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Alkoholfreie Trendgetränke

1. Juni 2011

Es muss nicht immer Cola sein. Die Auswahl kultiger Erfrischungsgetränke wird von Jahr zu Jahr größer - und der Erfindungsreichtum der Getränkehersteller wird immer größer.

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Gaffels Fassbrause - Biergarten, 31.08.2010; Copyright: Privatbrauerei Gaffel
Bild: Privatbrauerei Gaffel

Dass der Konzern Coca-Cola die absolute Nummer 1 auf dem weltweiten Getränkemarkt ist, ist kein Geheimnis. Allein in Deutschland bekommt man die Cola in sieben verschiedenen Varianten, dazu vertreibt der Konzern noch etliche Zitronen- und Orangenlimonaden, Mineralwasser, Apfelschorle und Fitness- sowie Energydrinks. Auch mit kleineren exotischen Mischungen will sich Coca-Cola profilieren. Doch hier ist die Konkurrenz stark: Kleine Betriebe machen aus ihrer Marke Kult und schaffen sich so ihre Marktnischen.

Screenshot Homepage: Afri-Cola Flasche (Foto: Afri-Cola)
Minimalistische Werbung

Kult ist da, wo Mainstream aufhört. Während die breite Masse Coca Cola trinkt, hat der coole Szenegänger eine Flasche Fritz-Kola in der Hand. Während in jeder Kaschemme Coca-Cola ausgeschenkt wird, gibt es in trendigen Clubs Afri Cola zu trinken. Hier geht es eher um eine Philosophie, um das Anders sein. Anders heißt bei Fritz-Kola: "Die aufgeweckteste Cola der Welt" – mit viel, viel Koffein. Afri wirbt mit dem Anders sein, mit der “schönsten Flasche der Welt – aus der Szene für die Szene".

Wie aus Bio Limo wurde

Doch damit ist auf dem Getränkemarkt noch lange nicht Schluss. Dieter Leipold, ein Braumeister aus dem oberfränkischen Ort Ostheim an der Rhön hat sich schon Mitte der 1980er Jahre gedacht: Es sind viel zu viele süße Getränke auf dem Markt. Gerade für Kinder und Jugendliche, denen Apfelsaft und Mineralwasser zu langweilig wird, gibt es überhaupt keine gesunden Alternativen. Nach wenigen Jahren des Probierens und Entwickelns war es dann soweit: 1995 kam die erste Bionade auf den Markt. Zunächst wurde sie nur lokal vertrieben. Den Durchbruch erlangte die Bionade 1997, als ein Hamburger Großvertrieb das Getränk so geschickt platzierte, dass es innerhalb kurzer Zeit zum Hamburger Szene-Getränk wurde. Die vier Geschmacksrichtungen Holunder, Litschi, Orange-Ingwer und Kräuter gingen über die Theken als gäb's kein Morgen mehr – vielleicht lag das auch an den handlichen 0,3 Liter Flaschen, aus denen man sonst eher Becks oder Jever Bier trank.

Junge Frau hält Flaschen des Erfrischungsgetränks Bionade in den Händen. (Foto: dpa)
So hip kann Bio seinBild: picture-alliance/ dpa

In den Jahren 2002 und 2003 wurden 2 Millionen Flaschen Bionade verkauft. 2007 waren es 200 Millionen. Bionade gibt es in vielen europäischen Ländern und in den USA; das einfache Emblem – roter Punkt und weißer Kreis auf blauem Hintergrund - ist ein Kultsymbol geworden. Mittlerweile gibt es in Deutschland eine fünfte Geschmacksrichtung: Quitte.

Eine Brause für das Rheinland

Bei soviel antialkoholischem Erfolg war es nur eine Frage der Zeit, dass weitere Getränkehersteller mit großem Auge auf diesen schier unerschöpflichen Markt schielten. Immer mehr Bierbrauer brachten alkoholfreies Bier heraus, nach dem Siegeszug der Biersorte Clausthaler Alkoholfrei war dieser Trend nicht mehr aufzuhalten. Auch in der Privatbrauerei Gaffel in Köln hat man sich Gedanken darüber gemacht, wie man den alkoholfreien Sektor erobern könnte. Alkoholfreies Bier alleine, das ist es nicht, dachte sich der Marketingchef von Gaffel, Thomas Deloy. Und so hat er sich mit anderen Experten zusammengesetzt. "Da haben wir schnell gemerkt, dass es nicht unser Anspruch sein kann, das 120. Radler an den Start zu bringen. Wir wollten einen neuen, einen eigenständigen Weg gehen." So entstand eine Brause mit wertvollen Inhaltsstoffen und einem gewissen Biergefühl: Das traf den Nerv der Großstädter.

Genuss ohne Reue

Die Probe im schlanken, leicht taillierten 0,2 Liter Glas: Die Fassbrause ist hellgelb und hat tatsächlich eine Schaumkrone wie ein richtiges Bier. Es perlt mit einem gesunden Kohlensäureanteil die Kehle herunter und schmeckt – tja, dann doch wie ein Radler, mit Zitronenschwerpunkt. Sehr erfrischend, nicht zu süß. Ein hoher Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen und wenig Kalorien soll die Brause von anderen alkoholfreien Biermischgetränken unterscheiden. Mit diesem Produkt auf Werbefeldzug zu gehen, war dann auch nicht allzu schwer. Dem sportlich-gesunden Biozeitgeist folgend, hat man die großen Kölner Sportvereine, die schon für das Gaffel-Kölsch geworben haben, mit ins Boot genommen und die Fassbrause in kürzester Zeit etabliert. Im April 2010 kam sie auf den Markt, nach drei Monaten hatte Gaffel schon seinen geplanten Jahresabsatz erreicht und kämpfte mit Lieferengpässen.

Eine Zitrone will die Welt erobern

Gaffels Fassbrause - Kronkorken mit Zitrone (Foto: Privatbrauerei Gaffel)
Kronkorken mit ZitroneBild: Privatbrauerei Gaffel

Bei aller Freude über den grandiosen Erfolg darf man nicht vergessen, dass die Fassbrause keine rein kölsche Erfindung ist. Schon im Jahr 2000 hat die ostdeutsche Brauerei Torgau eine Fassbrause mit Malzextrakten auf den Markt gebracht. Die Rezeptur unterscheidet sich allerdings von der Kölner Fassbrause – und sie gibt es in vier Geschmacksrichtungen. Mit der Ostalgiewelle und einer Portion Zeitgeist hat "Zille's Fassbrause" zumindest in Berlin und den neuen Bundesländern einen gewissen Kultstatus bekommen. Auch die Gaffel-Strategen wollen über die regionalen Grenzen hinaus. "Wir haben schon Anfragen aus dem Ruhrgebiet, aus Hessen, aus München, aus Hamburg", freut sich Thomas Deloy, "Da stehen wir vor ganz neuen logistischen Herausforderungen und gucken jetzt, wie wir am besten die ganze Nation mit Fassbrause erfreuen können."

Ein Blick in die Regale der Kölner Supermärkte zeigt: Das Angebot trendiger Bieralternativen steigt und steigt. Vor Monaten noch war der Fassbrause eine kleine Reihe im Getränkeregal vorbehalten. Jetzt, nachdem der Frühling in Deutschland schon schweißtreibende Temperaturen hervorgebracht hat, gibt es einen Riesenstapel mit Fassbrause-Sixpacks neben den Cola- und Wasser-Kästen. Beruhigend, denn der Sommer fängt ja gerade erst an.

Autorin: Silke Wünsch
Redaktion: Gudrun Stegen