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AKW Fessenheim wird doch noch nicht geschlossen

8. März 2016

Verwirrung um Fessenheim: Zuerst hieß es aus der französischen Regierung, der altersschwache Atommeiler werde noch in diesem Jahr geschlossen. Nun rudert Umweltministerin Royal zurück.

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"Hört auf, Europa zu gefährden", steht im März 2014 auf einem Banner der Umweltorganisation Greenpeace am AKW Fessenheim (Foto: dpa)
"Hört auf, Europa zu gefährden", steht im März 2014 auf einem Greenpeace-Banner am AKW FessenheimBild: picture-alliance/dpa/Joerg Modrow/Greenpeace

In der französischen Regierung gibt es offenbar Streit über die Schließung des Atomkraftwerks Fessenheim. Nachdem die grüne Wohnungsbauministerin Emmanuelle Cosse am Sonntag von einer Schließung noch in diesem Jahr gesprochen hatte, sagte Umweltministerin Ségolène Royal nun, 2016 werde der Prozess lediglich eingeleitet.

Royal will noch in diesem Jahr die Entscheidung zur Stilllegung des Atomkraftwerks Fessenheim treffen. Wann genau das Kraftwerk vom Netz gehen soll, sagte sie allerdings in einem Interview des Fernsehsenders TF1 nicht. Wenn der Verwaltungsrat des mehrheitlich im Staatsbesitz befindlichen Energieerzeugers EDF im Juni den Antrag stelle, könne der Entzug der Betriebserlaubnis erlassen werden, so Royal.

Die sozialistische Umweltministerin Ségolène Royal (Foto: Getty)
Die sozialistische Umweltministerin Ségolène RoyalBild: Getty Images

Das Abschalten eines Atomkraftwerks sei nicht wie das "Abdrehen eines Wasserhahns", sagte Royal weiter. Neben der Beachtung von bürokratischen Vorgaben und komplizierten Sicherheitsvorschriften müsse auch die Zukunft der Mitarbeiter geplant werden. "In einem Atomkraftwerk wie Fessenheim arbeiten 2000 Menschen", sagte Royal. Auf dem Gelände des AKW könne womöglich eine Fabrik zur Herstellung von Elektroautos entstehen, sagte die Ministerin.

Schließung bis zum Ende der Amtszeit

Allerdings bejahte die Ministerin die Frage, ob das Versprechen von Präsident François Hollande eingehalten werde, das Kraftwerk nahe der deutschen Grenze bis Ende dieser Amtszeit im kommenden Jahr zu schließen.

Ihre grüne Kabinettskollegin Cosse hatte am Sonntag vor Journalisten gesagt, Hollande habe ihr wiederholt versichert, dass der Zeitplan die Schließung von Fessenheim 2016 vorsehe. Das Atomkraftwerk war am Freitag erneut in die Schlagzeilen geraten, als deutsche Medien über einen gravierenden Störfall im April 2014 berichteten.

Die grüne Wohnungsbauministerin Emmanuelle Cosse (Foto: Reuters)
Die grüne Wohnungsbauministerin Emmanuelle CosseBild: Reuters/P. Wojazer

Nach Angaben der "Süddeutsche Zeitung" und des WDR waren die Steuerstäbe zum Abschalten des Reaktors damals nach einer Überflutung in Block 1 nicht mehr manövrierfähig, so dass der Block durch die Einleitung von Bor ins Kühlsystem abgeschaltet werden musste. Dies ist ein sehr seltenes Vorgehen. Der Betreiber EDF spielte den Vorfall herunter, erst jetzt wurde die Bedeutung der Öffentlichkeit bekannt.

"Insgesamt zufriedenstellend"

Laut der französischen Atomaufsichtsbehörde ASN ist der Zustand des Kraftwerks "insgesamt zufriedenstellend". Zu seiner Schließung gebe es aus Perspektive der Sicherheit "keinen Grund", doch könnte die Energiepolitik der Regierung zu einer "unterschiedlichen Entscheidung" führen, erklärte die ASN. Frankreich will bis 2025 seine Abhängigkeit von der Atomkraft von derzeit 75 auf 50 Prozent reduzieren und 24 alte Reaktoren abschalten.

Aber noch im September schloss Hollande eine Abschaltung von Fessenheim dieses Jahr aus, da sich die Fertigstellung eines Kraftwerks in Flamanville verzögerte. Umweltschützer beiderseits des Rheins fordern seit langem die Schließung von Fessenheim, das seit 1977 in Betrieb ist und damit das älteste Atomkraftwerk Frankreichs ist. Nach dem jüngsten Vorfall forderten Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und andere deutsche Politiker erneut, Fessenheim vom Netz zu nehmen.

stu/sti (afp, dpa)