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Neue Risiken

6. Juni 2011

Miese Stimmung auf der Jahrestagung der Luftfahrtbranche in Singapur: Die EU will die Airlines in Sachen Verschmutzung zur Kasse bitten - und der hohe Kerosinpreis verhagelt die Bilanzen.

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Ein Flugzeug der Tahi Airlines auf dem Flughafen von Bangkok (Foto: dapd)
Bild: AP
EU-Klimakomissarin Connie Hedegaard (Foto: Irene Quaile / DW)
Bekommt den Ärger der IATA ab: EU-Klimakommissarin Connie HedegaardBild: DW

Die in Singapur zur Zeit tagenden Vertreter von rund 230 in der International Air Transport Association (IATA) zusammengeschlossenen Luftfahrtgesellschaften haben eine neue Feindin, und die heißt Connie Hedegaard. Die EU-Klimaschutzkommissarin wird ab Januar 2012 in der Union neue Regeln einführen, wonach Airlines für Flüge nach Europa Verschmutzungsrechte einkaufen müssen, wenn der Kohlendioxid-Ausstoß bei dem jeweiligen Flug über einer bestimmten Grenze liegt. Die Kohlendioxid-Emissionen der Luftfahrt werden dann gedeckelt und die Fluggesellschaften - auch ausländische - müssen Verschmutzungszertifikate kaufen. Allein die Lufthansa rechnet pro Jahr mit Kosten zwischen 150 und 350 Millionen Euro.

"Nehmt den Klimawandel ernst, aber seid auch ehrlich und entwickelt eine globale Lösung dafür", schimpfte der scheidende IATA-Generaldirektor Giovanni Bisignani am Montag (06.06.2011) zum Auftakt der Jahrestagung des Verbandes in Singapur. "Wir müssen basta zu Europa sagen", meinte der Italiener - zu deutsch: "Es reicht!". Auch die Luftfahrtbehörden in China haben gegen die EU-Pläne protestiert und erklärt, das Vorhaben koste ihre Fluggesellschaften im ersten Jahr etwa 123 Millionen Euro und bis 2020 sei mit einer Verdreifachung des Betrages zu rechnen. Die Behörden fordern, Differenzen zwischen armen und reichen Ländern bei dem Vorhaben zu berücksichtigen. Auch die USA wehren sich.

Neuer Handelskrieg?

IATA- Chef Giovanni Bisignani (Foto: dapd)
Sauer auf die EU: IATA- Chef Giovanni BisignaniBild: AP

Die EU will den Ausstoß ab dem jeweiligen Startflughafen einer Maschine berechnen. Das kritisieren vor allem Anbieter von Langstrecken-Flügen außerhalb der EU. Branchenkreisen zufolge hat China schon mit Vergeltungsmaßnahmen gegen den europäischen Flugzeugbauer Airbus gedroht. EU-Klimaschutzkommissarin Connie Hedegaard wehrt sich: Die EU sollte nicht einknicken, sagte sie der Agentur Reuters. "Wenn bestimmte Stellen mit der Bedrohung bestimmter europäischer Unternehmen beginnen, sollte Europa standfest bleiben." Man müsse jetzt nicht nervös werden wegen einer Sache, die längst beschlossen sei. Alle 27 EU-Mitgliedsländer hätten dem Vorhaben zugestimmt, ebenso das Europäische Parlament und die EU-Kommission.

Allerdings ist die EU längst eingeknickt: Sie bietet China einen Kompromiss an. China könne von den Kosten für den Ausstoß von Kohlendioxid befreit werden, heißt es in einem Brief der EU-Kommission an die chinesische Luftfahrt-Vereinigung. Im Gegenzug müsse China aber selbst Maßnahmen ergreifen, die die Auswirkungen der jeweiligen Flüge auf das Klima beschränkten. EU-Diplomaten zufolge fordern vor allem Deutschland, Frankreich und Großbritannien eine Einigung mit China zur Vermeidung eines Handelsstreits.

Öl und andere Katastrophen

Lufthansa-Flugzeuge auf dem Frankfurter Flughafen (Foto: dapd)
Lufthansa rechnet mit Kosten von 150 bis 330 Millionen Euro pro JahrBild: AP

Die europäischen Airlines fürchten allerdings schon eine Wettbewerbsverzerrung. Denn chinesische Vergeltungsmaßnahmen könnten auch europäische Airlines treffen, sagte Lufthansa-Chef Christoph Franz, etwa in Form von Strafzahlungen oder von Einschränkungen der Start-, Lande- oder Überflugrechte. "Der Klimawandel ist ein globales Problem und das braucht globale Lösungen", sagte Franz.

Globale Probleme haben die Airlines allerdings schon genug. Der anhaltend hohe Ölpreis bringt der internationalen Luftfahrt nach Angaben der IATA in diesem Jahr zusätzliche Belastungen von 27 Milliarden Dollar. "Da der Treibstoff so teuer wurde, steigt unsere Kerosin-Rechnung für das laufende Jahr von 133 auf 160 Milliarden Dollar", sagte IATA-Chef Giovanni Bisignani. "Das meiste davon müssen wir kompensieren, nur etwa 25 Prozent können wir als Preiserhöhung an die Passagiere weitergeben."

Hart getroffen wurden die Fluggesellschaften außerdem von den Unruhen in der arabischen Welt und der Beben- und Atom-Katastrophe in Japan. Noch im vergangenen Jahr hatte sich die Branche deutlich von der Weltwirtschaftskrise erholt. Verdienten die Gesellschaften im vergangenen Jahr noch 18 Milliarden Dollar, so werden es diesmal voraussichtlich rund vier Milliarden Dollar sein, schätzt die IATA.

Autor: Rolf Wenkel (rtr, afp, dapd, dpa)
Redaktion: Zhang Danhong