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Als Wahlbeobachter in Kiew

Roman Goncharenko25. August 2007

Im September wird in der Ukraine gewählt. Ein Drittel der Bevölkerung glaubt, dass dabei gepfuscht wird. Internationale Beobachter, auch aus Deutschland, sollen im Auftrag der OSZE für Gerechtigkeit sorgen.

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Alte Frau mit Wahlzetteln in beiden Händen kommt durch den gelb-blauen Vorhang einer Wahlkabine
Vorzeitig wird am 30. September in der Ukraine ein neues Parlament gewähltBild: AP

Sie kommen, sehen und dokumentieren. Jegliche Einmischung ist verboten. Nach diesem Prinzip arbeiten Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Sie begleiten vor allem junge Demokratien im Osten Europas auf dem Weg zu freien und fairen Wahlen.

Wichtig sind dabei nicht nur die Wahl selbst, sondern auch deren Vorbereitung, der Wahlkampf und die Berichterstattung in den Medien. Deshalb schickt die OSZE schon mehrere Wochen vor den Wahlen Langzeitbeobachter - wie jetzt in die Ukraine. Am 30. September finden in dem osteuropäischen Land vorgezogene Parlamentswahlen statt. Auch Deutschland entsendet Wahlbeobachter im Auftrag der OSZE. Einer von ihnen ist Hartwig Kaboth. Der Polizist aus Köln ist am 20. August nach Kiew geflogen.

Hartwig Kaboth ist ein Wahlprofi. Wenn es darum geht, zwischen Kosovo und Kirgisien Wahlen nach demokratischen Standards zu bewerten, werden seine Dienste gefragt. Der 43-Jährige mit der randlosen Brille und kurzem grauem Haar arbeitet als Wahlbeobachter für UNO, EU und OSZE. Er macht diesen Job seit über zehn Jahren und es macht ihm Spaß: "Man wächst da nach und nach ‘rein und bekommt Einblicke in ein Land, die man als Tourist nie bekäme."

Menge von Demonstranten mit orangen und ukrainischen Fahnen auf einem zentralen Platz in Kiew.
Die "Orangene Revolution" in Kiew: Bereits 2004 war Kaboth als Wahlbeobachter vor OrtBild: AP

Es war diese Mischung aus Herausforderung und Verantwortung, die aus einem Kölner Polizisten einen Wahlbeobachter gemacht hat. Erstmals half Kaboth 1996 bei den Wahlen in Bosnien. Heute reicht sein Einsatzgebiet bis nach Zentralasien. In der Ukraine ist es für Kaboth der zweite Einsatz. Bereits 2004 war der Polizist bei den Präsidentschaftswahlen als Kurzzeitbeobachter vor Ort. Wahlfälschungen führten damals zu der so genannten "Orangenen Revolution", die Kaboth miterlebt hat.

Diplomatie und gute Beziehungen

Es heißt, ein guter Wahlbeobachter soll vor allem ein guter Diplomat sein. Kaboth scheint diese Kunst perfekt zu beherrschen. Er spricht nicht von Wahlfälschungen, sondern von "Dingen, die nicht ganz koscher sind". Und selbst wenn er über Auffälligkeiten berichtet, relativiert er sofort: "Das sind kleine Indizien, aber man darf sie auch nicht überbewerten."

Der diplomatische Ansatz muss helfen, Kontakte herzustellen. Bürgermeister, Polizeichefs, Parteienvertreter und Mitglieder der Wahlkommissionen - sie alle muss Kaboth kennen lernen, um dann am Wahltag seinen Job als Beobachter machen zu können. Ohne gute Beziehungen ist die Mission schwer zu erfüllen. Sein Erfolgsrezept: "Man stellt sich den lokalen Entscheidungsträgern vor, spielt mit offenen Karten, erklärt, wenn es sein muss 100 Mal, das Mandat." Die Botschaft laute: "Wir sind eingeladen worden, haben Sie Verständnis dafür, wir gucken jetzt."

Jeder Dritte glaubt: Bei der Wahl wird gefälscht

Doch auch Diplomatie hat für Kaboth ihre Grenzen. "Man muss auch ein bisschen Beinhärte zeigen, Standfestigkeit haben, sich nicht immer verschrecken lassen, sondern auch mal Rückgrat zeigen", beschreibt er. Erfahrungen aus dem Hauptberuf hätten ihm da sehr geholfen, sagt Kaboth. Nicht nur, als es darum ging, sich mit misstrauischen ukrainischen Beamten auseinanderzusetzen, sondern auch bei der Beobachtung in einem Wahllokal. Als Polizist habe man einen anderen Blick und erkenne auch mal einen Polizisten in Zivil an dessen Haltung.

Diesmal ist Kaboth als Langzeitbeobachter in Kiew. Das bedeutet, er ist mindestens sechs Wochen im Einsatz. "Genug Zeit, um in die Tiefe zu gehen", sagt er zufrieden. Die Arbeit wartet schon. Für die Parlamentswahlen 2006 erntete die Ukraine viel Lob von der OSZE für die Einhaltung demokratischer Standards. Darüber, ob es im September auch so sein wird, gibt es Zweifel. Laut einer Umfrage glaubt jeder dritte Ukrainer, dass die Wahlen gefälscht werden. Hartwig Kaboth sieht es sportlich: "Sollte es tatsächlich so sein, dass man einen höheren Anspruch an uns hat, dann sehe ich das eher als Herausforderung."