1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Zafar: "Endlich kann ich mich beweisen"

Davis Van Opdorp Übersetzung: Sarah Wiertz
4. März 2019

Sie waren bisher von internationalen Wettbewerben ausgeschlossen: teilverschleierte Boxerinnen wie Amaiya Zafar. Im DW-Interview erklärt die Amateursportlerin, was die neue Kleiderordnung der AIBA für sie bedeutet.

https://p.dw.com/p/3EO4q
Amaiya Zafar US-amerikanische Boxerin
Bild: picture-alliance/Minneapolis Star Tribune/A. Lavinsky

Der Internationale Box-Verband AIBA hat seine Kleiderordnung für Frauenkämpfe geändert. Auf Antrag des deutschen Verbandes dürfen in Zukunft auch teilverschleierte Boxerinnen auf internationalem Parkett um Titel oder Olympia-Medaillen kämpfen. Davon profitiert auch Amaiya Zafar, eine 18-jährige Boxerin aus Minnesota in den USA. Seit fünf Jahren übt sie diesen Sport aus, dabei trägt sie einen Hidschab. Aus diesem Grund durfte sie nicht an der Qualifikation für die Olympischen Spiele 2020 teilnehmen. Dank der Regeländerung heißt ihr Ziel jetzt: Olympia 2024.

DW: Wie haben Sie auf die Regeländerung der AIBA bezüglich der Kleiderordnung reagiert?

Zafar: Ich bin unglaublich glücklich. Ich habe nicht daran geglaubt, dass es einmal dazu kommen würde. Ich habe immer so trainiert, als ob es eines Tages passieren würde. Aber mir wurde immer wieder gesagt, dass das nicht eintreten wird. Also habe ich immer dafür gebetet.

Als es jetzt so weit war, habe ich es nicht von der AIBA erfahren. Irgendjemand hat mich bei Instagram getagged und mir gratuliert. Ich habe gar nicht verstanden, wozu. Also habe ich meine Trainer gefragt und die haben das dann bestätigt. Ich bin einfach nur sehr glücklich.

DW: Was bedeutet das jetzt für Ihre Karriere?

Es bedeutet, dass ich endlich die Fähigkeiten zeigen kann, an denen ich in all den Jahren gearbeitet habe. Ich kann mich endlich beweisen. Die Leute wissen, wer ich bin. Aber sie bringen meinen Namen immer nur in Verbindung mit dem Kampf, den ich außerhalb des Rings austrage: Weil ich weiterhin daran festhalte, an was ich glaube. Sie kennen meine Fähigkeiten nicht und die will ich ihnen nun zeigen. Ich bin sehr aufgeregt nun die Chance zu bekommen, mich nicht nur als Aktivist, sondern als Boxerin zu beweisen.

Die Internationale Liga für Frauenrechte (ILWR), eine von französischen Feministinnen initiierte Gruppe, hat dazu aufgerufen, den Hidschab bei den Olympischen Spielen 2024 zu verbieten, so dass Frauen frei von religiösen Beschränkungen in Wettbewerb treten können. Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Hidschab Sie einschränkt?

Nein. Und wenn sie sich für Frauenrechte einsetzen, verstehen ich nicht, warum Sie mir das Recht nehmen wollen, mich zu zeigen und das zu verbergen, was ich verbergen möchte. Das ergibt keinen Sinn. Es ist eine persönliche Entscheidung, ob ich einen Hidschab tragen möchte oder nicht. Ein Hidschab-Verbot stärkt niemanden. Es nimmt mir nur mein Recht, mich so darzustellen, wie ich es möchte.

Amaiya Zafar US-amerikanische Boxerin
Zafar: "Der Hidschab hat keinerlei Auswirkungen auf meine Leistung"Bild: picture-alliance/Zumapress/Star Tribune/A. Lavinsky

Es ist zu 100 Prozent eine persönliche Entscheidung. Ich trage einen Hidschab von klein auf, weil ich mich dazu entschlossen habe. Es gab Situationen, wo Leute zu mir gesagt haben, 'Du kannst ihn abnehmen, wenn Du willst.' Meine Eltern haben mich nie in die eine oder andere Richtung gedrängt. Ich weiß, dass in einigen Regionen dieser Welt Menschen diese Entscheidung nicht für sich selbst treffen dürfen. Aber bei mir ist es zu 100 Prozent meine eigene Entscheidung.

Beeinträchtigt Sie der Hidschab beim Boxen?

Nein. Er hat keinerlei Auswirkung auf meine Leistung, weder positive noch negative. Es ist, als ob man einen Hut trägt. Es ändert sich nichts für mich, außer, dass ich - wenn ich im Winter draußen bin - nicht friere.

Werden Sie diskriminiert - ob von Konkurrentinnen, Zuschauern oder Amtsträgern - wegen dem, was Sie während des Boxkampfes tragen?

Natürlich gibt es Menschen, die sich dazu äußern - aber online. Kaum einer sagt es mir ins Gesicht. Menschen sind feige und trauen sich nicht, mir das persönlich zu sagen. Aber bisher hat weder eine Boxerin noch ein Amtsträger aus dem Boxsport jemals diesbezüglich etwas zu mir gesagt. Sie behandeln mich nicht anders, weil ich einen Hidschab trage. Natürlich gibt es ignorante Leute, aber ich versuche, sie aufzuklären und weiter zu machen.

Der Hidschab sei ein Sicherheitsrisiko - so hat der Boxverband der USA bisher argumentiert: So könne der Hidschab oder eine Vollverschleierung bestehende oder während eines Kampfes entstandene Verletzung verstecken.

Das sind Ausreden. Ich kenne Ärzte, Boxer, Trainer - alles unterschiedliche, qualifizierte Leute - die sagen, diese Argumentation ist nicht schlüssig. Wenn ich Schmerzen habe, sage ich, dass ich Schmerzen habe. Frauen in Vollverschleierung spielen Fußball und da gibt es keine Bedenken. Es gibt einen Arzt während eines Kampfes und der kann mich gerne vor, während oder nach einem Kampf untersuchen. Das Argument zieht einfach nicht.

 

Amaiya Zafar began als 13-Jährige mit dem Boxen. Im April 2017 wurde sie die erste Muslimin, die vom Boxverband der USA eine Ausnahmeregelung bekam, mit einem Hidschab anzutreten. 2018 gewann sie den nationalen Titel im Fliegengewicht und den Ringside WM-Titel, dem größten Amateurbox-Turnier der Welt.

Das Interview führt Davis Van Opdorp.