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Am Mann: Matthias Sammer

31. Januar 2008

Er war einer der größten deutschen Fußballspieler. 1996 brachte er uns den letzten Titel: Europameister. Als Trainer war er schon mit 34 Meister. Seit zwei Jahren ist er Sportdirektor des DFB.

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DW-TV: Nach diesem Knall: Jürgen Klinsmann übernimmt den FC Bayern München? Was war denn ihre erste Reaktion? Geht jetzt alles einfach so weiter oder wie haben sie das aufgenommen?

Matthias Sammer: Erst einmal hab ich in meinem Freundeskreis Jürgen Klinsmann immer als einen der heißesten Kandidaten erwähnt, weil ich einfach von der Struktur her drauf geachtet habe, was ist für die Entscheidungsträger nun wirklich inhaltlich notwendig, um dann auch diese Personalie zu besetzen. Deshalb ist es für mich nicht überraschend. Darüber hinaus finde ich es positiv, dass wir einen deutschen Trainer haben bei unserem Branchenprimus. Und ich bin natürlich sehr gespannt auf seine Methoden. Er wird natürlich auch Schwierigkeiten haben. Er hat noch nicht im Alltäglichen gearbeitet. Wie wird er diese Probleme lösen? Wie wird er die starke Struktur bei den Bayern in seine Arbeit einfließen lassen? Das wird natürlich spannend. Ich bin aber froh, dass wir mit Jürgen Klinsmann wieder einen deutschen Trainer beim FC Bayern haben.

Aber sie sagten: Das ist eigentlich eine logische Sache.

Logische KONSEQUENZ. Anforderungsprofil erstellt. Sich in die Lage der Entscheidungsträger versetzt. Konnte fast nur Jürgen Klinsmann sein. Das ist das kleinste kalkulierbare Risiko, was Bayern München eingeht und auch die größte Chance.

Wenn sie mit ihrem Sohn zum Bolzplatz gehen, was erleben sie da? Machen sie das noch?

Selbstverständlich mache ich das. Also, wenn die Zeit da ist, machen wir das. Grundsätzlich muss man sagen sind die Vorraussetzungen gegeben teilweise organisatorisch. Aber die Kinder wissen oft gar nicht so recht, was sie anfangen sollen. Sie sind dann eben auch nicht in der Lage sich zu organisieren. 3 gegen 3, 4 gegen 4, 5 gegen 5 auf der Straße zu absolvieren, das beinhaltet alle Elemente des notwendigen Fußballspielens. Das ist teilweise nicht mehr bekannt. Also müssen wir es den Kindern wieder vorleben.

Wir haben den ganzen Tag auf der Strasse Fußball gespielt, wir haben uns organisiert. Das ist heute leider nicht mehr der Fall.

Warum geht das nicht? Was ist die Magie des Straßenfußballs, des Chaotischen?

Weil wir es den Kindern auch aberzogen haben teilweise. Deshalb ist der DFB jetzt auch bemüht mehr Bolzplätze zu installieren.

Uwe Seeler sagte mal zu mir: Wenn er noch Leute sieht die an so ner Kopfballmaschine trainieren von früher, dann wären das junge Kroaten oder aus anderen Nationen. Aber da gäbe es keinen deutschen Jugendlichen, die würden nur darauf achten, dass die Frisur richtig sitzt. Ist es das?

Das sind wichtige Elemente, natürlich drastisch dargestellt. Aber wenn du was bewegen willst. Er vermisst gewisse Grundelemente wie Basistechniken, ob in den Stoßvarianten, also Innenseite, Vollspann, Außen, auch an einem Pendel und natürlich Kopfballtraining. Diese Dinge müssen gezielt erlernt werden, strukturell erlernt werden. Das ist eindeutig in den Hintergrund getreten. Als, er hat recht.

Ist der Trainer der, der das alles machen kann?

Der Trainer ist der Schlüssel. Der Trainer mit seinen Inhalten prägt am Ende die Jugendlichen. Er ist der alles entscheidende. Die Qualität des Trainers ist dafür verantwortlich, wie wir auch in Zukunft sportlich aufgestellt sind.

Sie sind mit 34 als jüngster Trainer deutscher Meister geworden, sie haben den Trainerschein damals in sechs Wochen gemacht. Wäre heut gar nicht mehr möglich. Warum soll das heute nicht mehr gehen?

Weil es kontraproduktiv ist. Fußballspielen und Fußballlehren ist ein unterschiedlicher Beruf. Sie müssen sich einen Klavierspieler vorstellen, der das Spiel wunderbar beherrscht. Aber ob er in der Lage ist methodisch und von seinem ganzen Denken anderen zu erklären, wie Klavierspielen funktioniert, das sei dahingestellt. Das muss erlernt werden.

Wo geht's hin bei EM im Sommer? Kann das ein Wiederaufleben vom 96er-Geist sein?

Also, ganz klar, dass wir von der Vorraussetzung her auch propagieren wollen, dass wir das Turnier gewinnen wollen. Also, das ist unsere Zielstellung, darüber brauchen wir überhaupt nicht diskutieren und sollten jetzt in dieser Phase darauf achten, dass die Leistung gut vorbereitet wird. Wir haben viele Spezialisten bei uns in der A-Nationalmannschaft dabei und dementsprechend beginnt das Turnier ja fast schon heute.

Aber ist das das selbe Holz, wie ihr 96er?

Also, der Beweis wird ja letztendlich dann beim Turnier darstellen. Die Mannschaft bringt viele positive Vorraussetzungen mit. Ich hoffe von der Struktur her, dass dann auch alle in der notwendigen körperlichen Verfassung sind. Das ist auch notwendig um dann geistig auch diesen Spririt zu gewinnen.
Und dementsprechend....die Mannschaft hat noch viel Luft nach oben und ich hoffe, dass sie bei diesem Turnier den Beweis antritt eine große Mannschaft zu sein.

Wenn ich mich recht erinnere sagten sie noch 2002 im Interview: Eigentlich will ich immer nur spielen. Und das ist das schlimmste, dass mir passieren konnte, dass ich nicht mehr spielen kann.

Aber das ist doch klar. Die Vorraussetzung, wenn man sich überlegt, man wird als Kind groß, spielt entweder auf dem Hof oder spielt in einem Verein oder spielt in der Schule, spielt Fußball – das war das Allerschönste....dann entwickelt sich das, macht sein Hobby zum Beruf und auf dem Feld Emotionen auszuleben, auch mit Niederlagen umzugehen. Das ist das Allerschönste, das Problem ist nur: Die diese Momente machen wissen nicht ,dass es danach nicht mehr so schön wird.