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Chinagras

19. April 2011

Es wächst rasend schnell, ist nicht sehr anspruchsvoll und hat dafür um so mehr Potential: Aus dem Riesen-Gras Miscanthus wollen Forscher nicht nur stabiles Baumaterial herstellen sondern auch Energie gewinnen.

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Chinagras (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/Arco Images GmbH

In Klein-Altendorf, einem Ort im Vorgebirge der Eifel, fahren Traktoren umher, Ponys und Pferde schauen über einen Zaun, zwischen Obstplantagen und Feldern ragen einzelne Gewächshäuser hervor.

Was aussieht wie ein Bauernhof, ist ein Lehr- und Forschungsbetrieb der Universität Bonn. Hier züchten Agrarwissenschaftler Pflanzen für die Zukunft. Sie müssen schnell wachsen, vielseitig verwendbar sein und dürfen die Böden nicht zu stark auslaugen. Das Ziel ist es, Pflanzen als Rohstoff zu produzieren, um die fossilen Energieträger Erdöl, Kohle und Erdgas zu ersetzen.

Fossile Rohstoffe werden knapp

"Unsere globalen Herausforderungen bestehen darin, dass wir den Kohlenstoff, den wir jetzt in fossilen Energieträgern haben, schrittweise durch Biomasse zu ersetzen", erklärt der Umweltökonom Ernst Berg. Er warnt allerdings, dass die Pflanzenproduktion zur Energiegewinnung nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion treten dürfe.

Besonders vielversprechend ist Miscanthus, ein hochwachsendes Gras aus China. Ralf Pude, heute Universitätsprofessor, erkannte bereits in seiner Studentenzeit vor etwa zwanzig Jahren das Potential dieser Pflanze als nachwachsender Rohstoff.

Zermahlenes Chinagras und daraus gepresste Briketts zum Heizen (Foto: DW)
Energiereiches HeizmaterialBild: DW/Schmidt

Denn als Energieträger eignet sich Miscanthus hervorragend. Zwar lässt sich bislang noch kein Biodiesel aus der Pflanze gewinnen, aber sie lässt sich gehäckselt und gepresst als Pellets verbrennen. Über ein spezielles Verfahren lässt sich die Biomasse sogar zur Herstellung von Wasserstoffgas nutzen, das wiederum in Brennstoffzellen von Autos verbrannt werden kann.

Auch den Vergleich mit Raps, der in Europa am häufigsten als Energieträger genutzt wird, besteht das Chinagras. Bei Raps, so Pude, sei das Verhältnis zwischen der Energie, die man hineinstecken muss und der, die man hinausbekommt, nur eins zu zwei. Bei Miscanthus hingegen ist es eins zu fünfzehn, also "eine viel höhere Nutzungseffizienz, die man pro Fläche erreichen kann", betont er.

Das Chinagras Miscanthus auf dem Feld (Foto: DW)
Turbo-Gras MiscanthusBild: DW/Schmidt

Vielfältige Nutzungsmöglichkeiten

Damit kann ein Landwirt pro Jahr aus einem Hektar soviel brennbares Material gewinnen, das etwa 8000 Liter Heizöl entspricht.

Die Landwirte schätzen am dem Chinagras zudem sein schnelles Wachstum. "Die Pflanze wächst im Frühjahr bis zu fünf Zentimeter am Tag, so dass man also morgens und abends messen gehen kann", schwärmt Agrarwissenschaftler Pude. Außerdem spare der Anbau viel Arbeit, denn Miscanthus ist mehrjährig. Man pflanzt sie einmal und kann sie über zwanzig Jahre jedes Jahr nutzen.

Das Chinagras ist zudem für viele andere Anwendungen nutzbar. So haben die Forscher der Uni Bonn einen Leichtbeton aus Miscanthus entwickelt. Auch als Dämmstoff oder zum Dachdecken eignet sich das Material.

Professor Ralf Pude, Agrarwissenschaftler an der Uni Bonn (Foto: DW)
Professor Pude entwickelt seit zwanzig Jahren Nutzungen für ChinagrasBild: DW/Schmidt

Sogar Kunststoffe lassen sich aus dem Chinagras fertigen. So gibt es bereits Lenkräder, Stoßstangen und Radkappen aus dem pflanzlichen Alleskönner.

Um solche Bauteile zu fertigen, muss das Ausgangsmaterial unter hoher Temperatur gepresst werden. Auch zur Herstellung von Verpackungsmaterial, Blumentöpfen, Torfersatz in der Landwirtschaft oder Tierstreu eigne sich Miscanthus, versichert Agrarwissenschaftler Pude.

Autor: Fabian Schmidt
Redaktion: Judith Hartl