1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Am Mann: Lucien Favre

13. März 2008

Der Schweizer Erfolgstrainer - seit Saisonbeginn in Berlin. Gekommen für 200.000 Euro Ablöse aus Zürich. Ein Visionär und Querdenker. Favres Auftrag: Die neue Hertha. So schnell, wie möglich.

https://p.dw.com/p/DNuQ
Bild: DW-TV

Lucien Favre:
Ich konnte das nicht ablehnen, das ist die Hauptstadt, eine Stadt mit viel Geschichte. Aber vor allem auch wegen des Fußballs. Ich weiß, es ist eine große Herausforderung in Berlin. Ich habe ein hohes Ziel: Das Ziel ist, eine Mannschaft aufzubauen, die einmal um den Titel mitspielen kann, aber nicht nur ein Jahr, sondern konstant.

Und dafür braucht der 51-jährige die richtigen Spieler:
17 durften - oder mussten - den Verein verlassen, 13 Neue sind gekommen.

DW-TV:
Sie haben ja auch einmal gesagt, Transfers sind eigentlich das Wichtigste. 85% des Erfolgs hängt von Transfers oder von den richtigen Spielern ab.

Lucien Favre:
Für mich ja. Für mich ist es sehr, sehr wichtig. Du musst die Spieler lange beobachten, lange studieren. Und wenn du einen Fehler machst, dann hast du 2,3,4 Jahre unter Vertrag, das kostet viel Geld und du hast ein Problem. Vor allem als Trainer.

Was muss denn ein Spieler erfüllen, damit er in Ihre Mannschaft passt?

Für mich ist das Wichtigste die Spielintelligenz. Spielintelligenz meint, er kann das Spiel lesen und antizipieren. Nach vorne, oder auch defensiv.

Und versucht man als Trainer sich das auch schon vorzustellen, wie diese neuen Spieler, die man alle zu einer Mannschaft formen soll, wie die zusammenpassen oder wie die Hierarchie zusammenpassen könnte?

Wenn alle Spieler, die du verpflichten konntest, Spielintelligenz haben, dann ist das kein Problem. Es geht in einer Sekunde. Sie spüren Fußball, sie haben Spielintelligenz, sie können das Spiel antizipieren und lesen. Normalerweise geht es schnell.

Aber für den großen Erfolg, braucht es viel Geduld und harte Arbeit. In Zürich dauerte es 4 Jahre, bis Favres Team das erste Mal Meister wurde.

Sie waren als Spieler selber sehr offensiv, sie haben sehr offensiv gespielt. Stimmt es, dass Sie auch gerne sehr offensiv spielen lasen wollen?

Ja, aber vor allem habe ich – und das ist ein Vorteil für mich als Trainer, habe ich jede Position gespielt. Ich habe Stürmer gespielt. Ich habe Innenverteidiger gespielt, ich habe Libero gespielt. Rechts-, Links-, Außenverteidiger gespielt. Deshalb verstehe ich vielleicht die ganze Mannschaft besser. Das war ein Vorteil für mich, vielleicht war das meine Vorbereitung als Trainer. Und für mich ist wichtig, das die Spieler ein wenig polyvalent sind. Wenn ein Spieler nur eine Position halten kann, das geht… Aber normalerweise muss ein Spieler zwei drei Positionen spielen können.

So langsam verstehen die Hertha-Spieler das System Favre. Sie lernen von Spiel zu Spiel. In der Rückrunde sind die Berliner das fünftbeste Team…

Sie haben ja als Trainer auch gelernt bei Arsene Wenger, bei Rafael Benitez…

Ich kenne persönlich Arsene Wenger gut. Ich war zwei, dreimal bei ihm, aber das war mehr ein Besuch, als ein Zuschauen beim Training. Ich habe seine Philosophie gern. Aber du kannst immer etwas lernen. Auch bei einem Trainer, der in der dritten oder vierten Liga trainiert. Du musst offen sein und bereit, sich zu verbessern. Wenn du glaubst, du kannst alles, das kannst du vergessen. Dann kannst du aufhören.

Also, ein moderner Trainer muss immer dazulernen, sich immer weiterentwickeln?

Ja, aber nicht nur die Trainer. Alle, Sie, Sie müssen sich auch immer wieder…jeder im Leben muss sich verbessern. Du musst das machen und es ist gut, wenn du dich jeden Tag soviel (zeigt mit den Fingern) verbessern kannst, dann bist du am Abend zufrieden. Und das ist für alle gleich, denke ich.

Letzte Woche in Dortmund. Favre lernt Schiri Rafati so richtig kennen. Rote Karte wegen Meckerns. Ein Spiel Sperre. Hart für einen Fußballverrückten.

Fußball ist mein Leben. Der Ball ist mein Leben. C’est ma passion.
Seit ich klein bin, ist Fußball... ich darf das nicht sagen, sonst ist meine Frau unzufrieden, ist Fußball super, C’est le jeux plus merveilleux du monde.

Und zuhause, in der Schweiz, findet bald die Europameisterschaft statt. Die Alpenrepublik im Fußballfieber.

Was erwarten sie denn da, was kann die Schweiz erreichen?

Für mich sind zwei Sachen wichtig, dass die Schweiz beweisen kann, dass sie die Touristen gut aufnehmen können. Vorbild ist Deutschland, weil Deutschland in 2006, das war fantastisch.
Und zweitens, dass wir zeigen, dass wir zeigen, dass wir eine gute Mannschaft haben.

Erwarten Sie denn auch etwas Überraschendes bei der EM. Überraschende neue Spielweisen, überraschende neue Spieler?

Ich hoffe! Es gibt immer eine Überraschung bei einer EM oder WM. Es ist mir egal, vielleicht von Russland oder Griechenland oder der Türkei, es ist mir ganz egal, ich hoffe, wir sehen guten Fußball auf dem Platz mit vielen, vielen Toren. Aber ich habe eine Prognose, ich mache das selten, ich sage Spanien, weil sie lange nicht mehr da waren.

Sie hätten es mal verdient?

Nein, das ist einfach nur Intuition.

Sie haben ja auch guten Kontakt zu Otmar Hitzfeld und der wird ja jetzt Schweizer Nationaltrainer. Was sagen Sie dazu?

Ich denke, er wird Deutscher Meister dieses Jahr, das hoffe ich für ihn, er hat es verdient. Ich hoffe, er wird auch viel Erfolg mit der Schweiz haben, er kann das erreichen. Und ich wünsche ihm alles Gute.