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Politik

Altmaier beruft Krisengipfel zur Windenergie ein

2. August 2019

Der Klimaschutz ist gerade das große Thema der Deutschen. Der Bau neuer Windräder im Land ist jedoch fast zum Erliegen gekommen. Jetzt will die Regierung darauf reagieren.

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Peter Altmaier beim Windpark Alpha Ventus in der Nordsee (2012)
CDU-Politiker Altmaier beim Windpark Alpha Ventus in der Nordsee (2012): Jetzt ChefsacheBild: dapd

Experten, Windradbauer, Politiker und Umweltschützer hatten das schon lange gefordert, jetzt hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zugesagt: Er macht den dramatischen Einbruch beim Bau neuer Windräder in Deutschland zur Chefsache. Nach der Sommerpause will sich der CDU-Politiker mit Vertretern der Windenergie-Branche sowie der Länder zusammensetzen, um die Lage zu besprechen, wahrscheinlich Im September. Auch Vertreter von Bürgerinitiativen sollten dabei sein.

Zu wenige Flächen, zu viel Bürokratie

Altmaier benannte dabei die Probleme, die allerdings schon lange bekannt sind: Es gibt im dicht besiedelten Deutschland zu wenig Flächen für neue Windräder, immerhin gibt es schon fast 30.000 Anlagen, über das ganze Land verteilt. Die Genehmigung ist kompliziert und vor allem für kleine Bürger-Windparks oft eine große Hürde. Und es sind die vielen Bürgerwindparks, die den Ausbau bisher getragen haben, weniger die großen Stromkonzerne.

Peter Altmaier
Wirtschaftsminister Altmaier: "Es wir viel beklagt!"Bild: REUTERS/J. Lee

Diese Probleme haben dazu geführt, dass der Zubau an neuen Rädern um satte 82 Prozent eingebrochen ist. Dabei wäre ein weiterer Ausbau dringend notwendig, damit das Land seine Klimaziele erreicht. Schon vor einigen Wochen hatte auch der Regierungspartner von der SPD den Minister aufgefordert, endlich zu handeln. Jetzt sagte der Umwelt-Experte der Fraktion, Matthias Miersch: "Es ist sehr erfreulich, dass Wirtschaftsminister Altmaier nun auf unseren Vorschlag von Ende Juni eingeht. Es wird höchste Zeit." Aber Miersch sparte auch nicht mit Kritik: "In den letzten anderthalb Jahren hat Altmaier die Windkraftbranche leider nicht unterstützt."

Ein international viel kopiertes Gesetz

Das sehen viele Beobachter ähnlich. Eigentlich hat das seit dem Jahr 2000 existierende "Erneuerbare Energien-Gesetz" (EEG) über viele Jahre zu einem Boom der Windräder  in Deutschland geführt. Ein Gesetz, dass international in über 70 Ländern Nachahmer gefunden hat. Wer ein Windrad aufstellt, bekommt über viele Jahre eine feste Vergütung, die über dem normalen Strom-Abnahmepreis liegt. Das Ergebnis: Heute sorgen die umweltfreundlichen Technologien für rund 40 Prozent des deutschen Stroms, vor 20 Jahren waren es gerade mal sieben Prozent.

Infografik Strommix in Deutschland 2018 DE

Aber aus Sorge vor hohen Kosten beschloss die Große Koalition vor drei Jahren, den Ausbau zu deckeln. Der Bau neuer Windräder wird nun mit Ausschreibungen organisiert. Das führte dazu, dass viele potenziellen Windradbetreiber gegeneinander in Wettbewerb traten. Tatsächlich betrugen die Kosten des EEG zuletzt fast 24 Milliarden Euro pro Jahr. Und zeitlich wuchs fast überall in Deutschland der Widerstand von Bürgern vor Ort gegen die hohen Windtürme neuer Bauart. Dazu Altmaier: "Es wird viel beklagt, es wird vieles bekämpft vor Ort."

In Bayern praktisch Stillstand

Aber die Politik reagierte oft auf genau diese Klagen der Bürger: In Bayern etwa gilt seit 2014 eine Regelung, wonach der Abstand eines Windrades von Wohnsiedlungen mindestens zehn Mal so weit sein muss wie die Anlage hoch ist. Bei einer Höhe der Anlage von 200 Metern zum Beispiel wären das zwei Kilometer. Das macht den Bau neuer Anlagen wirtschaftlich oft uninteressant. Dazu Matthias Miersch: "Bei den Bürgerinnen und Bürgern brauchen wir mehr Akzeptanz für Windkraftanlagen. Allerdings sind Abstandsregelungen wie in Bayern der falsche Weg. In Bayern sind seitdem praktisch keine Windräder mehr errichtet worden. Der Ausbau der Windkraft steht quasi still."

Windkraftanlagen im Hochsauerlandkreis
Windräder im Hochsauerlandkreis: Rund 30.000 Anlagen in Deutschland in BetriebBild: picture-alliance/chromorange/S. Finger

Noch schärfer geht der Oppositionspolitiker Oliver Krischer von den Grünen mit Altmaier ins Gericht. Er sagt, die Krise der Windbranche sei weder vom Himmel gefallen noch Gott gegeben. "Sie ist das Ergebnis einer Windkraft-Verhinderungspolitik von Peter Altmaier und der großen Koalition." Rund 160.000 Menschen finden in der Windbranche in Deutschland Arbeit, aber zur Zeit sind die Aussichten nicht rosig.

Dabei braucht die Politik den raschen Ausbau eigentlich für ihre selbst erklärten Klimaziele: Derzeit sorgen die sanften Energien insgesamt für 40 Prozent des deutschen Stroms, bis 2030 sollen es dann 65 Prozent sein. Wie das gehen soll, wenn das Flaggschiff Windenergie zum Erliegen kommt, ist bislang schleierhaft.