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AmMann: Robert Enke

27. September 2007

Die Nummer 3 im deutschen Tor wurde von seinen Kollegen bei Hannover zum Mannschaftsführer gewählt. Platzwahl und Ausgehgarderobe der Mannschaft darf er mit entscheiden. Ansonsten soll er den 96er Kasten sauber halten.

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DW-TV: Ist das überhaupt noch zeitgemäß, so ein Kapitän?

Robert Enke: Ja. Es ist ja so. Es ist ja vorgeschrieben einen Kapitän zu haben. Wenn man jetzt über 90 Minuten keine Binde tragen würde, wäre das auch kein Problem. Es geht ja eigentlich auch mehr darum, das Mannschaftsgefüge zusammenzuhalten und Strömungen zu erkennen, wenn zum Beispiel mal Spieler nicht zufrieden sind und eine Verbindung zwischen Mannschaft und Trainer auch zu sein.

Unabhängig vom Sinn und Zweck eines Kapitäns ist es doch wichtig, dass man ein bisschen Lebenserfahrung hat, oder nicht?

Ich denke, es ist wichtig, der dir ein anderes Gefühl vermittelt, stabil zu sein, Ansprechpartner zu sein. Und das ist das Wichtigste.

Aber Du warst doch selber auch mal Kapitän mit 23. Im Ausland. Bei Benfica. Als Deutscher Im Ausland.

Ja. Aber ich muss ja sagen, ich war ja auch schon drei Jahre da. Das war mein drittes Jahr. Ich hatte auch sehr, sehr gutes Standing im Club und bei den Fans. Deswegen war ich da auch Kapitän, was eine sehr besondere Sache war. Ein großer Verein. Da kann man schon stolz darauf sein.

Bei Benfica hast Du gespielt. Bei Barca…

Mehr gesessen als gespielt. Also bei Benfica war ich drei Jahre lang aber immer Stammspieler. Bei Barca habe ich in dem Jahr vier Spiele gemacht. Zweimal Champions League und ein Pokal-Spiel. Und das lief halt nicht so. Ich sah nicht gut aus in dem Spiel. Das war nicht lustig. Da wurde ich sofort in eine Schublade rein gesteckt und nie weder rausgeholt.

Bist ja auch gegangen.

Ich, ich habe mich dann entschieden zu Fenerbahce zu gehen, was ein Fehler war. Aber diesen Schritt habe ich relativ schnell wieder rückgängig gemacht.

Relativ schnell ist gut! Du hast nur einmal gespielt und bist dann gegangen. Was hat dir denn da nicht gefallen?

Warst Du schon mal in der Türkei?

In der Türkei ja. Aber noch nicht im Stadion.

Es ist eine sehr spezielle Atmosphäre. Damals ist der Rüstü als Torwart zu Barca gegangen, und ich bin von Barca zu Fenerbahce gegangen. Für die die Fans war das ein bisschen unverständlich, dass ihre Nummer eins geht und dafür die Nummer drei aus Barcelona kommt. Da kamen Handys und halbvolle Falschen geflogen. Ich drehe mich um und sehe, dass das ja meine eigenen Fans sind und nicht die gegnerischen. Deswegen habe ich dann gesagt, dass mir das nicht wert nicht und habe das dann schnell beendet und war dann fünf Monate lang arbeitslos, weil ich keinen Vertrag unterschreiben durfte.

Wie ist denn das, wenn man sich zumindest kurzfristig mal den Ruf versaut?

Ich habe mir natürlich die ganzen Namen nicht gemerkt, aber es gab den einen oder anderen Artikel von Leute, die selber nicht aus ihren deutschen Vororten rausgekommen sind. und ich hatte aber schon fünf Jahre im Ausland gespielt. Und die wollen einem dann erzählen: Ja so was macht man doch nicht. Und wenn man einen Vertrag unterschreibt, dann erfüllt man den.

Trotzdem ist das eine Karriere mit Aufs und Abs. Dann kommst Du nach Hannover, es läuft. Und dann verlierst Du deine Tochter. Wie hat dich denn da die Mannschaft aufgefangen. Kannst Du dich daran erinnern?

Naja. Die Mannschaft konnte, ääh…. Es war ja erstmal eine schwierige Zeit, wo unsere Tochter im Krankenhaus war. Da gab es letztendlich immer nur den Weg zum Trainingsgelände und ins Krankenhaus. Meine Frau kam gar nicht aus dem Krankenhaus raus. Sie lag ja teilweise Monate am Stück auf der Intensivstation. Das war schon eine sehr heftige Zeit. Für mich war dann der Fußball eine Art Ablenkung, für die ich auch dankbar war. Wobei ich sagen muss, dass die schwierigere Aufgabe eigentlich meine Frau hatte. Sie war von früh bis abends im Krankenhaus und konnte nicht mal raus. Und ich konnte sagen: Break! Ich muss jetzt zum Training.
Als wir am wenigsten damit gerechnet haben, ist sie dann gestorben. Und das war natürlich noch eine viel schwierigere Zeit als davor."

Ist jetzt ein Jahr her, oder?

Ziemlich genau, ja.

Die Spieler der Bundesliga haben dich zum fünften Mal insgesamt zum besten Torhüter der Liga gewählt. Jetzt bist Du 30 und immer noch nicht die Nummer eins im deutschen Tor.
Hat das was mit Gelassenheit zu tun, dass Du da jetzt mit einem Lächeln drauf reagierst.

Der Jens Lehmann spielt ja nicht in der Bundesliga. Vielleicht wäre er ja gewählt worden. Das weiß man ja nicht. Das Thema nervt mich auch so ein bisschen. Die Leute sollten einfach mal verstehen, was der Jogi Löw, der Hansi Flick und der Andi Köppke für eine tolle Arbeit machen. Die sollten denen auch einfach mal vertrauen, gerade auch, was sie auf der Torwartposition machen.

Jens Lehmann steht so ein bisschen in der Kritik, und Timo Hildebrand droht in seinem Verein überhaupt nicht richtig spielen zu können. Du könntest dann auch schnell zur Nummer eins werden."

Fußball ist so schnelllebig. Kann ja auch sein, dass beide wieder in ein oder zwei Wochen im Tor stehen und in der Champions League spielen. Letztendlich weiß der Bundestrainer auch, dass er auf mich bauen kann, was er mir auch zeigt. Das zeigt er mir ja auch in Gesprächen. Ich bin mit der Situation so, wie sie jetzt ist, durchaus zufrieden.

Ich danke dir ganz herzlich.

Ich auch.