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Vermögen bleiben ungleich verteilt

Michael Braun Frankfurt/Main
27. September 2017

Vermögen scheinen an denen zu kleben, die sie haben. Aufstrebende Volkswirtschaften holen zwar auf und die Vermögensgewichte verschieben sich immerhin langsam. "Schuld" daran hat China.

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Malta Superjacht Santa Anna im Hafen
Bild: picture-alliance/Bildagentur-online/Fischer

Das Vermögenswachstum der Schwellenländer war in den vergangenen zehn Jahren mehr als viermal so hoch wie in den Industrieländern. Die Folge: Der Anteil Nordamerikas und Westeuropas am globalen Bruttogeldvermögen ist seit 2006 um knapp neun Prozentpunkte gesunken. Dennoch besaßen im vorigen Jahr beide Regionen zusammen noch mehr als zwei Drittel des Geldvermögens, allein Nordamerika 45 Prozent. Nimmt man Japan und Australien hinzu, lagen voriges Jahr gut drei Viertel des globalen Geldvermögens in Haushalten aus den reicheren Teilen der Welt. Sie stellten aber nur einen Anteil von 19 Prozent an der Bevölkerung.

Die Daten stammen aus dem "Global Wealth Report", den die Allianz SE am Mittwoch (27.09.2017) vorgelegt hat. Sie zeigen, dass es nicht gerechter, sondern allenfalls etwas weniger ungerecht zugeht bei der Vermögensverteilung. Die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung verfügten zu Beginn des Jahrtausends noch über 91 Prozent des Geldvermögens. Aktuell sind es noch 79 Prozent.

Die Richtung scheint zu stimmen

Da könnte man sagen: Es geht in die richtige Richtung. Aber die kleine Verbesserung in der weltweiten Ungleichverteilung hat vor allem einen Grund: "Es hängt alles an China", weiß Arne Holzhausen, der für die Allianz die Vermögensverteilung in der Welt untersucht hat: "Wir sehen vor allem, dass es der chinesische Ansturm in die globale Mittelklasse ist, der die Entwicklung forciert hat."

Aber in Afrika habe sich überhaupt nichts bewegt, der Kontinent bleibe für die Vermögensmesser eine "terra inkognita", so Holzhausen. In Lateinamerika lässt sich immerhin etwas messen. Heraus kommt, dass gut 86 Prozent der Bevölkerung zur unteren Vermögensschicht gehören.

Das reichste Prozent mit 44 Prozent des Vermögens

Und wenn die weltweite Vermögensmittelklasse zugenommen habe, so Holzhausen, dann nicht nur, weil viele Chinesen reicher geworden seien, sondern weltweit auch viele Superreiche ärmer, also in die Mittelklasse abgestiegen seien. So kam es, dass das reichste eine Prozent der Weltbevölkerung nicht mehr 47, sondern 44 Prozent des Geldvermögens besitzt.

Auch in Deutschland ist Ungleichheit messbar. Das durchschnittliche Netto-Geldvermögen, also ohne Immobilien und ohne Schulden, liegt hier bei 49.760 Euro. Das ist weltweit Rang 18. Aber die Hälfte der Bevölkerung hat deutlich weniger als 20.000 Euro - "ein Indiz für eine relativ ungleiche Vermögensverteilung", heißt es in der Analyse. Sehr viel ungleicher sind die Vermögen in den Vereinigten Staaten verteilt. Im Durchschnitt kommt ein Amerikaner auf gut 177.000 Euro Netto-Geldvermögen, aber die Hälfte alle Amerikaner besitzt nur rund 30.000 Euro. Die Reichen blasen den Durchschnitt also auf.

Für's Geld arbeiten oder Geld arbeiten lassen?

Dass sich das in Deutschland schnell ändert, ist unwahrscheinlich. Dafür gehen die Deutschen auch zu risikoscheu mit ihrem Geld um. Ihr Geldvermögen wächst zwar, in den letzten Jahren im Schnitt um vier Prozent jährlich. Aber Kursgewinne aus Wertpapieranlagen tragen dazu nur ein Viertel bei. Im übrigen Euroraum sind es zwei Drittel, in Nordamerika drei Viertel. Hier, in Deutschland, wachse das Geldvermögen, weil die Menschen Konsumverzicht leisteten, vulgo: sparen, sagt Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise: "Das zeigt noch einmal sehr stark, dass in anderen Ländern die Leute das Geld für sich arbeiten lassen und wir in Deutschland für das Geld arbeiten."

Zwar hängt der hohe Wertpapierbesitz anderswo auch mit einer kapitalgedeckten Altersvorsorge zusammen, während die hiesigen, auf dem Generationenvertrag basierenden Rentenansprüche nicht zum Geldvermögen zählen. Der durchschnittliche Barwert der staatlichen Rentenzahlungen, der Betrag also, der zurückgelegt werden müsste, sollte die Rente daraus bezahlt werden, liegt bei knapp 188.000 Euro. Doch könne das staatliche Rentensystem die niedrigen Geldvermögenswerte in Deutschland nicht erklären, erst recht nach den letzten Rentenreformen nicht, sagt Holzhausen. Da sprach wohl auch der Allianz-Manager, der private Altersvorsorge verkaufen will.