinedschad ist aus diesem Corps hervorgegangen und mit ihm einige der wichtigsten Berater und Mitarbeiter des Präsidenten. Und immer häufiger werden alte Bassidschi protegiert und in entscheidende Stellen gesetzt, während Fachleute immer häufiger isoliert und kaltgestellt werden.

Verfehlte Personalpolitik


Bassidschi unter sich: Ahmadinedschad mit Said Dschalili (Archiv), Quelle: AP
Bassidschi unter sich: Ahmadinedschad mit Said Dschalili (Archivbild)Bild: AP

Es ist gerade die Personalpolitik, die Ahmadinedschad wachsende Kritik selbst aus den Reihen des konservativen Establishments einbringt. Dort hat man nämlich längst verstanden, dass zur Leitung von Ministerien und anderen wichtigen Ämtern nicht allein die richtige Ideologie wichtig ist, sondern eher noch das geeignete Fachwissen. So, wie es unter dem früheren Präsidenten Mohammed Chatami gehandhabt wurde - und auch unter dessen Vorgänger Akbar Haschemi Rafsandschani, der bei den Wahlen Ahmadinedschad unterlegen war.

Ein erster personeller Fehlgriff Ahmadinedschads brachte gleich nach dessen Amtsantritt Unruhe in die Politik: Mehrere seiner Kandidaten für das Amt des Ölministers wurden damals wegen Unfähigkeit abgelehnt. Inzwischen hat Ahmadinedschad es auch geschafft, den zwar erzkonservativen, dafür aber hochbegabten bisherigen Atom-Chefunterhändler Ali Laridschani zum Rücktritt zu zwingen und durch Said Dschalili zu ersetzen – nach bewährtem Muster ein ehemaliges Mitglied der Revolutionsgarden.

Kritiker gelten als Verräter

Laridschani steht zumindest weiterhin unter dem Schutz des Obersten Führers - andere haben da schon weniger Glück: etwa der frühere iranische Botschafter in Bonn und jahrelang Unterhändler in Atomfragen, Hossein Mussavian. Bereits vor Wochen war er vorübergehend festgenommen und nun wieder verhaftet worden. Ihm wird vorgeworfen, Atomgeheimnisse an Großbritannien verraten zu haben.

Viel wahrscheinlicher ist, dass Ahmadinedschad an Mussavian ein Exempel statuieren will: Während der Präsident keiner Gelegenheit auslässt, damit zu prahlen, dass der Atomstreit ein für allemal beendet sei, gehört Mussavian zu den Experten, die den harten Kurs des Präsidenten kritisierten, weil dieser das Land wachsenden Sanktionen und wachsender Isolation aussetze. Solche Kritik hört Ahmadinedschad allerdings gar nicht gerne. Was er von den Kritikern hält, verkündete er vor einigen Tagen: Dies seien Verräter, mit denen man entsprechend umgehen müsse.

Mag sein, dass der Präsident sich jetzt schon auf die Parlamentswahlen im kommenden Frühjahr vorbereitet. Auf jeden Fall eckt er mit seinem Kurs inzwischen auch im konservativen Lager an. Es dürfte zu einer weiteren Zuspitzung kommen, wenn der Präsident sich nicht doch noch eines Besseren besinnt. Genau dazu halten ihn Beobachter aber für nicht fähig.