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Politik

"Amerika ist fortschrittlicher als Trump"

13. Dezember 2017

Im US-Bundesstaat Alabama haben die Demokraten mit Doug Jones erstmals seit 25 Jahren einen Senatssitz erobert. Der Republikaner Roy Moore unterlag knapp. Der Politikwissenschaftler Andrew Denison ist nicht überrascht.

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USA Trump äußert sich zu Vorkommnissen in Charlottesville
Bild: picture alliance/dpa/AP/P. M. Monsivais

DW: Herr Denison, wie konnte es passieren, dass im durch und durch konservativen Bundesstaat Alabama ein Demokrat zum Senator gewählt wurde?

Denison: Ich denke, es war eine Reaktion auf diesen Kandidaten Moore mit all seinen Verbrechen und moralischen Fehlern. Aber es war auch eine Reaktion auf Trump und auf die brutale Art der Politik, die Trump eingeführt hat. Ich denke, es war auch eine Reaktion auf Rassismus, denn die hohe Wahlbeteiligung der Schwarzen ist Teil des Wahlerfolgs von Jones. Das heißt, selbst in Alabama kann es den Leuten zuviel werden, und dann reagiert man dagegen mit einem so unerwarteten Wahlergebnis.

Präsident Trump hatte sich für Moore ausgesprochen, während sich sogar manche führende Republikaner von Moore distanziert haben. Wäre das Ergebnis bei einem anderen Kandidaten anders ausgegangen?

Das muss man wohl so sagen. Moores Charakter war das Entscheidende, so dass wir hier nicht nur eine Reaktion gegen Republikaner beobachten, sondern auch eine Reaktion VON Republikanern gegen diese Art von Politik.

Ist das ein Einzelfall, oder beginnt das republikanische Partei-Establishment insgesamt, sich gegen Trump zu wenden?

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Denison: "Amerika ist fortschrittlicher als Trump und seine Minderheit"Bild: DW

Das ist die große Frage. Aber wenn wir die Reaktion gegen Trump insgesamt anschauen, dann zeigt sich ein großes Muster. Zum Teil im Kongress, obwohl dort noch die Republikaner in der Mehrheit sind - das könnte sich im November 2018 ändern. Aber auch, was die öffentliche Meinung im Land angeht, die Zeitungen, oder wenn es darum geht, dass ein Staatsanwalt hinter Trump her ist. Das heißt, Alabama ist ein Teil von Amerikas Reaktion auf all das, was man an Trump schlecht findet.

Als Trump gewählt wurde, waren viele erstaunt, weil er es sich mit praktisch allen Minderheiten und mit den Frauen verscherzt zu haben schien. Schon rein zahlenmäßig sprach das gegen seinen Sieg. In Alabama dürften viele Schwarze und viele Frauen für den Demokraten Jones gestimmt haben. Zeigt das, dass man letztlich doch nicht gegen die Interessen einer Mehrheit gewinnen kann?

Langfristig kann man das nicht. Natürlich hat das auch mit Wahlbeteiligung zu tun. Es hat mit der Tatsache zu tun, dass in Amerika ein Staat eine Stimme hat und nicht nur ein Bürger, so dass Staaten mit wenigen Einwohnern überproportionalen Einfluss haben, und diese Staaten mit wenigen Einwohnern sind grundsätzlich konservativ. Alle diese Dinge spielen eine Rolle. Aber langfristig müssen die politischen Verhältnisse die Machtverhältnisse im Land widerspiegeln. Und Amerika ist fortschrittlicher, optimistischer, großzügiger, gastfreundlicher, innovativer, inklusiver, jünger, weiblicher als Trump und seine Minderheit, die vorübergehend das Sagen haben. So sehr sie eine Reaktion auf Barack Obama waren, so sehr reagiert die Nation Amerika nun auch auf diese Leute.

 

Andrew Denison ist Politikwissenschaftler und Leiter der Organisation Transatlantic Networks.

 

Christoph Hasselbach
Christoph Hasselbach Autor, Auslandskorrespondent und Kommentator für internationale Politik