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Am Mann: Knut Kircher

18. April 2008

Schiedsrichter des 65. Pokalfinals in Berlin ist Knut Kircher. In seinem Wohnzimmer erklärt er Kick Off wo man ihn am 19.April um 20Uhr finden kann.

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Knut Kircher:

19. April. 20.00 Uhr? Ziemlich genau zentral im Berliner Olympiastadion. Irgendwo im Bereich des Mittelkreises werde ich stehen.

Ich glaube das Endspiel in Berlin ist in der Karriere eines Bundesligaschiedsrichters irgendwie immer der Wunsch, dort zu stehen. In der Mitte zu stehen. Nicht an der Seite, als 4. Offizieller an der Seite zu stehen, sondern wirklich in der Mitte. Wenn dieses Rund gefüllt ist mit 80.000. Das ist eine besondere Atmosphäre, dort einmal in Berlin zu sein und zu pfeifen!

DW-TV:

Darf man einen Schiri fragen, wer gewinnen wird?

Knut Kircher:

Sie können mich natürlich fragen, das ist gar kein Problem, aber ich kann es nicht sagen. Ich könnt mir vorstellen der bessere wird gewinnen, aber wer der Bessere der beiden Mannschaften zu diesem Zeitpunkt sein wird weiß ich nicht, das ist tagesformabhängig.

Knut Kircher von Beruf: Maschinenbauingenieur - schafft beim großen Stern aus Sturgart. Drei Kinder hat der FIFA Schiedsrichter. Kircher ist einer der besten seiner Gilde in Deutschland. Einer der die deutschen in Zukunft auch international häufiger vertreten wird: straight, selbstbewußt und fair.

Welche Charaktereigenschaft braucht man als guter Schiri?

Man mauss ein dickes Fell haben. Ob das jetzt eine Charaktereigenschaft ist, weiß ich nicht. Man muss Kritikfähig sein, dass ist klar. Das heißt ich darf nicht rumrennen auf dem Spielfeld und Entscheidungen mal so und mal so zu treffen. Also berechenbar und ehrlich. Und mit diesen Eigenschaften kommt man dann gegenüber den Spielern recht weit. Indem die eigene Person dann auch authentisch ist, indem man dann nicht versucht jemanden zu kopieren oder zu spielen.

Sie waren ja schon mal im Pokalfinale, nämlich im Jahr 2002 als 4. Schiedsrichter. Wie streng muss ein Schiedsrichter sein? Damals haben sie beide Trainer, nämlich Toppmüller und Stevens, von Leverkusen und Schalke auf die Tribüne verbannt.

Das ist richtig, ja, das ist auch so ein Spiel das bleibt mir natürlich länger haften, als nur eine Woche. Und das ist ne Geschichte, die würde ich heute nicht mehr so machen. Man lernt ja auch dazu mit den Jahren. Und weiß dann auch, was ist erträglich, was passt, was kann man deeskalierend noch einbringen, um wirklich auch im Spiel keine Nebenkriegsschauplätze aufzumachen. Ich würd sagen, das Spiel ist noch haften, aber ich bin auch seit 2002 persönlich weiter in der Hinsicht.

Wie stehen Sie denn eigentlich zu technischen Innovationen wie dem videobeweis oder dem Chip im Ball?

Da bin ich gespalten. Wenn wir die technischen Hilfsstellungen nehmen: Torerkennungssystem – Chip im Ball - ja. Auch wenn der Torhüter auf dem Ball liegt. Videobeweis aus dem Spiel heraus bin ich nicht!. Die Begründung: Das macht die Spontanität des Spiels kaputt. Ich muss alle Situationen 100% aufklären. Und dann: Wo fange ich dann an? Bei Aktionen im Strafraum? Bei Verwarnungen, die doch keine waren? Ich sehe da momentan noch keine Grenzen...

Der Schiri lebt gefährlich – nicht jeder ist mit seinen Entscheidungen einverstanden. Was im Internet lustig daherkommt, kann einem im Ernstfall den Spaß rauben + die Körperliche Gesundheit.

Wenn ein Schiedsrichter auch privat nicht mehr sicher ist, hilft nur noch eins: Schluss machen! Wie einst der großartige Schiri Anders Frisk aus Schweden.

Anders Frisk war eine Saison mein Mentor. Ich hab mich viel mit ihm unterhalten, über die Situationen, die er durchmachen musste. Ich konnte das sehr gut nachvollziehen. Er musste für seine Familie Polizeischutz beantragen und musste sich verstecken. Und das sind Dinge, die mit der Schiedsrichterei nichts zu tun haben, die überschreiten jeglichen Fanatismus.

Wie ist das denn bei so einem außergewöhlichen Moment. Wenn Ribery oder Diego eine Klasse Aktion haben. Staunen sie da auf dem Feld?

Ja. Da bin ich schon Fussballfan. Dann sag ich: Das war eine klasse Aktion und auch die Spieler, wenn sich die Wogen geglättet haben: ´Hören Sie her, das war aber eine Klasse-Aktion´. Herzlichen Glückwunsch.

Wie groß ist denn ihr Drang eigentlich ab und zu in eine Ball reinzugrätschen?

Ich glaube ich hab es irgendwann mal gesagt, zu einer Zeitung. Der kühnste Wunsch für mich als Schiedsrichter ist immer noch der, wenn ein Spiel entschieden ist ja, also jetzt nicht in entscheidenden Situationen, sondern das Spiel ist entschieden, es steht meinetwegen 5:0 für eine Mannschaft und da kommt von rechts ein wunderbarer Ball rein, über eine traumhafte Manni Kaltz-Flanke und der Schiedsrichter sieht wie der Ball an allen Stürmern vorbei geht und der Schiedsrichter steht hinten am langen Eck, nämlich meine Person, und ich dresch den Ball in die Maschen oder köpf ihn in die Maschen und kann dann jubelnd abdrehen. Das ist so innerlich das Herz als Fußballer, das dann auch bei einem Schiedsrichter schlägt.

5 zu 0? – wie letztes Wochenende? Knut, Du wirst doch nicht jetzt schon…