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Zum Tod vom Alfred Neven DuMont

Annabelle Steffes31. Mai 2015

Er galt als einer der letzten großen Verleger der deutschen Nachkriegszeit: Alfred Neven DuMont. Der Herausgeber und Aufsichtsratsvorsitzende des Medienhauses M. Dumont Schauberg ist mit 88 Jahren in Köln gestorben.

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Verleger Alfred Neven DuMont gestorben
Bild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini

Was wohl gewesen wäre, hätte der junge Alfred Neven DuMont an seinem ursprünglichen Berufswunsch festgehalten? Denn kurz nach Kriegsende versuchte er sich - neben dem Studium der Philosophie, Geschichte und Literatur - als Schauspieler an den Münchner Kammerspielen und am Staatstheater. Es fällt nicht schwer, sich "Sir Alfred", wie er hausintern bisweilen tituliert wurde, auf den Bühnen dieser Welt vorzustellen, als polternden Macbeth oder charmierenden Mephisto. Doch plötzlich sei ihm "das alles wie ein Museum" vorgekommen. Lieber wandte er sich 1953 dem Familienunternehmen zu und trat in die Verleger-Fußstapfen seines Vaters.

Vom Pressehaus zum Medienunternehmen

Damit begann eine jahrzehntelange Karriere. Schon 1955 avancierte der damals 28-Jährige zum publizistischen Leiter des "Kölner Stadt-Anzeigers". Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1967 kam Neven DuMont an die Spitze des Unternehmens und baute es kontinuierlich aus. Heute ist die Gruppe M. Dumont Schauberg (MDS) mit ihren regionalen Pressetiteln "Kölner Stadt-Anzeiger", "Kölnische Rundschau", "Express", "Generalanzeiger" und "Mitteldeutsche Zeitung" (Halle) sowie "Berliner Zeitung", "Berliner Kurier" und "Hamburger Morgenpost" der viertgrößte Zeitungsverlag in Deutschland. Nach eigenen Angaben erreichen ihre Publikationen täglich 3,2 Millionen Leser. Außerdem betreibt MDS Hörfunk- und Fernsehkanäle, produziert für audiovisuelle Medien und ist auf dem Buchmarkt und im Internet-Geschäft präsent. 30 Tochterunternehmen in verschiedensten Medienbereichen sind Teil der Gruppe.

Verleger Alfred Neven DuMont im Juni 1980 vor dem Medienhaus M. DuMont Schauberg in Köln
Verleger Alfred Neven DuMont im Juni 1980 vor dem Medienhaus M. DuMont Schauberg in KölnBild: picture-alliance/dpa/M. Athenstädt

In den letzten 60 Jahren ist das Familienunternehmen zu einem Medienriesen angewachsen. Einem recht angriffslustigen Riesen mit einem Mann an der Spitze, der als Patriarch und als unnachgiebig galt: Alfred Neven DuMont. Er präsidierte seit 1990 den Aufsichtsrat und war überzeugt, dass guter Journalismus nur in engagierten Zeitungen entsteht. Als Verleger duldete er keine Widersprüche, hielt an Grundsatz- und Richtlinienkompetenzen fest. Seine Chefredakteure mussten auf der Hut sein, kaum einer konnte lange seinen Posten halten.

Zeitungsmonopol und "Zeitungskrieg" am Rhein

Ein einfacher Zeitgenosse war Alfred Neven DuMont sicher nicht. Spätestens mit der Übernahme der "Kölnischen Rundschau" Ende der 1990er Jahre geriet Neven DuMont in die Kritik: Man warf ihm vor, den Print-Markt in der Domstadt Köln zu monopolisieren. Dort kam es von 1990 bis Mitte 2001 zu einem regelrechten "Zeitungskrieg", an dem Neven DuMont nicht ganz unschuldig war: Der skandinavische Schibsted-Konzern führte die Gratiszeitung "20 Minuten Köln" ein, der Axel Springer Verlag sowie DuMont Schauberg zogen nach und veröffentlichten daraufhin ebenfalls Gratiszeitungen. Die Befürchtung, die Gratiszeitungen könnten den etablierten Tageszeitungen in großem Stil Leser wegnehmen, erwies sich indes bald als grundlos. Die Schibstedt-Gruppe trat den Rückzug an.

Das Medienhaus M. DuMont Schauberg in Köln (2009)
Das Medienhaus M. DuMont Schauberg in Köln (2009)Bild: picture-alliance/dpa/O. Berg

2006 sorgte das Verlagshaus dann erneut für Schlagzeilen: Im Juni zog Neven DuMont vor Gericht und wehrte sich gegen Vorwürfe, die seine Eltern Gabriele und Kurt Neven DuMont betrafen. Der Historiker Ingo Niebel hatte auf einem Symposium berichtet, Neven DuMonts Mutter, Gabriele Neven DuMont und die Versorgungskasse des Verlages hätten drei Grundstücke erworben, die ehemals jüdischen Bürgern gehört hätten. Vorwürfe, die Familie bzw. der Verlag habe von der "Arisierung" jüdischen Vermögens profitiert, wies Neven DuMont vehement zurück und beauftragte den Frankfurter Historiker Manfred Pohl mit der Aufarbeitung der Verlagsgeschichte während der NS-Zeit. 2009 erschien mit "M. DuMont Schauberg - Der Kampf um die Unabhängigkeit des Zeitungsverlags unter der NS-Diktatur" eine Studie, die zeigte, dass sich Kurt Neven DuMont, NSDAP-Mitglied seit 1937, zwar mit dem NS-Regime arrangiert hatte, die Familie aber beim Kauf von Arealen in der Kölner Innenstadt die damals üblichen Marktpreise gezahlt und sich zumindest in einem Fall nach dem Krieg mit dem früheren Eigentümer geeinigt habe. Die Vorwürfe waren damit vom Tisch, das Ansehen des Verlagshauses aber dennoch angekratzt.

"Sir Alfred" - Der umtriebige Medienzar

Neben seiner verlegerischen Arbeit hat sich der künstlerisch interessierte Neven DuMont immer auch journalistisch und schriftstellerisch betätigt. Er schrieb Theaterstücke und Essays und veröffentlichte 1995 unter dem Pseudonym Franz Nedum seinen ersten Roman, "Abels Traum", der bei Kritikern und Publikum allerdings gnadenlos durchfiel. 2003 und 2009 erschienen mit "Die verschlossene Tür" und "Reise zu Lena" zwei weitere Romane. Außerdem engagierte er sich als Verbandspolitiker. Politisch stand Neven DuMont zeitlebens der FDP nahe, ihm wurden beste Kontakte zu freidemokratischen Spitzenpolitikern nachgesagt.

Das Herz des Patriarchen hing trotz aller anderen Tätigkeitsfelder dennoch immer am Kerngeschäft: den Zeitungen des Hauses, denen er sogar Beinamen verlieh: Den "Kölner Stadt-Anzeiger" bezeichnete er als "einen sehr ordentlichen, strebsamen Sohn". Die 1964 gegründete Boulevard-Zeitung "Express" mit Standbeinen in Köln, Bonn und Düsseldorf nannte er liebevoll den "Rocker". Seiner Heimatstadt Köln war der Verleger, Publizist, Wirtschaftsförderer (er war acht Jahre lang Präsident der Industrie- und Handelskammer) und Kunstmäzen immer treu geblieben. Doch nicht nur in Köln wird man Alfred Neven DuMont nicht so schnell vergessen. Denn mit ihm geht einer der letzten großen Medienpatriarchen, der das deutsche Verlagswesen in den letzten 60 Jahren entscheidend mitgeprägt hat.

Zeitungsexemplare des "Kölner Stadt-Anzeiger"
Neven DuMont bezeichnete den "Kölner Stadt-Anzeiger" als "einen sehr ordentlichen, strebsamen Sohn".Bild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini