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Akademische Altenpfleger

14. Juni 2010

Alte Menschen und chronisch Kranke brauchen professionelle Hilfe. Bisher wurden Pflegekräfte in Deutschland an Fachschulen ausgebildet. In Zukunft aber soll es immer mehr "Gesundheitsberufe" mit Bachelorabschluss geben.

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Junge und alte Hände halten sich fest (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/ dpa

Waschen, füttern oder einfach mal ein offenes Ohr für die Sorgen eines pflegebedürftigen Menschen haben. So sieht der Alltag von Pflegekräften aus. In Deutschland werden sie für diese Aufgaben in der Regel an Fachschulen ausgebildet, denn Pflegeberufe sind traditionell klassische Ausbildungsberufe. Pflegekräfte mit Bachelor-Titel? Die sind in Deutschland noch die Ausnahme.

Ein Studium, zwei Abschlüsse

Doch das ändert sich inzwischen, zum Beispiel an der Katholischen Stiftungsfachhochschule München. Mit ihrem neuen Studiengang "Duale Pflege" möchte die Hochschule Vorreiter sein und akademisiert den Pflegeberuf. Drei Jahre lang machen die Studierenden ihre Ausbildung in einer Pflegeeinrichtung und besuchen parallel Blockseminare an der Hochschule. Im vierten Jahr studieren sie dann ausschließlich an der Hochschule und schreiben ihre Bachelor-Prüfungen. Wenn sie ihr duales Studium erfolgreich abschließen, haben die Absolventen so gleich zwei Abschlüsse in der Tasche.

Ein junger Mann füttert eine alte Frau (Foto: dpa)
Altenpflege: Demnächst mit BachelorBild: picture-alliance/ dpa

Martin Lechermann ist einer der knapp sechzig Studierenden im neuen Studiengang "Duale Pflege" an der Katholischen Stiftungsfachhochschule in München. Er hat seinen Studienwunsch während des Freiwilligen Sozialen Jahres entdeckt. "Ursprünglich wollte ich Physiotherapeut werden. Dann habe ich dieses Studium entdeckt, mein Fachabitur nachgemacht und gedacht, dass ich das neue Studienfach für mich nutze.“

Weltweit einzigartige Studienkombination für Pflegekräfte

Als der duale Studiengang zum Wintersemester 2009/10 gestartet wurde, war der Andrang auf das neue Fach laut Hochschulleitung groß. Statt der erwarteten 25 Plätze seien 57 vergeben worden. Darauf ist man in München stolz. Auch deshalb, weil die gerontologische Forschung in Deutschland im internationalen Vergleich unterentwickelt sei, sagt Bernd Reuschenbach, gelernter Krankenpfleger und Studienleiter für die duale Pflege: "Jetzt haben wir den Weg geschafft und damit ist dieser duale Studiengang mit dem Schwerpunkt Gerontologie einzigartig, nicht nur in Deutschland, sondern sogar weltweit.“ Keine andere Hochschule biete diese spezielle Kombination eines deutschen Kranken- oder Altenpflegeexamens mit einem international anerkannten Bachelor of Science.

Bachelor-Zeugnisse auch für Hebammen und Logopäden

Durch die Akademisierung traditioneller Ausbildungsberufe in der Pflege- und Gesundheitsbranche sollen die Pflegebranche weiterentwickelt und die Berufsbilder für junge Menschen attraktiver gemacht werden. Ein Ziel, das auch die noch junge Hochschule für Gesundheit in Bochum im Auge hat. Die Hochschule ist die erste staatliche Hochschule für Gesundheit und als solche Teil des neuen Gesundheitscampus Nordrhein-Westfalen. Ab dem Wintersemester 2010/11 bietet sie gleich fünf neue Studiengänge an: Ergotherapie, Hebammenkunde, Logopädie, Pflege und Physiotherapie. Im Jahr 2009 hat der deutsche Bundestag die Berufsgesetze für eine Reihe klassischer Ausbildungsberufe in der Gesundheitsbranche geändert. Seither darf die akademische Weiterentwicklung dieser Ausbildungsberufe zeitlich begrenzt erprobt werden.

Im Krankenhaus, Hebamme mit Neugeborenem (Foto: Dieter Seitz)
Bild: Dieter Seitz

Fünf Studiengänge unter ein Dach, das bietet der Bochumer Hochschule für Gesundheit einige Vorteile. So sollen die Studierenden vom ersten Tag an interdisziplinär lernen, sagt Anne Friedrichs, die Rektorin der neuen Hochschule. "Die Studierenden aller fünf Studiengänge sollen einen Teil der Veranstaltungen gemeinsam besuchen und lernen, gemeinsam Fälle zu lösen, denn das müssen sie später in der Praxis auch." Ein Vorteil, der an herkömmlichen Fachschulen in der Regel nicht gegeben sei, da jede Fachschule auf ein Berufsbild spezialisiert sei.

Zu viel Theorie, zu wenig Praxis?

Allerdings hat die Akademisierung der Gesundheitsberufe auch Kritiker auf den Plan gerufen, die bemängeln, dass die Studierenden nicht ausreichend auf die Berufspraxis vorbereitet würden. "Diese Sorge können wir entkräften“, sagt die Bochumer Rektorin Anne Friedrichs. Die Praxisanteile des Studiums seien identisch mit denen der Fachschule.

Eine Hoffnung, die mit dem Studium verbunden sei, gehe jedoch nicht von Anfang an auf, räumt Anne Friedrichs ein: Dass Pflegekräfte oder Therapeuten mit Hochschulabschluss zwangsläufig besser bezahlt werden. Zwar gebe es schon heute große stationäre Einrichtungen für akademisch ausgebildetes Personal im Gesundheitswesen. "In kleineren Einrichtungen oder in Bereichen, in denen sich die Absolventen selbstständig machen, ist das im Moment aber noch nicht der Fall.“ Doch das sei lediglich eine Frage der Zeit. Wie vor dreißig Jahren, da waren auch einige der heutigen Ingenieursstudiengänge noch klassische Ausbildungsberufe.

Autorin: Svenja Üing

Redaktion: Gaby Reucher